Leitsatz:
Eine Mieterhöhungserklärung nach § 559 b Abs. 1 BGB, die auf mehrere tatsächlich trennbare Baumaßnahmen gestützt wird, ist gemäß § 139 BGB nicht insgesamt nichtig, wenn sie im Hinblick auf einzelne Baumaßnahmen unzureichend begründet oder erläutert und deshalb gemäß § 559 b Abs. 1 Satz 2 BGB insoweit unwirksam ist. Vielmehr hat eine solche Mieterhöhungserklärung hinsichtlich des wirksam erklärten Teils nach Maßgabe des § 139 BGB Bestand, wenn sie sich – wie regelmäßig – in Bezug auf die einzelnen baulichen Maßnahmen in selbstständige Rechtsgeschäfte trennen lässt und – wie ebenfalls regelmäßig – davon auszugehen ist, dass die Gültigkeit wenigstens des wirksam erklärten Teils der Mieterhöhung dem – infolge der Einseitigkeit des Rechtsgeschäfts allein maßgeblichen – hypothetischen Willen des Vermieters bei Abgabe der Erklärung entspricht.
BGH vom 17.6.2020 – VIII ZR 81/19 –
Langfassung: www.bundesgerichtshof.de [PDF, 22 Seiten]
Anmerkungen des Berliner Mietervereins
Vorliegend hatte die Mieterhöhungserklärung nach § 559 b Abs. 1 BGB den formellen Anforderungen bezüglich einiger Baumaßnahmen nicht genügt. Dieser Umstand führte hier aber nicht zu deren Gesamtnichtigkeit gemäß § 139 BGB.
Gemäß § 139 BGB – so der BGH – führe die Nichtigkeit eines Teils eines Rechtsgeschäfts, das auch in einer einseitigen empfangsbedürftigen Willenserklärung wie der Mieterhöhungserklärung gemäß § 559 b Abs. 1 BGB liegen kann, nur dann zur Nichtigkeit des gesamten Rechtsgeschäfts, wenn nicht anzunehmen sei, dass es auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen sein würde. Letzteres ist bei einem einheitlichen Rechtsgeschäft immer dann der Fall, wenn die nach Abtrennung des von dem Nichtigkeitsgrund betroffenen Teils des Rechtsgeschäfts verbleibenden Regelungen ein selbständiges Rechtsgeschäft bildeten und davon auszugehen sei, dass die Parteien dieses Rechtsgeschäft bei Kenntnis der teilweisen Nichtigkeit des ursprünglich beabsichtigten Rechtsgeschäfts abgeschlossen hätten. Bei einem – wie hier – einseitigen Rechtsgeschäft genüge die Annahme, dass der Erklärende – hier der Vermieter – bei Kenntnis des unwirksamen Teils den verbleibenden Teil des Rechtsgeschäfts vorgenommen hätte.
Diese Voraussetzungen waren vorliegend gegeben.
Es handelte sich bei den baulichen Veränderungen um mehrere tatsächlich trennbare – namentlich auf verschiedene Gewerke bezogene – Baumaßnahmen, die nach der Rechtsprechung des BGH – sofern sie jeweils in sich abgeschlossen sind – Gegenstand einzelner Mieterhöhungserklärungen sein können. Darüber waren in der Mieterhöhungserklärung die Kosten für die einzelnen Baumaßnahmen separat ausgewiesen, so dass rechnerisch nachvollzogen werden konnte, in welcher anteiligen Höhe sie jeweils in den Gesamtbetrag der Mieterhöhung eingeflossen waren.
Es widerspreche auch – so der BGH – nicht der gesetzlichen Wertung des § 559 b Abs. 1 Satz 2 BGB, dem Mieter im Fall einer teilweise aus formellen Gründen unwirksamen Mieterhöhungserklärung die Ermittlung des restlichen – zu Recht geforderten – Erhöhungsbetrags zuzumuten. Denn dem Mieter werde insoweit nicht mehr als ein einfacher Rechenvorgang abverlangt.
27.10.2020