Pressemitteilung Nr. 31/17
Im Vorfeld der Abstimmung zum Volksentscheid am kommenden Sonntag zeigt sich eine Verunsicherung bei vielen Mietern in Spandau, Mitte, Reinickendorf und Pankow, ob nicht mit der geplanten Schließung des Flughafens Tegel nach Eröffnung des BER erhebliche Mietsteigerungen auf die dann ehemals lärmgeplagten Bewohner zukommen. „Wir sehen hier einen erheblichen Informationsbedarf und wollen zur Aufklärung und Versachlichung beitragen“, erklärte der Geschäftsführer des Berliner Mietervereins, Reiner Wild.
Für Mieterhöhungen gibt es gesetzliche Regelungen. Grundsätzlich gilt, dass Mieterhöhungen nicht mit der Schließung eines Flughafens begründet werden können. Auf entsprechende Angebote zu freiwilligen Vereinbarungen muss der Mieter nicht eingehen.
Für Mieterhöhungen gilt generell, dass die ortsübliche Vergleichsmiete nicht überschritten werden darf. Als geeignete Grundlage zur Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete gilt in Berlin der Mietspiegel. Fluglärm wie auch anderer Verkehrslärm ist in Berlin jedoch kein Bestandteil der Wohnlagefestlegung. Mieter müssen daher nach dem jetzigen Stand der Mietspiegelerstellung auch nach Schließung von Tegel nicht mit der Einstufung in eine höhere und damit teurere Wohnlage rechnen.
Einfluss auf die Miete hat der Fluglärm lediglich bei der Abweichung vom Mittelwert des Mietspiegels. Fluglärm ist vor allem dann, wenn im Straßenverzeichnis des Mietspiegels eine Lärmkennzeichnung aufgrund der Ermittlungen des Senats vermerkt ist, eins von 35 wohnwertmindernden Merkmalen. Fällt der Fluglärm weg, kann theoretisch die ortsübliche Vergleichsmiete Miete um ein Fünftel der Spanne zwischen Mittelwert und Oberwert des Mietspiegels ansteigen. Diese Veränderung betrifft aber nicht viele Wohnungen. Denn der Korridor der Wohnhäuser, für die derzeit eine Fluglärmbelastung festgelegt wurde, ist sehr schmal. So gibt es in Spandau schon östlich der Havel zum Beispiel für die Straße Am Havelgarten keine Wohnwertminderung wegen Verkehrslärm mehr, obwohl die Start und Landebahnen greifbar nahe sind. Auch im Wedding sind z.B. die Themsestr. und die Rütlistr ohne Verkehrslärmkennung. In Pankow gibt es fast gar keine Lärmkennzeichnung wegen Fluglärm. „Faktisch kommen heute nur wenige Mieter in der Nähe von TXL im mietrechtliche Sinne zur Begünstigung für eine reduzierte ortübliche Vergleichsmiete“, so Reiner Wild. „Im Umkehrschluss heißt das: Entfällt die Lärmkennzeichnung wegen der Schließung des Flughafens Tegel, so wird auch nur ein kleiner Teil von Mietern einem erweiterten Mieterhöhungsspielraum ausgesetzt“.
Und selbst im Wegfall der Lärmkennzeichnung ist eine Mieterhöhung nicht zwingend. Denn nur wenn nach dem Wegfall des wohnwertmindernden Merkmals „Verkehrslärmbelastung“ die wohnwerterhöhenden Merkmale der Merkmalsgruppe 5 (Wohnumfeld) überwiegen, kann es zu einer Mieterhöhung im o.g. Umfange kommen. Befindet sich aber das Wohnhaus gleichzeitig an einer stark befahrenen Straße (z.B. Müllerstr.) oder Bahntrasse, bleibt das wohnwertmindernde Merkmal „Verkehrslärmbelastung“ erhalten und die Miete kann nicht angehoben werden. „Im Ergebnis kann sich aus mietrechtlicher Sicht nur bei den besonders stark vom Fluglärm belasteten Wohngebäuden und Mietverhältnissen ein Mieterhöhungsanspruch für Vermieter ergeben“, erklärte Wild. Der würde zum Beispiel für das Mietspiegelfeld E 3 (Baujahr 1950 – 1964, 40 – 60 qm, mittlere Wohnlage) 0,27 €/qm im Monat bzw. bei einer Wohnungsgröße von 60 qm 16,44 € im Monat betragen. „Mieterhöhungen diesen Umfangs dürften wohl kaum den Vorteil des weggefallenen Fluglärms aufheben“, so Wild. Der Berliner Mieterverein rät daher den Mietern, bei Mieterhöhungen nach der Schließung von Tegel auf jeden Fall eine Beratung in Anspruch zu nehmen.
20.09.2017