Leitsatz:
Der Berliner Mietspiegel (hier: 2015) kann zur Begründung eines Mieterhöhungsverlangens (§ 558 a BGB) auch für minderausgestattete Wohnungen (hier: ohne Innen-WC) herangezogen werden.
BGH vom 29.4.2020 – VIII ZR 355/18 –
Langfassung: www.bundesgerichtshof.de [PDF, 31 Seiten]
Anmerkungen des Berliner Mietervereins
Die streitgegenständliche Wohnung hatte keine Innentoilette. Der Vermieter bezog sich zur Begründung seiner Mieterhöhung auf das Mietspiegelfeld des Mietspiegels 2015, das bei Vorhandensein einer Innentoilette einschlägig gewesen wäre. Der BGH sah darin eine formal ordnungsgemäße Mieterhöhungsbegründung.
Zwar erfasse der Berliner Mietspiegel 2015 noch bestimmte Fälle einer Minderausstattung, etwa Altbauwohnungen mit einer Bezugsfertigkeit vor 1918, die zwar über ein (Innen-)WC, aber nicht über ein Bad und/oder eine Sammelheizung verfügen. Für den vorliegenden Fall, in dem die Wohnung (vom Vermieter) weder mit Bad noch mit (Innen-)WC ausgestattet sei, gelte dies allerdings nicht; eine derartige (Minder-)Ausstattung sei zuletzt im Mietspiegel 2000 (durch Abschläge) berücksichtigt worden.
Gleichwohl dürfe der Mietspiegel Berlin 2015 für die Begründung des Mieterhöhungsbegehrens (§ 558 a Abs. 2 Nr. 1 BGB) herangezogen werden. Die fehlende Erfassung derart minderausgestatteter Wohnungen durch den Mietspiegel 2015 sei darauf zurückzuführen, dass solche Wohnungen auf dem Berliner Wohnungsmarkt nicht mehr in – für die Sammlung von belastbarem Datenmaterial – ausreichender Zahl vorhanden seien. Auch der gerichtliche Sachverständige habe Vergleichsobjekte ohne Bad und (Innen-)WC nicht recherchieren können. Die ortsübliche Vergleichsmiete für die minderausgestattete Wohnung der Mieterin hätte daher nur durch einen Vergleich mit anderen – zwar nicht identisch, aber zumindest ebenfalls sehr einfach ausgestatteten – Wohnungen beurteilt werden können. In einer solchen Fallgestaltung könne ein – an sich für eine Wohnung nicht anwendbarer – Mietspiegel zur Begründung eines Mieterhöhungsverlangens herangezogen werden, wenn er für die Beurteilung der ortsüblichen Vergleichsmiete zumindest eine Orientierungshilfe biete (vgl. BGH vom 26.4.2016 – VIII ZR 54/15 – zur Begründung eines Mieterhöhungsverlangens für ein Einfamilienhaus durch Bezugnahme auf einen nur Wohnungen in Mehrfamilienhäusern erfassenden Mietspiegel). So liege es auch hier.
Denn die Mieter hätten – ausgehend von dem Mietspiegelfeld G 1, in das die Wohnung bei (vermieterseitiger) Ausstattung mit einem (Innen-)WC einzuordnen wäre – die Berechtigung der begehrten Erhöhung zumindest ansatzweise überprüfen können. Insoweit böten die im Mietspiegel für andere Minderausstattungen vorgesehenen Abschläge eine gewisse Orientierung. Eine solche überschlägige Prüfung des Mieterhöhungsbegehrens sei den Mietern auch zumutbar gewesen.
27.07.2020