Leitsatz:
Zu den formellen Anforderungen an eine Mieterhöhungserklärung nach der Durchführung von Modernisierungsmaßnahmen gemäß § 559 b BGB.
BGH vom 19.7.2023 – VIII ZR 416/21 –
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Anmerkungen des Berliner Mietervereins
In der Modernisierungsankündigung des Vermieters hieß es unter anderem, dass er beabsichtige, zur Durchführung der Maßnahmen Mittel der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) zu beantragen.
In der im Anschluss an die Baumaßnahmen erfolgten Mieterhöhungserklärung fand sich aber zu den KfW-Mitteln kein Wort. Dem Mieterhöhungsschreiben war eine als „Kostenzusammenstellung und Berechnung der Mieterhöhung“ bezeichnete Anlage beigefügt, die auf die Ausführungen zu den einzelnen Modernisierungsmaßnahmen im Ankündigungsschreiben Bezug nahm.
Der Mieter hielt die Mieterhöhungserklärung aus formellen Gründen für unwirksam. Die Instanzgerichte gaben ihm Recht. Der BGH folgte dem im Ergebnis mit einer bemerkenswerten Begründung:
Die Mieterhöhungserklärung sei formell unwirksam, weil es unter den im Streitfall gegebenen Umständen an einer (ausreichenden) Erläuterung der Mieterhöhung im Hinblick auf die in § 559 b Abs. 1 Satz 2 BGB genannte Vorschrift des § 559 a BGB zur Anrechnung von Drittmitteln fehle.
Der Gesetzgeber habe in § 559 a BGB für die Mieterhöhung nach Modernisierungsmaßnahmen eine Anrechnung bestimmter Mittel angeordnet, welche die Kosten des Vermieters für die Modernisierungsmaßnahmen ganz oder teilweise decken (Zuschüsse sowie zinsverbilligte oder zinslose Darlehen aus öffentlichen Haushalten, Aufwendungsbeihilfen, sonstige Drittmittel). Vom Mieter oder für diesen von einem Dritten übernommene oder mit Zuschüssen aus öffentlichen Haushalten gedeckte Kosten der Modernisierungsmaßnahmen gehörten nach § 559 a Abs. 1 BGB nicht zu den aufgewendeten Kosten des Vermieters im Sinne des § 559 BGB. Sie dürften deshalb nicht bei der Erhöhung der Miete nach § 559 Abs. 1 BGB angesetzt und auf den Mieter umgelegt werden. Bei Deckung der Kosten für die Modernisierungsmaßnahme oder von laufenden Aufwendungen infolge der Modernisierungsmaßnahme durch zinsverbilligte oder zinslose Darlehen aus öffentlichen Haushalten, durch Darlehen oder Mietvorauszahlungen des Mieters oder durch Leistungen eines Dritten für den Mieter sowie aus Mitteln der Finanzierungsinstitute von Bund und Ländern verringere sich der Erhöhungsbetrag gemäß § 559 a Abs. 2, 3 BGB um den Jahresbetrag der Zinsermäßigung, des Zuschusses oder des Darlehens.
Die Anrechnungspflicht solle sicherstellen, dass dem Vermieter solche Maßnahmen nicht zugutekämen, zu deren Durchführung er öffentliche Mittel in Anspruch genommen habe, da er anderenfalls gegenüber einem Modernisierungsmaßnahmen aus dem eigenen Vermögen finanzierenden Vermieter ungerechtfertigt bessergestellt würde. Eine Verringerung der Kosten des Vermieters für die Modernisierung durch öffentliche oder private Zuschüsse oder Darlehen solle auch dem Mieter zugute kommen.
Die Pflicht zur Anrechnung dieser Drittmittel habe damit Bedeutung für den Umfang der vom Vermieter nach Durchführung der Modernisierung gemäß §§ 559 ff. BGB geforderten Mieterhöhung. Dementsprechend erstrecke § 559 b Abs. 1 Satz 2 BGB das – auf die Verschaffung einer Möglichkeit des Mieters zur angemessenen Information und Nachprüfung gerichtete – Begründungserfordernis auch auf die Voraussetzungen zur Anrechnung von Drittmitteln nach § 559 a BGB.
Diesen Anforderungen genüge die vorliegende Mieterhöhungserklärung nicht. Denn die dort gemachten Angaben seien nicht geeignet, den Mieter in die Lage zu versetzen, den Umfang der verlangten Mieterhöhung insoweit als plausibel nachzuvollziehen.
Im Text der Erhöhungserklärung und in den beigefügten Unterlagen selbst finde sich unmittelbar keine Angabe zu anrechenbaren Drittmitteln im Sinne von § 559 a BGB. Aus der maßgeblichen Sicht eines objektiven Erklärungsempfängers könnte dies zwar als (stillschweigende) Erklärung des Vermieters dahingehend verstanden werden, dass er für die Durchführung der Modernisierungsmaßnahmen anrechenbare Drittmittel nicht in Anspruch genommen und deshalb auch Kürzungsbeträge nicht angerechnet habe. Dem stehe jedoch entgegen, dass die Erhöhungserklärung zugleich „vollumfänglich“ auf die Ausführungen zu den einzelnen Modernisierungsmaßnahmen im Ankündigungsschreiben Bezug nehme und diese Ausführungen den ausdrücklichen Hinweis des Vermieters auf die beabsichtigte Beantragung von Mitteln der Kreditanstalt für Wiederaufbau für die Durchführung der Baumaßnahmen enthalte. Dieser Hinweis sei infolge der Bezugnahme in der Erhöhungserklärung bei deren Auslegung zu berücksichtigen.
Angesichts dieser unklaren Angaben sei für den Mieter als Empfänger der Erhöhungserklärung nicht erkennbar geworden, welche Erklärung zur Inanspruchnahme von gemäß § 559 a BGB anrechenbaren Drittmitteln der Vermieter letztlich habe abgeben wollen. In Betracht kämen dabei die Information über eine ursprünglich beabsichtigte, tatsächlich aber nicht erfolgte Beantragung oder die Erklärung, Drittmittel zwar beantragt, jedoch nicht erhalten zu haben, oder gewährte Drittmittel seien nicht auf die Kosten der Modernisierungsmaßnahmen anzurechnen oder bereits vorweg abgezogen und nicht gesondert ausgewiesen. Denkbar sei es auch, dass der Vermieter eine Erklärung zu den Drittmitteln schlicht vergessen habe.
Im Hinblick darauf sei die Mieterhöhungserklärung insoweit nicht geeignet, dem Mieter diejenigen Informationen zu geben, die dieser benötige, um den Grund und den Umfang der Mieterhöhung auf Plausibilität überprüfen und entscheiden zu können, ob Bedarf für eine eingehendere Kontrolle – etwa durch Zuziehung juristisch oder bautechnisch sachkundiger Personen, durch Einholung weiterer Auskünfte beim Vermieter oder durch Einsichtnahme in die dem Vermieter vorliegenden Rechnungen und sonstigen Belege – bestehe.
Wegen des Fehlens der Angaben zu Drittmitteln entspräche die Modernisierungsmieterhöhung nicht den formellen Anforderungen und sei daher unwirksam.
26.09.2023