Ohne die Mieter durch entsprechende Vereinbarungen zu schützen, wurde die landeseigene Jerusalem-Siedlung in Staaken an einen privaten Investor verkauft. Die Mieter befürchten nun das Schlimmste.
Zum 1. April 2008 wurden die 21 Häuser an der Heerstraße vom Liegenschaftsfonds veräußert – im „bedingungsfreien Bieterverfahren und ohne Auflagen“, wie die Senatsverwaltung für Finanzen bestätigt. Die einst schmucke Siedlung im Bauhausstil lag früher auf dem Gebiet der DDR. Nach der Wende ging sie an den Bezirk Spandau über, der gab sie vor zwei Jahren an den Liegenschaftsfonds weiter. Die Häuser sind mittlerweile ziemlich marode, die Siedlung steht unter Denkmalschutz.
Der neue Eigentümer, die „Northern Cross Estate GmbH“ (NCE) sorgt nun für erhebliche Unruhe unter den 84 Mietparteien. Viele wohnen seit Jahrzehnten hier und haben auf eigene Kosten Fenster, Bäder und Heizungen eingebaut. In den großen Gärten haben sie Garagen und kleine Datschen errichtet. Obwohl dafür schriftliche Genehmigungen vorliegen, will die NCE alles abreißen.
Die Pläne der NCE sehen eine denkmalgerechte Sanierung vor. Das würde aber bedeuten, dass für die Hälfte der Mieterhaushalte gar kein Platz mehr wäre. Ursprünglich wurden die Doppelhaushälften nämlich für eine Mietpartei gebaut, wegen der damaligen Wohnungsnot wurden zu DDR-Zeiten zwei Wohnungen pro Hälfte daraus gemacht.
„Uns liegt noch kein Bauantrag vor, es gab lediglich Gespräche mit dem Eigentümer“, sagt dazu der Baustadtrat von Spandau, Carsten-Michael Röding (CDU): „Wir würden uns eine denkmalgerechte Sanierung wünschen, aber wir werden keine Auflage zum Rückbau erteilen“, betont Röding. Er zeigt sich auch verärgert, dass im Kaufvertrag keine zusätzlichen Mieterschutzklauseln festgelegt wurden: „Wir haben gegenüber dem Liegenschaftsfonds deutlich gemacht, dass es einen Sozialplan geben muss.“
Der Rechtsexperte des Berliner Mietervereins (BMV) Frank Maciejewski beurteilt die Situation optimistisch. „Eine Kündigung der Mieter wäre nur möglich, wenn der Denkmalschutz den Rückbau zur Auflage macht.“ Vermutlich gehe es einfach darum, die Mieter einzuschüchtern. Das befürchten auch die Bewohner. Sie haben sich mittlerweile zu einer Bürgerinitiative zusammengeschlossen und mit Unterstützung des BMV zwei Mieterversammlungen organisiert.
Die NCE lehnte eine Stellungnahme gegenüber dem MieterMagazin ab.
Birgit Leiß
MieterMagazin 12/08
Die beabsichtigte Sanierung sorgt bei Mietern für erhebliche Unruhe: Jerusalem-Siedlung
Foto: Christian Muhrbeck
30.12.2016