Das Wohnungseigentumsgesetz wurde geändert. Für die Bewohner vermieteter Eigentumswohnungen werden dadurch die Nebenkostenabrechnungen undurchschaubarer und schlechter zu kontrollieren sein.
Von den meisten Regeln des Wohnungseigentumsgesetzes sind Mieter nur indirekt betroffen. Das Gesetz regelt das Verhältnis der Einzeleigentümer untereinander und mit der Hausverwaltung. Kern der im September beschlossenen Änderung: Eine energetische Sanierung, ein altersgerechter Umbau oder die Einrichtung einer Lademöglichkeit für Elektrofahrzeuge sollen nicht mehr von einzelnen Eigentümern blockiert werden können.
Nebenbei enthält das Gesetz eine Änderung, die für Mieter von Eigentumswohnungen weitreichende Folgen haben wird: Bei der Betriebs- und Heizkostenabrechnung wird es den Vermietern erlaubt, statt der Quadratmeterzahl die Miteigentumsanteile als Umlegungsmaßstab zu nutzen.
Die Miteigentumsanteile sind eine Zahl, die das Gewicht der einzelnen Eigentümer wiedergeben, zum Beispiel bei Abstimmungen in der Eigentümerversammlung. In der Regel bemessen sie sich nach der Wohnfläche der einzelnen Wohnungen – aber nicht immer. Bei der Nebenkostenverteilung unter den Eigentümern sind die Miteigentumsanteile der Maßstab. Dies darf ein Eigentümer künftig so für die Abrechnung mit seinen Mietern übernehmen. Er spart sich also die Umrechnung auf die Quadratmeterzahl der Wohnung.
„Diese Extrawürste für Wohnungseigentümer werden zu erheblichen Nachteilen für Mieter führen“, kritisiert Reiner Wild, Geschäftsführer des Berliner Mietervereins (BMV). Die Abrechnung wird für Mieter undurchschaubar. Die Fläche ihrer Wohnung kennen sie, die Miteigentumsanteile sind für sie aber nur eine abstrakte Zahl, die sie nicht ohne Weiteres nachvollziehen können. Dazu müssten sie die Miteigentumsanteile der anderen Eigentumswohnungen kennen.
Zudem steigt für Mieter die Gefahr, dass die Einzeleigentümer einfach ihre Abrechnung 1:1 an die Mieter weiterreichen – einschließlich der Instandhaltungs- und Verwaltungskosten, die nicht auf die Mieter abgewälzt werden dürfen. „Das ohnehin oft belastete Verhältnis zwischen vermietenden Einzeleigentümern und Mietern wird damit noch verschlechtert“, fürchtet Reiner Wild. Der BMV ist enttäuscht, dass das Gesetz die Interessen der Mieter außer Betracht lässt. „Man hätte wenigstens eine Hinweispflicht über die Zusammensetzung der Miteigentumsanteile aufnehmen können“, so Wild.
Die Gesetzesänderung tritt am 1. Dezember in Kraft. In Berlin werden davon rund 300.000 Mieterhaushalte betroffen sein. Von den mindestens 400.000 Eigentümerwohnungen in Mehrfamilienhäusern sind rund 70 Prozent vermietet und nur 30 Prozent vom Eigentümer selbst bewohnt.
Jens Sethmann
30.10.2020