Berlin soll smart werden – was bedeutet das? Wie wirkt sich die umfassende Digitalisierung auf das Leben in der Stadt und auf das Wohnen in den eigenen vier Wänden aus? Was ist dran an all den schönen Begriffen, mit denen die Smart City den Berlinerinnen und Berlinern schmackhaft gemacht werden soll?
Smart wird gleichgesetzt mit digital. Die Bundesregierung strebt die Digitalisierung nahezu aller Lebensbereiche an. Im Koalitionsvertrag der Ampel ist vereinbart, dass der Sozialstaat „bürgerfreundlicher, transparenter und unbürokratischer“ werden soll. Für Klimaschutz, Gemeinwohlorientierung und zur Erschließung zusätzlicher Bauflächen sollen mit der Novellierung des Baugesetzbuchs (Bau GB) „die rechtlichen Grundlagen für eine vollständige Digitalisierung der Bauleitplanverfahren“ geschaffen werden.
Im rot-grün-roten Koalitionsvertrag für Berlin ist Digitalisierung der „Schwerpunkt dieser Legislatur“. Die Erwartungen hängen hoch: „Eine Smart City schafft es, Wachstum bei sinkendem Ressourcenverbrauch zu erreichen, Verwaltungsprozesse zu digitalisieren und digitale Teilhabe für alle zu ermöglichen.“ Eigens dafür wurde im Januar die Stelle eines „Chief Digital Officer“ eingerichtet.
Die Digitalisierung wird mit einer Fülle erstrebenswerter Attribute versehen. So beschreibt der Berliner Senat „smart“ als „die Art und Weise, wie Herausforderungen kreativ, offen, partizipativ und zweckmäßig angegangen werden“. Durch die Nutzung neuer Technologien verspricht sich die Politik, dass gesellschaftliche Werte und das demokratische Gemeinwesen gestärkt werden. Und alle sollen mitmachen: „Die Mitwirkung der gesamten Stadtgesellschaft ist dabei wichtig.“
Was ist eine „Smart City“?
Es gibt keine eindeutige Definition, aber klar ist: Die Smart City ist eine digitalisierte Stadt, in der alles mit allem vernetzt ist. Fahrzeuge, Menschen und alles, was sich im öffentlichen Raum bewegt, ebenso Schienen, Schilder, Laternen – und irgendwann wohl auch Wände und Straßenbeläge. Smart City bedeutet Totalvernetzung. Eine wichtige Rolle bei der Smartwerdung der Stadt spielt die sogenannte „Künstliche Intelligenz“ (KI). Diese ist keinesfalls intelligent im umfassenden Sinne menschlicher Intelligenz, sondern zieht Schlussfolgerungen aus wachsenden Datenmengen, die sie permanent mit der Realität abgleicht. Das „Maschinenlernen“ erfolgt durch sich selbst verändernde Algorithmen, die jedoch letztlich nicht mehr können, als in unendlichen Kombinationen der binären Digitallogik des 0-1-0-1 zu folgen.
n der digitalen Stadtplanung wird ein „Digitaler Zwilling“ erstellt, eine Technik, die aus der Industrie stammt. Zu Planungszwecken werden Gebäude digital dupliziert, auch ganze Stadtviertel. Was sich in ihnen abspielt, wird digital abgebildet. Laut Fraunhofer-Institut ist ein Digitaler Zwilling gekennzeichnet „durch die bidirektionale Echtzeitverbindung zwischen physischer und digitaler Komponente sowie die damit einhergehende Möglichkeit zur Überwachung, Simulation beziehungsweise Vorhersage und gegebenenfalls automatisierten Reaktion“.
Smarte Quartiere?
Noch ist das Zukunftsmusik, aber der Technikkonzern Siemens plant auf einem über 70 Hektar großen Areal als Beispiel für zeitgemäße, nachhaltige Stadtentwicklung im Bestand den „Siemensstadt Square“, einen „Smart Campus“ für Unternehmen, auf dem zusätzlich 2700 Wohnungen entstehen sollen. Den digitalen Zwilling des neuen Stadtquartiers stellte das Unternehmen bereits Mitte März auf der Immobilienmesse MIPIM im französischen Cannes vor.
