Leitsatz:
Obwohl der Berliner Mietspiegel 2011 – im Gegensatz zu dem Krefelder Mietspiegel (2002), vgl. BGH vom 17.9.2008 – VIII ZR 58/08 – die Anwendbarkeit des Mietspiegels auf Wohnungen in Ein- und Zweifamilienhäusern sowie in Reihenhäusern ausdrücklich ausschließt, ist er als Begründungsmittel für diese Art von Wohnungen tauglich.
BGH vom 26.4.2016 – VIII ZR 54/15 –
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Der Vermieter eines Reihenhauses in Berlin verlangte von den Mietern die Zustimmung zu einer Mieterhöhung auf 10,23 Euro pro Quadratmeter. Zur Begründung bezog er sich auf den Berliner Mietspiegel 2011. Anhand von Baualter und Fläche sei das Haus in Mietspiegelfeld L 11 einzuordnen. Der Berliner Mietspiegel 2011 (wie auch seine Nachfolger) sieht ausdrücklich vor, nicht auf Wohnungen in Ein- und Zweifamilienhäusern anwendbar zu sein. Die Mieter meinten daher, der Vermieter könne das Mieterhöhungsverlangen nicht mit dem Mietspiegel begründen und hielten es daher für formell unwirksam.
Dieser Ansicht folgte der Bundesgerichtshof nicht: Entgegen der Auffassung der Mieter stehe der formellen Wirksamkeit des Mieterhöhungsverlangens der Umstand nicht entgegen, dass im Berliner Mietspiegel 2011 ausdrücklich ausgeführt wird, dieser sei „auf Wohnungen in Ein- und Zweifamilienhäusern sowie in Reihenhäusern“ nicht anwendbar.
Wie der BGH bereits in einem den Mietspiegel der Stadt Krefeld (2002) betreffenden Fall entschieden habe, reiche zur Begründung eines Erhöhungsverlangens für die Miete eines Einfamilienhauses die Bezugnahme auf einen an sich nicht einschlägigen Mietspiegel jedenfalls dann aus, wenn die verlangte Miete innerhalb der Mietpreisspanne für Wohnungen in Mehrfamilienhäusern liege, denn es entspreche einem Erfahrungssatz, dass die Miete für Einfamilienhäuser im Regelfall über der Miete für Wohnungen in Mehrfamilienhäusern liegt (BGH vom 17.9.2008 – VIII ZR 58/08).
Die Ansicht der Mieter, dass diese Entscheidung auf den Berliner Mietspiegel 2011 bereits deshalb nicht übertragen werden könne, weil im Gegensatz zu dem Krefelder Mietspiegel (2002) der Berliner Mietspiegel 2011 die Anwendbarkeit des Mietspiegels auf Wohnungen in Ein- und Zweifamilienhäusern sowie in Reihenhäusern ausdrücklich ausschließe, sei unzutreffend. Ungeachtet des zutreffend beschriebenen Unterschieds der beiden Mietspiegel werde das zur Begründung auf den Berliner Mietspiegel 2011 verweisende Mieterhöhungsverlangen des Vermieters den formellen Anforderungen gerecht.
Weder der Krefelder Mietspiegel (2002) noch der Berliner Mietspiegel 2011 enthielten Datenmaterial für die Bestimmung der ortsüblichen Vergleichsmiete für Wohnungen in Ein- oder Zweifamilienhäusern beziehungsweise Reihenhäusern. Damit seien die für Wohnungen in Mehrfamilienhäusern in beiden Mietspiegeln angegebenen Entgelte zwar im Rahmen der Prüfung der Begründetheit eines auf sie Bezug nehmenden Mieterhöhungsverlangens nicht geeignet, eine Indizwirkung für die gerichtliche Bestimmung der ortsüblichen Vergleichsmiete für Wohnungen zu entfalten, die sich in Ein- oder Zweifamilienhäusern beziehungsweise in Reihenhäusern befänden. Sehr wohl aber könnten die in derartigen Mietspiegeln genannten Entgelte dem Mieter eine Orientierungshilfe für die Einschätzung geben, ob die vom Vermieter für eine Wohnung in einem Reihenendhaus (neu) verlangte Miete der ortsüblichen Vergleichsmiete entspreche, weil für derartige Wohnungen gezahlte Mieten erfahrungsgemäß über den Mieten lägen, die für Wohnungen in Mehrfamilienhäusern mit vergleichbaren Wohnwertmerkmalen gezahlt würden. Mehr, als dem Mieter diese ansatzweise Überprüfung zu ermöglichen, müsse das im Rahmen des Mieterhöhungsverlangens anzugebende Begründungsmittel nach § 558 a Abs. 2 BGB nicht leisten.
29.06.2017