Weil Mieterkeller asbestbelastet seien, wählte die Vermieterin Vonovia eine radikale Lösung: Quasi über Nacht versperrte sie die Keller – und den Bewohnern der Künstlerkolonie in Wilmersdorf damit den Zugang zu ihrem Eigentum. Per Eilantrag konnte kurz vor Redaktionsschluss ein Anwalt des Mietervereins in drei Fällen über das Amtsgericht Charlottenburg den Zugang zum Keller wieder durchsetzen,
Hunderte Bewohner standen Mitte August von einem Tag auf den anderen buchstäblich vor verschlossenen Kellertüren. Dahinter ihre Fahrräder, Kisten mit Arbeitsutensilien und Büchern, Steuerunterlagen, Koffer und Werkzeug. Eine Mitteilung der Vermieterin Vonovia informierte kurz und knapp: Proben von Baumaterial hätten eine Asbestbelastung ergeben. Aufgrund einer möglichen Gefährdung würden die Keller vorerst versperrt, teilte das Wohnungsunternehmen mit. Außerdem müssten alle Gegenstände in den Kellern von einer Fachfirma begutachtet werden. Die entscheide dann, welche Oberflächen dekontaminiert werden könnten und was „fachgerecht entsorgt“ werden müsse. Die Mieter sollten sich dafür pauschal zur Aufgabe ihres Besitzes bereiterklären.
„Eine Katastrophe, von der rund 600 Haushalte in unserer Siedlung betroffen sind“, erklärt Reiner Fischer, ein Vertreter der Mieterinitiative der Künstlerkolonie um den Ludwig-Barnay-Platz. „Aber wir sind nicht bereit, das hinzunehmen!“ So wandten sich viele Betroffene an den Berliner Mieterverein (BMV), der erst einmal Nachweise für die tatsächliche Gefahrenlage forderte: Informationen über konkret betroffene Keller, einen genauen Befund und auch die Ergebnisse einer erforderlichen Raumluftmessung.
„Die hat ganz offensichtlich bis heute nicht stattgefunden“, erklärte Sebastian Bartels, stellvertretender Geschäftsführer des BMV. Mit den wenigen Informationen, die das Wohnungsunternehmen Vonovia bisher vorgelegt habe, sei eine Gesundheitsgefährdung nicht einmal ansatzweise nachgewiesen, und damit seien derart einschneidende Maßnahmen nicht gerechtfertigt, heißt es in einem Schreiben des BMV. Die Vonovia hat zwar die Forderung nach einer „Aufgabe des Besitzes“ zurückgenommen, die Türen zu den Mieterkellern öffnet sie aber offenbar nur mit richterlichem Beschluss.
Rosemarie Mieder
30.10.2020