Auf dem Gelände des ehemaligen Flughafens Tegel soll eines der größten Smart-City-Projekte Europas entstehen. Die „Urban Tech Republic“ als Unternehmens- und Hochschulstandort soll Technologien für die Stadt der Zukunft entwickeln: „Effizienter Einsatz von Energie, nachhaltiges Bauen, umweltschonende Mobilität, Recycling, die vernetzte Steuerung von Systemen, sauberes Wasser und der Einsatz neuer Materialien.“ Beabsichtigt ist, dass diese im daneben geplanten „smarten“ Wohnviertel – dem Schumacher-Quartier mit über 5000 Wohnungen – zum Einsatz kommen. Errichtet wird es von landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften, Genossenschaften und privaten Baugruppen – mit einem Anteil geförderter Wohnungen von 35 bis 40 Prozent. Die Baumaßnahmen sollten 2022 beginnen, im März wurde jedoch zunächst ein Ankunftszentrum für Geflüchtete aus der Ukraine im ehemaligen Flughafen eingerichtet.
Bereits bezogen sind einige Hundert von geplanten 2500 Wohnungen im Quartier „Waterkant“, einem neuen Viertel in Spandau, das die städtischen Wohnungsunternehmen Gewobag und WBM errichten, und das als „richtungsweisend für die Smart City Berlin“ gepriesen wird. Anfang 2019 hat die Gewobag eine Kooperationsvereinbarung mit Siemens unterzeichnet, um umfangreiches Datenmaterial auszuwerten, das „durch Sensorik, Heizung-, Lüftung-, Klima- und Sicherungstechnik anfällt“.
In der benachbarten „Jelbi-Station“ der BVG an der Daum-, Ecke Rhenaniastraße können Fahrzeuge jeder Art gemietet, abgegeben und Elektrofahrzeuge aufgeladen werden. Die Angebote der überwiegend privaten Mobilitätspartner der BVG können im sogenannten Jelbi-Waterkant-Netz mit einer entsprechenden App gebucht werden.
Auch ihre 1970er-Jahre-Siedlung „Wohnpark Mariendorf“ hat die Gewobag im Rahmen energetischer Modernisierungen zu einer „Smart City“ umgestaltet. Drei weitere Gebäude wurden im Oktober dieses Jahres fertiggestellt, die Hälfte der 137 Wohnungen sind öffentlich gefördert.
Zwecks weiterer Digitalisierung hat die Gewobag 2021 eine Tochterfirma Gewobag ID gegründet (das MieterMagazin berichtete in seiner Ausgabe 10/2021, Seite 14: „Baustelle soziale Wohnungsversorgung – Wo die städtischen Wohnungsunternehmen besser werden müssen“), die sich vor allem „an innovativen Start-ups“ beteiligen soll. Die Degewo bündelt ihre „Kompetenzen in Sachen Energie und digitale Infrastruktur“ schon länger in ihrer Tochter „degewo netzWerk GmbH“. Auf die Frage des MieterMagazins, ob den Unternehmen denn belastbare Daten über die Klimaeffekte der „smarten“ Ausrüstungen Ihrer Gebäude und Siedlungen in den Bereichen Wohnen und Verkehr vorlägen, die den gesamten Produktlebenszyklus der eingesetzten Geräte abbilden – von der Rohstoffgewinnung über Energieverbrauch und Transport bis zu Recycling oder Entsorgung – antworteten beide Unternehmen, dass ihnen solche Daten nicht vorliegen.
Autonomes Fahren und 5G
Als eine Zukunftstechnologie der „smarten“ Stadt gilt das autonome Fahren. Die Senatsverwaltung für Umwelt, Mobilität, Verbraucher- und Klimaschutz hat die verschiedenen Projekte in den Schwerpunkten automatisiertes und vernetztes Fahren (AVF) und erweitertes umweltsensitives Verkehrsmanagement (eUVM) unter einer „Dachmarke“ namens „Digitales Testfeld Stadtverkehr Berlin“ zusammengefasst. Es gab Pilotprojekte mit fahrerlosen Bussen (aber mit Begleitperson) auf dem Charité-Gelände und auf der „See-Meile“ von der Endhaltestelle der U6 zum Tegeler See und ins angrenzende Wohngebiet. Ab 2023 soll ein solcher Kleinbus den ehemaligen Flughafen Tegel an den öffentlichen Nahverkehr anschließen.
Bisher fährt auch in den zehn „autonomen“ Autos des Verleihers Vay, die seit 2019 im Testbetrieb in Berlin unterwegs sind, eine Begleitperson mit. Gesteuert werden die Wagen per Kameraübertragung von einer Person in der Zentrale. Im Forschungsprojekt BeIntelli erprobt die TU Berlin mit Partnern auf einer Teststrecke vom Brandenburger Tor bis zum Ernst-Reuter-Platz die „Mobilität der Zukunft“ mit unterschiedlichen autonomen Elektrofahrzeugen.
