Pressemitteilung Nr. 20/23
Der Senat beschließt heute ohne die Konsultation mit Mieterschutzorganisationen und Mieterinitiativen eine Novelle des Wohnraumgesetzes. „Das bisherige transparente System der Kostenmiete wird damit durch das völlig intransparente System der „Verpflichtungsmiete“ ersetzt“ kritisiert Ulrike Hamann, Geschäftsführerin des Berliner Mietervereins.
Der Versuch, eben diese Novelle durchzubringen, ist von der Senatsverwaltung für Bauen und Wohnen in den letzten zwei Jahren immer wieder kurz vor der Wahl unternommen worden. Jedes Mal ist es dank der Kritik von Initiativen und wohnungspolitischen Sprecher:innen von Grünen und Linken verhindert worden. „Die Kritik lautete immer gleich und die Gesetzesentwürfe sind kein einziges Mal nachgebessert worden: die Verpflichtungsmiete ist eine undurchsichtige Vereinbarung zwischen Vermieter und der Landesbank IBB,“ so Hamann.
Der Hintergrund ist in den Besonderheiten des Sozialen Wohnungsbaus zu finden. Die Eigentümer haben Fördermittel in Anspruch genommen, und mussten im Gegenzug anhand der „Kostenmiete“ zeigen, welche Miete sie aus Baukosten, Finanzierung und Grundstückskosten errechnen, die so genannte Kostenmiete. Weil die Baukosten schon in den 1970er Jahren in Westberlin hoch ausgefallen sind, gab es Extra-Finanzierung in Form von Darlehen und Zuschüssen, mit der die Mieten für die Mieter:innen dann herunter subventioniert wurde. Während die Darlehen abbezahlt werden, sinken die Kostenmieten theoretisch, weil die Finanzierungs-kosten weniger werden. Mieterinitiativen fordern daher schon lange die Streichung der „fiktiven Kosten“ aus der Kostenmiete. Diese Streichung wäre durch eine Änderung einer Verordnung einfach möglich. Wenn aber die Kostenmiete abgeschafft wird, gibt es keine Transparenz mehr, wieviel Kosten die Eigentümer eigentlich noch haben und wo Kosten längst fiktiv sind.
Wenn alle Darlehen abbezahlt sind, fallen die mit Fördergeldern errichteten Wohnungen aus den Sozialbindungen und die Eigentümer können frei und nicht mehr mietpreisgebunden vermieten. Die wegfallenden Sozialbindungen sind das massive Problem der letzten 10 Jahre, in denen 50.000 Bindungen geendet sind. In den kommenden 2 Jahren wird Berlin weitere 14.309 Bindungen aus dem Programm Sozialer Wohnungsbau verlieren. „Wir kritisieren, dass es keinen Ansatz einer Lösung für das Problem der verlorenen Bindungen gibt. Stattdessen wird eine Veränderung eingeführt, die eine völlig intransparente Vereinbarung zwischen Vermieter und Bank zum Gesetz erhebt. Das ist aufgrund einer fehlenden Beteiligung der Verbände und Initiativen, die sich seit Jahren um eine gute Lösung für den Sozialen Wohnungsbau bemühen, völlig inakzeptabel“ beanstandet Hamann.
Mieter-Initiativen haben extra für den 28.6. ein Hearing für die Politik und Verwaltung zum Thema anberaumt, in dem es um diese Novelle gehen soll. „Vor dieser Diskussion mit der Fachöffentlichkeit eine Gesetzesänderung durchzubringen, zeugt von fehlender Bereitschaft, die Expertise der Stadtgesellschaft mit einzubeziehen“ urteilt Hamann. „Ein sinnvoller Ansatz würde auf den Erhalt der Sozialbindungen zielen, nicht dieses System noch intransparenter zu machen.“
Mit der Novelle wurde gleichzeitig der Kreis der Berechtigten für den Mietzuschuss erhöht. Diese Maßnahme ist sinnvoll und zu begrüßen. In der Kombination mit der fehlenden Bereitschaft, die Eigentümer von Sozialwohnungen zu verpflichten, sich an bezahlbaren Mieten zu beteiligen, ist so eine einseitige Übernahme von Kosten durch das Land Berlin leider nur eine versteckte Eigentümerfinanzierung.
Berlin, 20.6.2023
20.06.2023