Leitsätze:
a) Das Grundbuchamt darf den Vollzug einer Teilungserklärung im Grundbuch nicht deshalb verweigern, weil dem teilenden Eigentümer die Begründung von Wohnungs- oder Teileigentum im Hinblick auf einen Beschluss über die Aufstellung einer Erhaltungsverordnung gemäß § 15 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 172 Abs. 2 BauGB vorläufig untersagt worden ist; dabei kommt es nicht darauf an, ob die vorläufige Untersagung im Grundbuch eingetragen ist.
b) Die vorläufige Untersagung der Begründung von Wohnungs- oder Teileigentum gemäß § 15 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 172 Abs. 2 BauGB ist zivilrechtlich als behördliches Veräußerungsverbot im Sinne von § 136 BGB anzusehen.
BGH vom 19.12.2019 – V ZB 145/18 –
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Anmerkungen des Berliner Mietervereins
Die Wohnung liegt im jetzigen sogenannten Milieuschutzgebiet „Schöneberger Süden“. Der Beschluss über die Aufstellung der Erhaltungsverordnung wurde durch das Bezirksamt am 2. Juni 2017 gefasst. Mit Bescheid vom 31. Juli 2017 sprach das Bezirksamt gegenüber dem Eigentümer des Grundstücks gemäß § 15 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 172 Abs. 2 BauGB eine vorläufige Untersagung der Begründung von Wohnungs- und Teileigentum auf dem Grundstück aus. Hierüber setzte es das Grundbuchamt in Kenntnis.
Der Antrag des Eigentümers auf „Umwandlung“ ging am 8. Februar 2018 beim Grundbuchamt ein.
Die Erhaltungssatzung trat am 10. März 2018 in Kraft.
Es ging um die Frage, ob das Grundbuchamt die „Umwandlung“ eintragen darf oder es hierzu der Genehmigung durch das Bezirksamt bedarf.
Vor Inkrafttreten einer Erhaltungssatzung ist die Aufteilung des Grundstücks nicht genehmigungsbedürftig, und eine Grundbuchsperre gemäß § 172 Abs. 1 Satz 6 i.V.m. § 22 Abs. 6 BauGB besteht nicht.
Der BGH hatte hier aber zu entscheiden, ob die vorläufige Untersagung der Begründung von Wohnungseigentum ein anderes Ergebnis rechtfertige, das heißt, ob die Zustimmung des Bezirksamtes für die Grundbucheintragung auch in diesem Falle erforderlich sei.
Der BGH verneint dies, weil die vorläufige Untersagung der Begründung von Wohnungs- oder Teileigentum gemäß § 15 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 172 Abs. 2 BauGB zivilrechtlich „nur“ als behördliches Veräußerungsverbot im Sinne von § 136 BGB anzusehen sei, welches keine Grundbuchsperre begründe.
Gemäß § 136 BGB stehe ein von einer Behörde innerhalb ihrer Zuständigkeit erlassenes Verfügungsverbot einem gesetzlichen Veräußerungsverbot im Sinne von § 135 BGB zum Schutz bestimmter Personen – wie es § 172 Abs. 1 Satz 5 BauGB in dem Einzugsbereich einer Erhaltungssatzung anordnet – gleich. Das relative Verfügungsverbot bewirke grundsätzlich keine Grundbuchsperre; vielmehr sei auch eine verbotswidrige Verfügung in das Grundbuch einzutragen. Verstoße eine Rechtsänderung gegen eine Veräußerungsbeschränkung im Sinne von § 135 BGB, sei die in das Grundbuch eingetragene Rechtsänderung nur in dem Verhältnis zu dem Verbotsgeschützten (hier: das Bezirksamt) unwirksam. Dieser könne sich auf die relative Unwirksamkeit gemäß §§ 888, 883 Abs. 2 BGB berufen und die Löschung der Rechte verlangen.
Da der Gesetzgeber in § 172 Abs. 1 Satz 5 BGB ausdrücklich angeordnet habe, dass das durch Rechtsverordnung für den Einzugsbereich einer Erhaltungssatzung bestimmte Verbot, Wohnungs- oder Teileigentum zu begründen, ein gesetzliches Veräußerungsverbot im Sinne von § 135 BGB darstelle, also nur im Verhältnis zu der Gemeinde zur Unwirksamkeit führe, könne für die vorläufige Sicherung dieses Interesses nichts anderes gelten.
Infolgedessen entstehe zwar die Gefahr, dass ein Dritter das verbotswidrig entstandene Wohnungs- oder Teileigentum gemäß §§ 136, 135 Abs. 2 i.V.m. § 892 Abs. 1 Satz 2 BGB gutgläubig von dem Eigentümer erwirbt mit der Folge, dass die Beschränkung dem Erwerber gegenüber unwirksam sei und die Erhaltungsziele der Gemeinde (hier: des Bezirks) unterlaufen würden. Zur Verhinderung eines solchen Erwerbs könne das Verfügungsverbot aber – wie alle relativen Verfügungsbeschränkungen – auf Antrag durch Eintragung in das Grundbuch gesichert werden.
Das Grundbuch wird durch den Vollzug der Aufteilung durch Anlegung der Wohnungsgrundbücher (§ 8 Abs. 2 Satz 2 WEG) nicht unrichtig. Unrichtig ist das Grundbuch nur, wenn der Buchinhalt im Sinne von § 894 BGB beziehungsweise § 22 Abs. 1 GBO von der wirklichen materiellen Rechtslage abweicht. Durch die Eintragung eines gegenüber dem Verbotsgeschützten unwirksamen Rechts wird das Grundbuch aber nicht in diesem Sinne unrichtig.
Nach alledem hinderte die vorläufige Untersagung vom 31. Juli 2017 die Vollziehung der Teilungserklärung nicht. Zwar verstoße der Eigentümer mit der Teilungserklärung gegen die vorläufige Untersagung der Begründung von Wohnungseigentum. Die Aufteilung sei aber nur dem Bezirksamt gegenüber unwirksam; daher könne nur (aber immerhin!) das Bezirksamt gegen die Aufteilung vorgehen.
21.04.2020