Leitsätze:
a) Zu den formellen Anforderungen an eine Mieterhöhungserklärung nach der Durchführung von Modernisierungsmaßnahmen gemäß § 559 b BGB.
b) Bei der Beurteilung der formellen Anforderungen an eine Mieterhöhungserklärung ist zu beachten, dass das Formerfordernis nach § 559 b Abs. 1 Satz 2 BGB kein Selbstzweck ist. Vielmehr kommt es entscheidend darauf an, ob für den Mieter mit der geforderten Information – ebenso wie im Rahmen eines Mieterhöhungsverlangens nach §§ 558 ff. BGB oder auch einer Betriebskostenabrechnung nach § 556 Abs. 3 BGB – ein maßgeblicher Erkenntniswert verbunden ist.
BGH vom 23.11.2022 – VIII ZR 59/21 –
Langfassung: www.bundesgerichtshof.de [PDF, 21 Seiten]
Anmerkungen des Berliner Mietervereins
Es ging um die Frage, ob eine Mieterhöhungserklärung nach Modernisierung den formalen Anforderungen an § 559 b Absatz 1 BGB genügt. Dem Schreiben des Vermieters war eine als „Kostenzusammenstellung und Berechnung der Mieterhöhung“ bezeichnete Anlage beigefügt, die – weitgehend in tabellarischer Form – folgende Angaben enthielt:
– die durchgeführten – jeweils gemeinschaftlich genutzte Gebäudebereiche beziehungsweise alle Wohnungen gleichermaßen betreffenden – Modernisierungsmaßnahmen (hier Einbau einer Gasbrennwertzentralheizungsanlage sowie Wärmedämmung des Dachbodens und der obersten Geschossdecke)
– die hierfür jeweils angefallenen Gesamtkosten nebst separat ausgewiesenen Baunebenkosten, die von diesen Summen in Abzug zu bringenden – gegebenenfalls im Einzelnen erläuterten – Instandhaltungskosten sowie den verbleibenden umlagefähigen Modernisierungskostenanteil
– den – anhand der Wohnfläche der Wohnung der Mieterin (54,81 m²) im Verhältnis zu der Gesamtwohnfläche (8.490,77 m²) ermittelten – auf die Mieterin entfallenden Modernisierungskostenanteil sowie
– die sich daraus ergebende Berechnung der Mieterhöhung und den verlangten Betrag
Amts- und Landgericht hielten die Mieterhöhungserklärung aus formellen Gründen für unwirksam, weil der Vermieter in der Erhöhungserklärung nur die Gesamtkosten der einzelnen Modernisierungsmaßnahmen und nicht auch die Kosten der einzelnen hierzu beitragenden Gewerke angegeben hatte.
Der BGH sah das anders: Weder der Wortlaut des § 559 b Absatz 1 BGB noch der Sinn und Zweck dieser Vorschrift geböten es, dass der Vermieter in der Erhöhungserklärung die für verschiedene Modernisierungsmaßnahmen angefallenen Gesamtkosten nach einzelnen Positionen aufschlüssele; dies gelte unabhängig davon, ob die Mieterhöhung auf eine reine Modernisierungsmaßnahme oder eine sogenannte modernisierende Instandsetzung gestützt werde.
Eine Untergliederung der für eine Modernisierungsmaßnahme entstandenen Gesamtkosten in die Kosten der einzelnen Gewerke sei grundsätzlich auch dann nicht geboten, wenn sich ein bestimmtes im Zuge der Baumaßnahmen ausgeführtes Gewerk übergreifend auf mehrere Modernisierungsmaßnahmen beziehe – im Streitfall also beispielsweise Maleraufwand für die Durchführung sowohl von Dämmungs- als auch von Heizungsarbeiten entstanden sein sollte – und die Kosten dieses Gewerks daher zwecks Zuordnung zu den einzelnen Modernisierungsmaßnahmen aufgeteilt werden müssten. Denn auch in diesem Fall führe die Angabe der für die einzelnen Gewerke angefallenen Kosten nicht zu einem maßgeblichen Erkenntnisgewinn für den Mieter. Es bestehe insoweit ersichtlich kein bedeutsamer Unterschied zu den Fallkonstellationen, in denen die ausgeführten Gewerke jeweils nur eine von mehreren Modernisierungsmaßnahmen betreffen.
Vielmehr gelte insbesondere für beide Ausgangslagen gleichermaßen, dass der Mieter aus der Kostenaufschlüsselung keine tragfähigen Rückschlüsse auf einen in den Gesamtkosten für die einzelne Modernisierungsmaßnahme enthaltenen Instandsetzungsanteil ziehen könnte, weil bei einer modernisierenden Erneuerung von bestimmten Bauteilen oder Einrichtungen regelmäßig – und so auch bei dem hier als modernisierende Instandsetzungsmaßnahme ausgewiesenen Einbau einer neuen Heizungsanlage – nicht etwa einzelne Gewerke oder auch nur voneinander trennbare Arbeitsschritte für die Erhaltung einerseits und die Modernisierung andererseits anfielen, sondern die Baumaßnahme im Ganzen dazu führe, dass eine andernfalls – aktuell oder später – etwa erforderliche Erhaltungsmaßnahme (Reparatur der vorhandenen Einrichtung oder deren Ersetzung durch eine neue Einrichtung desselben Standards) entbehrlich werde.
Soweit das Berufungsgericht daneben darauf abgestellt habe, im Fall der Angabe der Kosten für die einzelnen Gewerke könne der Mieter besser erkennen, ob in die Gesamtkosten Positionen eingeflossen seien, die richtigerweise einer anderen – möglicherweise ausschließlich oder in größerem Umfang der Instandsetzung dienenden – Maßnahme zuzuordnen gewesen wären, habe es verkannt, dass die Erläuterung gemäß § 559 b Abs. 1 Satz 2 BGB nicht dazu diene, dem Mieter eine umfassende Kontrolle der inhaltlichen Richtigkeit der vom Vermieter ermittelten Mieterhöhung zu ermöglichen, sondern lediglich den Zweck erfüllen müsse, dass der Mieter den Grund und den Umfang der Mieterhöhung als plausibel nachvollziehen kann. Dieser Zweck werde durch die Angabe der Gesamtkosten für jede einzelne Modernisierungsmaßnahme hinreichend erfüllt.
Habe der Mieter Zweifel an der sachlichen Richtigkeit des vom Vermieter angegebenen Gesamtaufwands, die ohnehin auch dann noch verbleiben können, wenn der Vermieter die Gesamtkosten nach Gewerken untergliedere, stehe ihm zur Klärung ein umfassendes Auskunfts- und (Belege-)Einsichtsrecht zur Verfügung.
Festzuhalten sei daher, dass das Formerfordernis nach § 559 b Abs. 1 Satz 2 BGB kein Selbstzweck sei. Vielmehr komme es entscheidend darauf an, ob für den Mieter mit der geforderten Information – ebenso wie im Rahmen eines Mieterhöhungsverlangens nach §§ 558 ff. BGB oder auch einer Betriebskostenabrechnung nach § 556 Abs. 3 BGB – ein maßgeblicher Erkenntniswert verbunden sei. Dies sei aber im Hinblick auf die Kosten für die einzelnen zu einer bestimmten Modernisierungsmaßnahme beitragenden Gewerke nicht der Fall.
22.02.2023