Leitsatz:
Bei einem Mietverhältnis über Gewerberaum rechtfertigt allein die Übersendung der Betriebskostenabrechnung und der vorbehaltlose Ausgleich einer sich daraus ergebenden Nachforderung durch den Mieter nicht die Annahme eines deklaratorischen Schuldanerkenntnisses, das einer nachträglichen Korrektur der Betriebskostenabrechnung entgegensteht (im Anschluss an Senatsurteil vom 10. Juli 2013 – XII ZR 62/12, NJW 2013, 2885).
BGH vom 28.5.2014 – XII ZR 6/13 –
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Anmerkungen des Berliner Mietervereins
Für Wohnraum hatte der BGH schon entschieden, dass seit der gesetzlichen Einführung der ausschlussbewehrten Abrechnungs- und Einwendungsfristen gemäß § 556 Abs. 3 Satz 2, 3 und Satz 5, 6 BGB kein Bedürfnis mehr für die Annahme bestehe, in der vorbehaltlosen Zahlung einer sich aus einer Betriebskostenabrechnung ergebenden Nachforderung allein oder in der bloßen vorbehaltlosen Auszahlung oder Gutschrift eines aus einer Betriebskostenabrechnung folgenden Guthabens ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis zu sehen (vgl. BGH Urteil vom 12.1.2011 – VIII ZR 296/09).
Da bei der Gewerberaummiete diese Ausschlussfristen jedoch nicht gelten, stützt der BGH seine Ansicht auf folgende Argumentation: Mit der Übersendung der Betriebskostenabrechnung gebe der Vermieter aus der maßgeblichen Sicht des Mieters keine auf den Abschluss eines deklaratorischen Schuldanerkenntnisses gerichtete Willenserklärung ab. Die Betriebskostenabrechnung sei eine reine Wissenserklärung ohne rechtsgeschäftlichen Bindungswillen. Auch der Mieter, der eine Betriebskostennachforderung vorbehaltlos erfüllt, erbringe damit eine reine Erfüllungshandlung, ohne dass daraus geschlossen werden könne, er erkenne den Abrechnungssaldo endgültig für verbindlich an.
Auch wenn allein durch den vorbehaltlosen Ausgleich einer Nebenkostenabrechnung noch nicht auf ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis geschlossen werden könne, bleibe es den Mietvertragsparteien jedoch unbenommen, im Einzelfall hinsichtlich des Saldos aus der Betriebskostenabrechnung ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis abzuschließen und damit den Saldo für beide Seiten für verbindlich zu erklären.
Sofern die Parteien hierzu keine ausdrückliche Vereinbarung träfen, bedürfe es für die Annahme eines deklaratorischen Schuldanerkenntnisses allerdings – neben der bloßen Übersendung der Nebenkostenabrechnung und dem Ausgleich des Saldos – weiterer Umstände, aus denen auf einen entsprechenden Rechtsbindungswillen der Mietvertragsparteien geschlossen werden könne. Die Vereinbarung eines deklaratorischen Schuldverhältnisses könne danach in Betracht kommen, wenn die Parteien zunächst über einzelne Positionen der Betriebskostenabrechnung gestritten hätten und dann der Saldo von einer der beiden Vertragsparteien ausgeglichen wurde oder wenn die Parteien eine Ratenzahlungs- beziehungsweise Stundungsvereinbarung getroffen hätten.
20.12.2018