Das durch Algorithmen gesteuerte Fahren wirft eine Reihe ethischer Fragen auf, vor allem für das Verhalten in Gefahrensituationen, wenn verschiedene Schädigungen gegeneinander abgewogen werden müssen. Darüber hinaus müssen permanent in Echtzeit riesige Datenmengen zwischen dem Fahrzeug und der Umgebung ausgetauscht werden. Produktion, Erneuerung und Einsatz der dafür notwendigen unzähligen digitalen Augen, Ohren und Bewegungssensoren verschlingen Rohstoffe und Energie in großer Menge.
Eine technische Grundlage für das autonome Fahren ist der Mobilfunkstandard 5G, der auch in Berlin flächendeckend eingeführt wird. 5G steht für eine deutlich höhere Datenübertragungsrate als die Vorgängerstandards, kann eine größere Zahl von Endgeräten pro Quadratkilometer erreichen und hat eine wesentlich schnellere Reaktionszeit, die für den Einsatz im „smarten Verkehr“ auch erforderlich ist.
Smart Home: Alles ist mit allem verbunden
In einer „smarten“ Wohnung lässt sich nahezu alles digital steuern. Unzählige Apps – kleine digitale Helferlein – stehen zur Verfügung, oft kostenlos. Viele sind bereits in Smartphone, Smartwatch oder andere Geräte eingebaut. Der Preis ihrer Nutzung sind die Daten, die Währung des digitalen Zeitalters. Immer mehr Menschen nutzen Sprachassistenten wie Alexa oder Siri, mit denen sich auch Haushaltsgeräte und Haustechnik steuern lassen. Wohnungen für ältere Menschen werden zunehmend mit digitalen Überwachungsgeräten ausgestattet, im Namen der Sicherheit und nicht zuletzt, um Pflegekosten einzusparen. Gegen Einsamkeit sollen digitale, „intelligent“ gesteuerte und reaktionsfähige „Haustiere“ helfen.
Regelmäßig muss die Bundesnetzagentur gegen unzulässige Produkte vorgehen. Manche können Störungen im Polizei- oder Rettungsfunk verursachen, andere enthalten nicht sichtbare Abhörfunktionen oder Kameras. Über vernetzte und mit dem Internet verbundene Haushaltsgeräte können sogar Computerpasswörter abgegriffen werden, wie die Tagesschau am 6. Februar 2022 berichtete.
Die Berliner Datenschutzbeauftragte berichtet über zunehmende Probleme mit der digitalen Technik im Bereich des Wohnens. Beschwerden kämen überwiegend von Mieterinnen und Mietern, aber auch aus Eigentümergemeinschaften. Probleme mache beispielsweise der Ersatz von Schlüsseln durch Chipkarten oder „der Einsatz funkbasierter Geräte zur Erfassung von Heizkosten, da dort durch die Aufzeichnung der Verbrauchsdaten immer ein Personenbezug mit der Möglichkeit der Ausforschung von Lebensverhältnissen besteht“. Die Initiative „Mehrwert Berlin“ – ein Netzwerk und digitales Schaufenster von mittlerweile 25 landeseigenen Unternehmen – versichert auf seiner Website: „Für die Mehrwert-Unternehmen steht bei allen Aktivitäten die Sicherheit und der Schutz personenbezogener Daten im Vordergrund.“
Klimaschutz durch Digitalisierung?
Das Wohnungsunternehmen Gewobag teilte auf Nachfrage mit, dass die Datenübertragung ihrer Messgeräte verschlüsselt und ohne die Übertragung personenbezogener Informationen erfolge und dass sie „im Gesamtbestand Rauchwarnmelder ohne Funkmodul eingebaut“ habe. Eine digitale Schließtechnik „spielt in unserem Bestand derzeit noch keine Rolle.“ Und eine Sprecherin des Unternehmens Degewo erklärt auf Anfrage, dass bei ihren digitalen Türöffnungssystemen „jederzeit auch eine analoge Öffnung weiter möglich sei“.
