Leitsatz:
Die für vergleichbare Sachen ortsübliche Miete, die der Vermieter gemäß § 546 a Abs. 1 Alt. 2 BGB für die Dauer der Vorenthaltung der Mietsache verlangen kann, wenn der Mieter diese nach Beendigung des Mietverhältnisses nicht zurückgibt, ist bei beendeten Wohnraummietverträgen nicht nach Maßgabe der auf laufende Mietverhältnisse zugeschnittenen Regelung über Mieterhöhungen bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete (§ 558 Abs. 2 BGB), sondern anhand der bei Neuabschluss eines Mietvertrages über die Wohnung ortsüblichen Miete (Marktmiete) zu bestimmen.
BGH vom 18.1.2017 – VIII ZR 17/16 –
Langfassung: www.bundesgerichtshof.de [PDF, 10 Seiten]
Anmerkungen des Berliner Mietervereins
Zieht der Mieter nach Beendigung des Mietverhältnisses nicht aus, muss er nach § 546 a BGB seinem Vermieter eine Nutzungsentschädigung zahlen. Der Vermieter kann entweder die zuletzt vereinbarte Miete fordern oder die für vergleichbare Objekte ortsübliche Miete. Er kann seinen Anspruch auf eine Nutzungsentschädigung in Höhe der vereinbarten oder, sofern diese höher ist, der ortsüblichen Miete auch ohne vorherige Ankündigung rückwirkend geltend machen.
In vorliegendem Rechtsstreit ging es darum, was „ortsüblich“ im Sinne des § 546 a BGB ist. Das Mietverhältnis endete hier durch eine zum 30. Oktober 2011 erklärte wirksame Eigenbedarfskündigung des Vermieters. Aber erst zum 15. April 2013 gaben die Mieter das gemietete Einfamilienhaus zurück. Bis dahin entrichteten sie die vertraglich geschuldete Miete in Höhe von monatlich 944,52 Euro nebst 102,39 Euro Heizkostenvorauszahlung.
Der Vermieter verlangte eine weitergehende Nutzungsentschädigung nach Maßgabe der für das Mietobjekt ortsüblichen Neuvertragsmiete, insgesamt 7300,37 Euro nebst Zinsen.
Der BGH gab dem Vermieter Recht. Der Mieter muss die Differenz zur Marktmiete zahlen. Diese sei gegebenenfalls durch Sachverständigengutachten zu ermitteln. Die ortsübliche Miete bemesse sich anhand der bei Neuabschluss eines Mietvertrages ortsüblichen Miete (Marktmiete). Nicht maßgeblich sei hingegen die ortsübliche Vergleichsmiete gemäß § 558 Abs. 2 BGB, die aus den in den letzten vier Jahren vereinbarten oder geänderten Mieten ermittelt werde („Mietspiegelmiete“). Unerheblich sei es dabei, dass der Vermieter die Wohnung nicht neu vermieten, sondern wie im Fall der hier erklärten Eigenbedarfskündigung selbst nutzen wolle.
§ 546 a BGB bezwecke nämlich, den Druck auf den Mieter zur Rückgabe der Mietsache zu erhöhen. Dieser Druck wäre beeinträchtigt, wenn sich der Mieter noch in der Vorenthaltungszeit darauf berufen könnte, dass die für vergleichbare Sachen ortsübliche Miete wie in einem noch laufenden Mietverhältnis unter Berücksichtigung des in § 558 Abs. 2 Satz 1 BGB vorgesehenen vierjährigen Bezugszeitraums zu bestimmen sei, oder dass der Vermieter die Mietsache selbst nutzen wolle.
In Städten – wie Berlin –, in denen die sogenannte Mietpreisbremse nach § 556 d ff. BGB gilt, darf die Marktmiete höchstens zehn Prozent über der Vergleichsmiete liegen.
28.03.2022