Leitsatz:
Werden tatsächlich trennbare Modernisierungsmaßnahmen (§ 555 b BGB) durchgeführt, kann der Vermieter mehrere Mieterhöhungen (§ 559 b Abs. 1 BGB) bezüglich jeweils abgeschlossener Maßnahmen erklären.
BGH vom 28.4.2021 – VIII ZR 5/20 –
Langfassung: www.bundesgerichtshof.de [PDF, 9 Seiten]
Anmerkungen des Berliner Mietervereins
Im Februar 2017 kündigte die Vermieterin der Mieterin die Durchführung zahlreicher Arbeiten zur Modernisierung des Mietobjekts an. Neben verschiedenen „Maßnahmen zur Einsparung von Energie“ sollten erstmalig eine Balkonanlage angebaut und Wohnungseingangstüren mit verbessertem Schall-, Wärme-, Brand- und Einbruchschutz eingebaut werden. Die voraussichtliche Dauer der Arbeiten gab die Vermieterin mit 25 Wochen, die voraussichtliche Mieterhöhung mit 235 Euro pro Monat an.
Mit Schreiben vom 26. Juni 2018 erklärte die Vermieterin unter Berufung auf zwischenzeitlich durchgeführte Modernisierungen die Erhöhung der monatlichen Grundmiete ab dem 1. September 2018 von (bisher) 445,03 Euro um 232,07 Euro auf künftig 677,10 Euro. Zu diesem Zeitpunkt waren die Wohnungseingangstüren noch nicht erneuert. Deren Einbau erfolgte erst im November 2018; Kosten hierfür wurden der Berechnung der Mieterhöhung nicht zugrunde gelegt.
Die Mieterin berief sich auf den fehlenden Abschluss des aus ihrer Sicht „untrennbaren Gesamtmodernisierungsvorhabens“ und zahlte die erhöhte Miete nur unter Vorbehalt. Ihre Klage, gerichtet auf Rückzahlung überzahlter Miete in Höhe von 928,28 Euro nebst Zinsen sowie auf Feststellung, dass die Vermieterin die erhöhte Miete erst ab einer neuen Mieterhöhungserklärung verlangen könne, hatte jedoch keinen Erfolg, denn der BGH hielt die Mieterhöhung der Vermieterin für wirksam.
Zwar könne ein Mieterhöhungsverlangen grundsätzlich erst nach Abschluss der Arbeiten gestellt werden. Wurden aber tatsächlich trennbare Maßnahmen durchgeführt, so könnten mehrere Mieterhöhungserklärungen für die jeweils abgeschlossenen Maßnahmen erfolgen. Da die Mieterin auch vor Beendigung sämtlicher Maßnahmen von den bereits abgeschlossenen Baumaßnahmen profitiere, sei es nicht unangemessen, sie im Rahmen der durch §§ 559 ff. BGB eingeräumten Möglichkeiten an den hierfür erforderlichen Kosten zu beteiligen.
Zutreffend sei es, dass der Einbau der Wohnungseingangstüren ein von den übrigen Maßnahmen unterscheidbares Gewerk betreffe. Die anderen Arbeiten an den Fenstern, den Balkonen, am Haustürvordach, der neuen Haustür sowie der Dämmung würden durch das Einbringen neuer Wohnungseingangstüren nicht betroffen. Sie seien hinsichtlich ihrer Ausführung unabhängig voneinander, so dass es keiner näheren Bauabstimmung bedürfe.
Etwas anderes folge auch nicht aus der Ankündigung sämtlicher Modernisierungsmaßnahmen in einem einheitlichen Schreiben.
Dabei könne dahinstehen, ob es sich bei der Ankündigung von Modernisierungsmaßnahmen nach § 555 c BGB um eine Willenserklärung oder um eine geschäftsähnliche Erklärung handele, da in beiden Fällen die Vorschriften über die Auslegung von Willenserklärungen (direkt oder zumindest entsprechend) Anwendung fänden.
Hiernach sei die Auffassung nicht zu beanstanden, wonach sich an der tatsächlichen Trennbarkeit der Modernisierungsmaßnahmen nicht deshalb etwas ändere, weil diese einheitlich angekündigt würden. Denn die Modernisierungsankündigung sei für die spätere Mieterhöhung nicht konstitutiv. Auch ohne eine Ankündigung könne die Vermieterin die Miete nach durchgeführter Modernisierung erhöhen; lediglich die Frist, ab welcher die Mieterin die erhöhte Miete schulde, verlängere sich von drei auf sechs Monate nach Zugang der Erhöhungserklärung (§ 559 b Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 BGB).
Deshalb sei aus der vorliegenden Modernisierungsankündigung nicht der Schluss zu ziehen, die Miete könne erst nach Abschluss sämtlicher Maßnahmen erhöht werden. Es fehle an Anhaltspunkten, wonach die Mieterin diese Ankündigung nach Treu und Glauben und unter Berücksichtigung der Verkehrssitte von ihrem Empfängerhorizont dahingehend hätte verstehen können, dass die Maßnahmen derart untrennbar miteinander verbunden seien, dass erst nach ihrem kompletten Abschluss eine Mieterhöhung erfolgen könne. Allein die einheitliche Ankündigung der Maßnahmen mit einer einheitlichen Dauer sowie einer „einheitliche(n) Mieterhöhung“ reichten hierfür nicht aus.
19.09.2021