Digitalisierung und Künstliche Intelligenz wecken hohe Erwartungen – aber sind die vollmundigen Verheißungen von Energieeinsparung und Klimaschutz realisierbar? Zur sogenannten „Klimaneutralität“ wies beispielsweise Eva Rechsteiner vom Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg (Ifeu) in der Wochenzeitung „Freitag“ am 28. Januar 2021 darauf hin, dass es diese „nur auf dem Papier“ gäbe. Oft würden fragwürdige Kompensationsmaßnahmen durchgeführt oder Zertifikate erworben, mit denen der Ausbau erneuerbarer Energien „in keiner Weise“ gefördert werde – mit Klimagerechtigkeit sei Klimaneutralität, „wie sie derzeit umgesetzt wird, quasi unvereinbar“.
Das Berliner „Institut für Ökologische Wirtschaftsforschung“ (IÖW) entwickelt in einem Forschungsprojekt Nachhaltigkeitskriterien für Künstliche Intelligenz und weist darauf hin, es sei „Vorsicht geboten, gesellschaftliche und ökologische Gerechtigkeits- und Verteilungsfragen an eine Technologie auszulagern, die Zielkonflikte nur unzureichend adressieren kann und deren Einsatz selbst mit problematischen Auswirkungen verbunden ist“.
Eine digitale Stadt verspricht mehr Sicherheit. Die Bundespolizei hatte bis Mitte 2018 am Bahnhof Südkreuz ein Pilotprojekt zur Gesichtserkennung mit 300 Freiwilligen durchgeführt. Der Bundesdatenschutzbeauftragte Ulrich Kelber kritisierte: „Die Analyse biometrischer Daten eines Menschen und der anschließende Abgleich mit Datenbanken greift tief in die Grundrechte der betroffenen Person ein. Eine Rechtsgrundlage für den Einsatz biometrischer Videoanalyse existiert bisher nicht.“ Sollte eine solche geschaffen werden, führe dies „nicht nur zu tiefgreifenden Grundrechtseingriffen, sondern bedeutet auch eine gesellschaftspolitische Richtungsentscheidung“.
In einem weiteren Versuch wurde getestet, wie zuverlässig Software auffälliges Verhalten erkennen kann. Dafür wurden die Aufzeichnungen der regulären Videoüberwachung verwendet. Die Berliner Datenschutzbeauftragte meldete erhebliche Zweifel an der datenschutzrechtlichen Zulässigkeit des Einsatzes der hier erprobten Technik im Regelbetrieb an. Kelber wurde noch deutlicher und warnte, solche Überwachung und technische Analyse hätte zur Konsequenz, dass viele Bürgerinnen und Bürger ihre Individualität zugunsten eines Verhaltens, das sie als „konform“ betrachten, aufgeben würden.
Die Digitalisierung Berlins ist untrennbar mit der engen Zusammenarbeit von öffentlichen Stellen und der Privatwirtschaft verbunden. Solche „öffentlich-privaten Partnerschaften“ (ÖPP oder PPP = Public Private Partnership) sind hinsichtlich ihrer demokratischen Kontrolle nicht unproblematisch. Laura Valentukeviciute vom Verein „Gemeingut in BürgerInnenhand“ warnt beispielsweise: „Bei ÖPPs muss genau hingeschaut werden, wer die Entwicklungskosten finanziert, wer einen finanziellen Nutzen aus der Partnerschaft zieht und wer die Risiken im Falle des Scheiterns oder die Schadenshaftung übernimmt.“ ÖPP-Verträge seien von Rechnungshöfen schon mehrfach kritisiert worden, „weil sie die öffentliche Hand benachteiligen. Die Kritik kommt aber immer erst dann, wenn der Schaden bereits entstanden ist“.
Risiken für die Demokratie
Die Digitalbegeisterung bringt manche Fachleute sogar so weit, dass sie demokratische Prozesse damit ersetzen möchten. So schreibt der Vertreter eines finnischen Thinktanks in der Broschüre „Smart City Charta“ von der Vision der „Post-Voting Society“, die durch eine “Hypervernetzung“ entstehen könnte: „Da wir genau wissen, was Leute tun und möchten, gibt es weniger Bedarf an Wahlen, Mehrheitsfindungen oder Abstimmungen. Verhaltensbezogene Daten können Demokratie als das gesellschaftliche Feedbacksystem ersetzen.“ erläutert Roope Mokka von Demos Helsinki seine Vision in der Broschüre Smart City Charta, die 2017 vom Bundesinstitut für Bau- Stadt- und Raumforschung sowie dem Bundesumweltministerium herausgegeben wurde.
