Leitsatz:
Die Verjährung von Ansprüchen des Vermieters beginnt nach § 548 Abs. 1 BGB mit dem Zeitpunkt, in dem er die Mietsache zurückerhält. Das setzt grundsätzlich zum einen eine Änderung der Besitzverhältnisse zugunsten des Vermieters voraus. Zum anderen ist eine vollständige und unzweideutige Besitzaufgabe des Mieters erforderlich.
BGH vom 27.2.2019 – XII ZR 63/18 –
Langfassung: www.bundesgerichtshof.de [PDF, 10 Seiten]
Anmerkungen des Berliner Mietervereins
Die Parteien stritten über die korrekte Berechnung der sechsmonatigen Verjährungsfrist nach § 548 Abs. 1 BGB für Schadenersatzansprüche des Vermieters. Der Mieter hatte das Mietverhältnis zum 30.9.2012 gekündigt. Am 9.11.2012 bot er per Anwaltsschreiben die Rückgabe der Mieträume ab sofort an und schlug einen Termin vor Ort vor, um sich über die Einbauten und deren eventuelle Übernahme durch die Vermieterin abzustimmen. Nach einer Besichtigung am 14.12.2012 teilte die Vermieterin mit, welche Einbauten noch zurückgebaut und welche Instandsetzungsmaßnahmen vom Mieter noch durchgeführt werden müssen. Nachdem diese Arbeiten durchgeführt waren, gab der Mieter das Objekt am 8.2.2013 an die Vermieterin zurück und händigte die Schlüssel aus. Anschließend forderte die Vermieterin weitere Mängelbeseitigungsarbeiten, die der Mieter am 13.6.2013 endgültig ablehnte. Am 8.7.2013 erhob die Vermieterin Klage, die am 1.8.2013 zugestellt wurde.
Der Mieter – und die Vorinstanz – meinte, die Vermieterin habe sich aufgrund seines Schreibens vom 9.11.2012 im Verzug mit der Rücknahme der Mietsache befunden. Dieser Annahmeverzug habe den Lauf der kurzen Verjährungsfrist gemäß § 548 Abs. 1 BGB ausgelöst, so dass die Verjährungsfrist bei Klageerhebung am 8.7.2013 bereits abgelaufen gewesen sei.
Der BGH folgte dieser Ansicht nicht. Die Verjährung der von der Vermieterin erhobenen Ansprüche habe erst mit dem Ablauf des 8.2.2013 begonnen, denn erst an diesem Tag habe die Vermieterin die Räume nebst Schlüssel zurückerhalten. Das Schreiben vom 9.11.2012, mit dem der Mieter die sofortige Rückgabe angeboten hatte, ändert hieran nichts. Die Vermieterin müsse sich nicht so behandeln lassen, als habe sie die Mietsache bereits zu diesem Zeitpunkt zurückerhalten.
Zwar sei im Schreiben des Mieters vom 9.11.2012 von einer Rückgabe ab sofort die Rede. Eine vorbehaltlose Besitzaufgabe sei damit jedoch nicht gemeint gewesen, wie sich aus dem weiteren Inhalt des Schreibens ergebe. Da der Mieter eine nähere Abstimmung mit der Vermieterin wegen der Einbauten begehrte, könne diesem Schreiben nicht entnommen werden, dass der Mieter die Sachherrschaft über die Räume schon vor Klärung dieser Fragen vollständig und endgültig aufgeben wollte.
Auch bei den Terminen im Dezember 2012, die schließlich in Arbeiten durch den Mieter mündeten, habe die Vermieterin die Räume noch nicht endgültig zurückerhalten. Erst durch die Übergabe am 8.2.2013 habe die Vermieterin Alleinbesitz erlangt, durch den sie sich ungestört ein umfassendes Bild vom Zustand der Mietsache machen konnte. Die Klage wurde damit innerhalb der sechsmonatigen Verjährungsfrist erhoben, so dass die Verjährung gehemmt wurde.
23.09.2019