Pressemitteilung Nr. 17/23
Gemeinsame Erklärung des Berliner Mietervereins,
des Mietervereins zu Hamburg und
des Mietervereins München
„Die Einigung im Heizungstausch ist fatal für Mieter:innen, ohne scharfes Ordnungsrecht wird die Wärmewende scheitern“, kritisiert Beatrix Zurek, Vorsitzende vom Mieterverein München die Einigung im sogenannten Heizungsstreit in einer gemeinsamen Erklärung mit Sebastian Bartels (Berliner Mieterverein, BMV) und Dr. Rolf Bosse (Mieterverein zu Hamburg).
„Es ist nicht nur klima-, sondern auch mietenpolitisch völlig unverständlich, dass Vermieter:innen mindestens bis 2028 immens teure Gasheizungen einbauen dürfen, sofern diese auf grünen Wasserstoff umrüstbar sind und solange die jeweilige Kommune noch keine Wärmeplanung vorgelegt hat“, ergänzt BMV-Geschäftsführer Sebastian Bartels.
Grüner Wasserstoff wird für die Dekarbonisierung des Gebäudesektors höchstwahrscheinlich in den nächsten 10 bis 20 Jahren keine Rolle spielen und viele Kommunen, ja selbst Großstädte wie Berlin stehen mit der Wärmeplanung noch ganz am Anfang. Außerdem droht nach Einschätzung der drei größten deutschen Mietervereine eine doppelte Modernisierungsumlage, das kann für Mieter:innen nur eine Verschlechterung der derzeitigen Situation bedeuten. „Bis dahin kommen weiterhin jährlich immense Heizkosten auf die Mieterschaft zu“, warnt Rolf Bosse aus Hamburg.
„Ohnehin standen in dem Koalitions-Streit bisher meist nur Vermieterinteressen im Fokus. Dabei wohnen mehr als die Hälfte aller Deutschen zur Miete – sie sind diejenigen, die schlussendlich die Wärmewende über die Modernisierungsumlage bezahlen müssen“, kritisieren die drei Mietervereine, die zusammen mehr als 350.000 Mieter:innen in den besonders von Mietsteigerungen betroffenen, extrem angespannten Wohnungsmärkten Berlin, Hamburg und München vertreten.
„Grüne und SPD haben dem Druck des kleineren Koalitonspartners nachgegeben, ohne ihrerseits eine notwendige soziale Abfederung sowohl im Gebäudeenergiegesetz (GEG) als auch im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) einzufordern“, so Sebastian Bartels, Rolf Bosse und Beatrix Zurek.
Die drei Mietervereine fordern folgende 3 Regelungen im derzeitigen Entwurf des § 71 o GEG:
1. Einführung einer Nachweispflicht für die Beantragung/Inanspruchnahme von Fördermitteln: Vermieter müssen ihren Mieterinnen und Mieterinnen zumindest nachweisen, dass sie die Förderung beantragt haben; andernfalls dürfen sie die Modernisierungskosten in Höhe der nicht beantragten bzw. bewilligten Mittel nicht abwälzen;
2. Einführung einer speziellen Härtefallklausel für Mieter:innen in § 71 o GEG:
Im Zuge des Heizungsneueinbaus müssen Mieter:innen von der Modernisierungsumlage befreit werden, sofern sie sich auf eine wirtschaftliche Härte berufen können; bislang ist ihnen dies durch die Regelung in § 559 Abs. 4 BGB bei verpflichtenden Maßnahmen – wie denen des GEG – verwehrt.
3. Stärkere Koppelung der Modernisierungsumlage an die Qualität und Effizienz der durchgeführten Modernisierung. Der Entwurf des § 71 o GEG sieht zwar vor, dass die Modernisierungsumlage und laufende Energiekosten bei Wärmepumpen eine Mindesteffizienz aufweisen müssen, damit die Einbau- und Energiekosten zu 100% auf die Mieterschaft umgelegt werden können; die Effizienz-Anforderungen sind aber zu gering. Es ist statt der maßgeblichen Jahresarbeitszahl von 2,5 eine Jahresarbeitszahl von 3,0 anzusetzen.
„Zudem sollte die Gewährung bestimmter Fördermittel an die Einhaltung von Mietobergrenzen gekoppelt werden, zum Beispiel durch Förder-Boni bei einem hohen Anteil von Geringverdienern in Mehrfamilienhäusern“, fordern Sebastian Bartels, Rolf Bosse und Beatrix Zurek. Denn untere Einkommensgruppen wohnen überdurchschnittlich oft in Wohnhäusern mit einem besonders hohen Modernisierungsbedarf. Hier ist der Verdrängungsdruck durch Mietsteigerungen sehr groß.
Zudem kritisieren die drei Mietervereine, dass die Koalition keine Anstrengungen unternimmt, um im Zusammenhang mit dem Heizungsgesetz endlich soziale Stellschrauben im Modernisierungsrecht des Bürgerlichen Gesetzbuch (§ 559 BGB) zu ziehen:
1. Abschaffung oder zumindest Absenkung der Modernisierungsumlage von derzeit 8% auf maximal 4% der Jahres-Nettokaltmiete, zusätztlich eine Kappung auf maximal 1,50 € je Quadratmeter (derzeit 2,00 € bzw. 3,00 € je Quadratmeter);
2. Koppelung der Modernisierungsumlage an die Qualität und Effizienz der durchgeführten Modernisierung. Bisher ist eine Umlage auch bei sinnlosen oder schlecht durchgeführten Maßnahmen zulässig;
3. Einführung einer Obliegenheit zur Inanspruchnahme von Fördermitteln: Vermieter:innen, die Fördermittel nicht in Anspruch nehmen, müssen die Modernisierungsumlage um diese nicht verwendeten Mittel kürzen.
15.06.2023