In welchem Maße in einer digitalisierten Stadt auch ein gutes analoges Leben und Wohnen möglich ist und welche Services auch für diejenigen nutzbar sind, die kein Smartphone oder Tablet benutzen können oder wollen, wird die Zukunft zeigen. „Grundsätzlich ist das analoge Wohnen in unseren Häusern Normalität“, versichert die Degewo. Die Gewobag beteuert: „Alle unsere digitalen Lösungen und Anwendungen sind immer komplementär oder befinden sich derzeit in der Pilotphase. Daher existieren immer alternative Zugänge, zum Beispiel zu Telefon und Heizungsventil.“
Städte stehen vor vielfältigen Herausforderungen. Jedoch lassen sich Probleme wie Verdrängung einkommensschwacher Mieterinnen und Mieter, Nachverdichtung und Grünzerstörung, zunehmende Luftverschmutzung und Ausstoß von Treibhausgasen nicht digital lösen. Die Ursachen liegen in der materiellen Welt, die von unterschiedlichen Interessen und einem diese kennzeichnenden gravierenden Machtgefälle geprägt ist. Digitalisierungsbegeisterung und die Idee technischer Machbarkeit verschleiern diese materielle Realität.
Elisabeth Voß
… und die ganze Stadt macht mit?
Von April 2019 bis Juni 2020 wurde die Berliner Digitalstrategie von der Beratungsfirma Ernst & Young, mit dem Schwerpunkt Wirtschaftsförderung entwickelt. Nicht zuletzt aufgrund der Kritik daran gründete sich 2019 ein Bündnis Digitale Stadt Berlin, ein Verbund aus Zivilgesellschaft, Wissenschaft und Politik, um den Strategieentwicklungsprozess konstruktiv und kritisch zu begleiten. Es erklärte im Dezember 2019: „Berlin braucht eine inklusive Digitalisierungspolitik, die Mensch, Natur und Gemeinwohl in den Mittelpunkt stellt“ und forderte, dass die Digitalstrategie „von einer breiten Öffentlichkeit gestaltet werden“ solle.
Neben Mitarbeitenden der Verwaltung und Smart-City-Expertinnen und -Experten hat ein ausgelostes 70-köpfiges Stadtgremium Digitales Berlin seit November 2021 in sieben Sitzungen über Ziele und Maßnahmen beraten. Weitere Interessierte konnten sich in mehreren Durchgängen auf dem mittlerweile rekommunalisierten Stadtportal berlin.de beteiligen. Da wurde dann beispielsweise gefragt: „Wie können Smart City-Ansätze Mieterinnen und Mieter besser schützen und bezahlbaren Wohnraum langfristig sichern?“ Oder: „Wie kann die städtische Anpassung an die Auswirkungen des Klimawandels daten- und open-source-basiert angegangen werden?“
Der Beteiligungsprozess folgt dem Muster der „Leitlinien für Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern an der Stadtentwicklung“, die ebenfalls partizipativ entwickelt wurden und nun auch in den Bezirken angewendet werden sollen.
Dabei werden vier Stufen der Partizipation unterschieden:
- Information
- Mitwirkung (Konsultation)
- Mitentscheidung (Kooperation)
- Entscheidung (bis hin zur Selbstverwaltung)
Und die ganze Stadtgesellschaft soll dabei mitmachen.
ev
Digitale Menschenrechte
Im März 2019 ist Berlin der „Cities Coalition for Digital Rights“ (Städtekoalition für digitale Rechte) beigetreten. Die Initiative basiert auf dem Grundsatz, dass die gleichen Rechte, die Menschen offline haben, auch online gelten und geschützt werden müssen.
Dafür wurde eine gemeinsame Erklärung verfasst: „Die Declaration of Cities Coalition for Digital Rights beschreibt fünf Handlungsfelder: der gleichberechtigte Zugang zum Internet, der Schutz persönlicher Daten und der diskriminierungsfreie Umgang mit ihnen, das Recht auf Teilnahme an digitalen Meinungsbildungsprozessen sowie offene und ethische Standards für digitale Dienste.“
(Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe, 28.03.2019)
Mehr Infos:
Handbuch zur Partizipation (2021):
www.stadtentwicklung.berlin.de/soziale_stadt/partizipation/de/handbuch.shtml
Umbauprogramm zu einem smarten Berlin:
https://gemeinsamdigital.berlin.de/
Dokumentation der Online-Beteiligung:
https://mein.berlin.de/projekte/smart-city-strategie-berlin/
Bündnis Digitale Stadt Berlin:
https://digitalstrategie.berlin.de/
07.12.2022