ACHTUNG:
Das Bundesverfassungsgericht hat am 15.4.2021 den Berliner Mietendeckel für verfassungswidrig erklärt – mit rechtlichen Folgen für Mieterinnen und Mieter.Was Mieterinnen und Mieter jetzt wissen müssen
24 Fragen und Antworten zur mietrechtlichen Rückabwicklung des Mietendeckels
24 Fragen und Antworten zur mietrechtlichen Rückabwicklung des Mietendeckels
Die hier folgenden Hinweise zur Nutzung des Mietendeckels sind damit überwiegend hinfällig.
Der Mietendeckel ist als öffentlich-rechtliche Mietenbegrenzung keine Berliner Erfindung. Doch die Einführung des Deckels schlug hohe Wellen und gab Mieterinitiativen in aller Welt Rückenwind. Nach Berliner Vorbild hat die spanische Region Katalonien mit ihrer Hauptstadt Barcelona nun eine Mietenregulierung beschlossen. London und die kanadische Provinz Ontario könnten bald folgen.
In einer mit Spannung erwarteten Abstimmung hat das Regionalparlament von Katalonien am 10. September die Einführung eines Mietendeckels beschlossen. Der Gesetzentwurf stammt von der Bewohner- und Mieterorganisation Sindicat de Llogateres, die sich den Berliner Mietendeckel zum Vorbild genommen hat. Mit 71 zu 63 Stimmen wurde das Gesetz angenommen. Das Sindicat feiert einen „historischen Sieg der Wohnungsbewegung“. Für den Berliner Mieterverein (BMV) gratulierte Geschäftsführer Reiner Wild: „Ein toller Erfolg unserer Freunde vom Sindicat de Llogateres.“
Das „Gesetz zur Eindämmung und Mäßigung des Mietpreises“ („Ley de Contención y Moderación del Precio del Alquiler“) gilt für 60 katalanische Gemeinden, die mehr als 20.000 Einwohner haben und unter einem angespannten Wohnungsmarkt leiden. Dazu gehört auch die Metropole Barcelona. 70 Prozent der katalanischen Bevölkerung sind damit geschützt. Der Mietendeckel ist zunächst für ein Jahr gültig und muss dann gegebenenfalls von der jeweiligen Gemeinde verlängert werden.
Die Regulierungen gleichen stark dem Berliner Mietendeckel. Alle neuen Mietverträge unterliegen der Regelung. Der Mietpreis des Vormieters und ein festgelegter Höchstwert dürfen nicht überschritten werden. In bestehenden Mietverhältnissen werden die Mieten ebenfalls durch Maximalwerte begrenzt. Bei einer Überschreitung dieser Obergrenzen haben Mieter einen Anspruch auf Mietsenkung. Neubauten sind wie in Berlin von der Verordnung ausgenommen. Einige Ausnahmen gibt es für Fälle einer umfangreichen Modernisierung und bei Verwandtschaftsbeziehungen zwischen Eigentümer und Mieter.
In Katalonien herrscht eine große Wohnungsnot mit bisher kaum regulierten Mietsteigerungen. In den letzten sechs Jahren sind die Mietpreise 30-mal stärker gestiegen als die Löhne. Viele Haushalte müssen schon 50 Prozent ihres Einkommens für die Mietzahlung aufbringen. Für das Sindicat de Llogateres ist der Mietendeckel „ein erster Schritt zur Wiederherstellung von Mieterrechten“.
Rege Kontakte zwischen Berlin und Barcelona
Die Mietenregulierung ist das Ergebnis eines dreijährigen Kampfes, der von weiten Teilen der Gesellschaft getragen wurde, aber auch eine massive Gegenkampagne der Vermieter hervorrief. Unterstützung kam auch von vielen Organisationen aus dem In- und Ausland. Zwischen Barcelona und Berlin gab es rege Kontakte. „Die Einführung des Mietendeckels in Katalonien zeigt, wie wichtig der internationale Erfahrungsaustausch der Mieterorganisationen ist“, sagt Reiner Wild vom Berliner Mieterverein.
Jens Sethmann
„Rent freeze“ in London und Ontario
Die Londoner Stadtregierung plant eine Mieteneinfrierung („rent freeze“), um die pandemiegebeutelten Mieter zu schützen. Von den 2,2 Millionen Mietern der britischen Hauptstadt ist ein Viertel mit den Zahlungen in Verzug geraten oder wird wahrscheinlich als direkte Corona-Folge die Mieten nicht mehr zahlen können. Londons Bürgermeister Sadiq Khan (Labour) verweist ausdrücklich auf das Berliner Vorbild für das Vorhaben: „Wenn Berlin die Mieten für fünf Jahre einfrieren kann, gibt es keinen Grund, warum London nicht in der Lage sein sollte, die Mieten für zwei Jahre einzufrieren“, sagte er der Zeitung The Guardian.
Auch die konservative Regierung der bevölkerungsreichsten kanadischen Provinz Ontario hat wegen der coronabedingt schwierigen sozialen Lage einen „rent freeze“ auf den Weg gebracht: „Unsere Regierung will die Mieten von Ontarios 1,7 Millionen Mieterhaushalten im Jahr 2021 stabilisieren“, sagt Kommunal- und Wohnungsminister Steve Clark. Premier Doug Ford ergänzt: „Wir müssen die notwendigen Schritte unternehmen, um den Familien zu helfen, ein Dach über dem Kopf zu behalten.“
js
https://sindicatdellogateres.org/
17.04.2021