Stand: 1/11
Mieter dürfen in ihrer Wohnung musizieren, Rundfunk und Schallplatten hören und fernsehen (BGH WuM 98, 738). Allerdings darf er hierdurch andere Mitbewohner nicht stören. Dies gilt vor allen Dingen während der allgemeinen Ruhezeiten (mittags 13.00 bis 15.00 Uhr und von 22.00 Uhr abends bis 7.00 Uhr morgens). Während sich die nächtlichen Ruhezeiten unmittelbar aus gesetzlichen Vorschriften, den Immissionsschutzgesetzen der Länder, ergeben, basieren Mittagsruhezeiten auf Hausordnungen oder Rechtsprechung (Kammergericht WuM 92, 387; BayObLG WuM 87, 39; LG Nürnberg-Fürth DWW 96, 50; LG München I DWW 91, 111). In den Ruhezeiten muss auf jeden Fall Zimmerlautstärke eingehalten werden. Vermieter und Mieter können über die Musikausübung im Mietvertrag entsprechende Vereinbarungen treffen (OLG München WuM 92, 238).
Grundsätzlich gilt für das „häusliche Musizieren“ das Gleiche wie für alle anderen Geräusch- und Lärmquellen im Haus, wie z.B. für Fernseher, Radio, Platten- oder CD-Spieler. Denkbar sind Beschränkungen der Lautstärke sowie Einschränkungen zeitlicher Art. Ein totales Verbot zu musizieren ist unzulässig (BGH WuM 98, 738). Bei jeder Regelung muss zwischen dem Ruhebedürfnis des einen und dem Recht zu musizieren des anderen abgewogen werden. Hier kommt es auf die tatsächlichen Gegebenheiten vor Ort an. In einer Seniorenwohnanlage gelten andere Grundsätze als in einer Wohnanlage mit überwiegend jungen Menschen. Außerdem zu berücksichtigen: Hellhörigkeit im Gebäude, vorhandene Schallschutzmaßnahmen, Pegel der Umgebungsgeräusche und die Art des Musizierens.
Die Gerichte urteilten z.B.:
Der Mieter hat einen Anspruch darauf, mindestens 2 Stunden täglich auf seinem Instrument zu spielen. Er hat lediglich die Mittags- und Nachtruhe einzuhalten (BayObLG WuM 86, 148; OLG Hamm NJW 81, 465). 3 Stunden erlaubt das BayObLG (NJWE-MietR 96, 12). Problematisch kann es werden, wenn Berufsmusiker mit im Haus wohnen und sie sich im Mietvertrag ausdrücklich umfangreiche Spielzeiten haben garantieren lassen (LG Frankfurt WuM 90, 287; LG Flensburg DWW 93, 102).
Nur in Ausnahmefällen (z.B. gemeinsames Musizieren mehrerer) darf der zeitliche Rahmen auf 1 bis 11/2 Stunden reduziert werden (OLG Frankfurt WuM 84, 303). Nach OLG Karlsruhe (NJW-RR 89, 1179) muss auch das Spielen auf Saxophon oder Klarinette auf 2 Stunden täglich (sonntags 1 Stunde) beschränkt bleiben; das Schlagzeugspielen darf sogar noch weiter eingeschränkt werden (LG Nürnberg-Fürth WuM 92, 253). Das AG Frankfurt (WuM 97, 431) erlaubt generell Klavierspielen nur bis zu 90 Minuten täglich, natürlich außerhalb der Ruhezeiten, und begründet dies damit, dass ein längeres Spielen in einem hellhörigen Mietshaus schlichtweg rücksichtslos und nicht mehr vom vertragsgemäßen Gebrauch gedeckt sei.
Im Einzelfall legen Gerichte genaue „Spielzeiten“ fest:
- Werktags bis 20 Uhr, sonn- und feiertags bis 19 Uhr. Ausnahme: einmal wöchentlich bis 21.30 Uhr, einmal monatlich an Wochenenden oder feiertags ebenfalls bis 21.30 Uhr (LG Düsseldorf DWW 90, 87).
- Werktags zwischen 7 und 17 Uhr. Zwischen 17 und 22 Uhr nicht länger als 3 Stunden. An Sonn- und Feiertagen maximal 5 Stunden. Hier hatte sich der Mieter Hausmusik und Klavierunterricht ausdrücklich im Mietvertrag genehmigen lassen (LG Frankfurt WuM 90, 287).
- Montag bis Freitag 9 bis 13 Uhr, Montag bis Samstag 14 bis 19 Uhr, Samstag, Sonntag und Feiertag 10 bis 13 und 15 bis 18 Uhr. Spielzeiten für die Familie eines Berufsmusikers aus Flensburg. Gespielt werden dürfen Bratsche, Geige oder Cello. Jeder einzeln und nacheinander oder zusammen. Nicht aber jeder für sich allein (LG Flensburg DWW 93,102).
Dieser Text stammt aus dem Mieterlexikon 2011 des Deutschen Mieterbundes. Wir danken für die Abdruckgenehmigung.
Lesen Sie auch zum Thema „Musik in der Mietwohnung“:
- BMV-Info 96: Lärmbelästigungen – Das ABC der häufigsten Streitpunkte
- BMV-Info 138: Mediation und Konfliktberatung im Berliner Mieterverein
- Musizieren in der Mietwohnung: Ob Beat oder Bach, Krach bleibt Krach
- Lärm: Rücksicht ist oberstes Gebot
- Nachbarschaftskonflikte: Friedliche Lösungen suchen
- Musizieren in der Wohnung: Wie lange, wie laut, wie oft?
- Viel Streit durch schlechten Schallschutz: Ruhe bitte!
04.06.2018