Leitsätze:
a) Unter den nach der Verkehrsanschauung zu bestimmenden Begriff des „Wohnens“ fallen nur solche berufliche Tätigkeiten des Mieters, die in einer nicht nach außen in Erscheinung tretenden Weise ausgeübt werden. Geschäftliche Aktivitäten des Mieters, die der Mieter in ausschließlich zu Wohnzwecken vermieteten Räumen ausübt und die nach außen in Erscheinung treten, muss der Vermieter nicht ohne vorherige Vereinbarung dulden.
b) Eine Verpflichtung des Vermieters, eine vertragswidrige Nutzung der Mieträume zu gestatten, kommt nur dann in Betracht, wenn von der beabsichtigten Tätigkeit – was der Mieter darzulegen und zu beweisen hat – keine weitergehenden Einwirkungen auf die Mietsache oder Mitmieter ausgehen als bei einer üblichen Wohnnutzung (Bestätigung von BGH, Urteil vom 14. Juli 2009 – VIII ZR 165/08, NJW 2009, 3157).
BGH vom 10.4.2013 – VIII ZR 213/12 –
Langfassung: www.bundesgerichtshof.de [PDF, 7 Seiten]
Anmerkungen des Berliner Mietervereins
Nach dem Tod seiner Mutter wollte der Gitarrenlehrer, der erst später in die Wohnung gezogen war, das Mietverhältnis fortsetzen beziehungsweise in den ursprünglichen Mietvertrag eintreten. Der Vermieter kündigte mit der Begründung, der Gitarrenunterricht sei über Jahre hinweg ohne seine Erlaubnis erfolgt. Wegen des hierdurch verursachten Lärms sei es zu den Hausfrieden unzumutbar beeinträchtigenden Streitigkeiten mit Mitmietern gekommen.
Der Bundesgerichtshof entschied, Vermieter müssten ohne eine ausdrückliche Vereinbarung nicht dulden, dass in einer Mietwohnung beruflichen oder gewerblichen Aktivitäten nachgegangen werde. Im Einzelfall könnte der Vermieter zwar nach Treu und Glauben verpflichtet sein, eine Erlaubnis zur beruflichen Nutzung der Wohnung zu erteilen, wenn im Vergleich zur üblichen Wohnungsnutzung keine negativen Einwirkungen auf die Mietsache oder die Mitmieter zu befürchten seien. Das sei bei einem Gitarrenunterricht an drei Werktagen für etwa zwölf Schüler aber offensichtlich nicht der Fall.
Zulässige, dem Begriff des „Wohnens“ unterfallende berufliche Tätigkeiten des Mieters sieht der BGH etwa in der Unterrichtsvorbereitung eines Lehrers, in der Telearbeit eines Angestellten oder in der schriftstellerischen Tätigkeit eines Autors sowie im Empfang oder der Bewirtung von Geschäftsfreunden. Für die Aufnahme derartiger Tätigkeiten, die mit dem vertraglich vereinbarten Nutzungszweck im Einklang stehen, bedürfe es keiner Erlaubnis des Vermieters.
04.06.2018