Dauerhafter Kündigungsschutz, Mietbremse und Sicherung von Einbauten der Mieter – der Kampf ums Märchenviertel war erfolgreich. Die Investoren haben Rücksichtnahme und Sozialverträglichkeit zugesichert. Erstritten wurde der Kompromiss von aktiven Bürgern, dem Mieterverein und einer kritischen Öffentlichkeit. Vom SPD-geführten Bezirksamt fiel die Mieterhilfe hingegen mager aus.
Hartnäckig sind sie geblieben – und sie haben sich Verbündete gesucht, die Aktiven der Bürgerinitiative Mittelheide-Märchenviertel. Mit großem Erfolg: Ihrem neuen Vermieter, der „Pro Mittelheide GmbH“, haben sie ganz entscheidende Zugeständnisse abgerungen. Seit dem 31. Oktober liegt eine Rahmenmodernisierungsvereinbarung auf dem Tisch, die der Mitbegründer der Initiative, Lutz Czieselsky, stolz „einmalig“ nennt – gibt sie den Bewohnern von 418 Wohnungen im sogenannten Märchenviertel nahe dem Bahnhof Köpenick doch ein großes Stück Sicherheit.
Zu der Vereinbarung gehört an erster Stelle der Kündigungsschutz, der besonders wichtig ist, weil der Investor die Wohnungen als Eigentum verkaufen will. Nun gilt für Bestandsmieter: Eine Kündigung wegen Eigenbedarfs und Hinderung angemessener wirtschaftlicher Verwertung ist dauerhaft ausgeschlossen. Hinzu kommen die ausgehandelte Senkung der Modernisierungsumlage, der Schutz von einmal genehmigten mietereigenen Einbauten und die Entlastung der Mieter von einer Zuzahlung für neue Balkone.
„Wir gehen davon aus, dass die Bewohner nunmehr vor Verdrängung geschützt sind und eine sozial verträgliche Modernisierung erfolgt“, erklärte Reiner Wild, der für den Berliner Mieterverein (BMV) am Verhandlungstisch saß und die Vereinbarung entworfen hatte. Bereits zur ersten Bürgerversammlung im Mai dieses Jahres war der BMV an die Seite der aufgebrachten Anwohner getreten. Nach einem Verkauf der ganzen Wohnanlage durch die GSW Ende 2012 hatten sie Modernisierungsankündigungen erhalten, die nichts Gutes verhießen.
„Wir sind ein sozial gemischter Kiez“, erklärt Dieter Krüger, der seit 1972 im Märchenviertel wohnt. „Hier leben auch viele Ältere und auch sozial bedürftige Familien.“ Viele wären durch die Modernisierung vertrieben worden oder hätten die neue Miete nicht mehr zahlen können, so seine Befürchtungen. Gerade auf sie nimmt die Rahmenvereinbarung Rücksicht. Für jene Haushalte, die Wohngeld, Arbeitslosengeld oder Grundsicherung beziehen, soll die Mieterhöhung begrenzt werden.
Widerstand der Bewohner, kritische Berichterstattung in den Medien und gute fachliche Begleitung durch den BMV – es war ein Bündel von Gründen, das den Investor zum Einlenken veranlasste.
Wenig Hilfe kam dagegen vom Bezirksamt, darüber sind sich alle Beteiligten einig. BMV-Geschäftsführer Reiner Wild: „Das SPD-geführte Amt hat eher dem Investor den Rücken gestärkt als seinen Bürgern.“ Denn stets wurde behauptet, der Bezirk könne nichts tun. Dabei zeigen Kreuzberg und Pankow: mit der Ausweisung als städtebauliche Einzelmaßnahmen könnten Sozialplanverfahren in Gang gesetzt werden.
Rosemarie Mieder
MieterMagazin 12/13
Bewohner der Märchensiedlung haben ihrem Vermieter die Absicherung ihrer Mietverhältnisse abgerungen
Foto: Nils Richter
02.01.2018