Leitsätze:
a) Zulässige Miete im Sinne von § 556 g Abs. 1 Satz 2 BGB ist die sich nach den Regelungen über die Miethöhe bei Mietbeginn in Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten (§§ 556 d ff. BGB) ergebende Miete. Die zulässige Miete kann sich auch aus einer Anwendung der Vorschrift des § 556 e Abs. 1 Satz 1 BGB ergeben, mithin nach der in dem vorangegangenen Mietverhältnis geschuldeten Vormiete zu bemessen sein.
b) Geschuldete Vormiete im Sinne von § 556 e Abs. 1 BGB ist bei einem Vormietverhältnis, das ebenfalls bereits den Regelungen über die Miethöhe bei Mietbeginn in Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten (§§ 556 d ff. BGB) unterlag, die Miete, die nach diesen Vorschriften zulässig gewesen ist. War die ursprünglich vereinbarte Vormiete demnach unzulässig überhöht, ist als geschuldete Vormiete die gemäß § 556 g Abs. 1 Satz 1 und 2 BGB auf die zulässige Höhe reduzierte Miete anzusehen.
c) Die Regelung des § 556 e Abs. 1 Satz 1 BGB findet auch dann Anwendung, wenn eine ursprünglich vertraglich vereinbarte Vormiete nach den auf das Vormietverhältnis bereits anwendbaren Vorschriften der §§ 556 d ff. BGB überhöht war und sich die für das Vormietverhältnis zulässige Miete ihrerseits aus § 556 e Abs. 1 Satz 1 BGB ergibt (Vor-Vormiete).
BGH vom 19.7.2023 – VIII ZR 229/22 –
Langfassung: www.bundesgerichtshof.de [PDF, 19 Seiten]
Anmerkungen des Berliner Mietervereins
Es handelt sich hier um die Revisionsentscheidung zum in MieterMagazin 5/2023, Seite 30 abgedruckten Urteil des Landgerichts Berlin vom 22.9.2022 – 67 S 113/22 –.
Vereinfacht stellte sich der Sachverhalt wie folgt dar:
Die vereinbarte – und vom Mieter gerügte – Miete betrug 460 Euro.
Die zulässige Miete nach § 556 d BGB betrug 296 Euro.
Die Vormiete aus 2017 betrug 422 Euro.
Die Vor-Vormiete aus 2014 betrug 380 Euro.
Das Amtsgericht kam zu dem Urteil, dass sich der Vermieter auf keine Vormiete berufen könne, weil die aktuelle Vormiete rechtlich nicht geschuldet sei. Der Mieter müsse nur 296 Euro zahlen.
Das sah das Landgericht anders: Der Vermieter könne sich auf denjenigen Vormiet-Betrag berufen, der rechtlich geschuldet war (hier: 380 Euro). Dass die spätere Vormiete preisrechtswidrig war, ändere daran nichts.
Der BGH bestätigte die Ansicht des Landgerichts und entschied wie aus den Leitsätzen ersichtlich.
Das bedeutet mit anderen Worten, dass Vermieter sich auch dann auf das Vormietprivileg des § 556 e Abs. 1 Satz 1 BGB stützen können, obwohl in einem dem Mietvertrag vorhergehenden Mietverhältnis eine die Grenzen des § 556 d Abs. 1 BGB oder seiner Ausnahmetatbestände überschreitende (Vor-)Miete vereinbart wurde, wenn eine weitere preisrechtlich zulässige Vormietvereinbarung (die sogenannte Vor-Vormiete) existiert. Der Vermieter kann sich dann auf die geringere – aber preisrechtlich zulässige – Vormiete berufen.
26.09.2023