Leitsatz:
Eine Kündigung wegen Eigenbedarfs kann auch dann vorgeschoben sein, wenn ein Vermieter seit längerem Verkaufsabsichten hegt und der von ihm benannten Eigenbedarfsperson den Wohnraum in der – dieser möglicherweise nicht offenbarten – Erwartung zur Miete überlässt, diese im Falle eines doch noch gelingenden gewinnbringenden Verkaufs ohne Schwierigkeiten zum Auszug bewegen zu können.
BGH vom 10.5.2016 – VIII ZR 214/15 –
Langfassung: www.bundesgerichtshof.de [PDF, 11 Seiten]
Anmerkungen des Berliner Mietervereins
Die Mieter zogen aufgrund eines vor Gericht geschlossenen Räumungsvergleichs am 31.7.2012 aus, der Neffe des Vermieters zog ein. Im April 2013 wurde das Haus aber bereits wieder verkauft – unvermietet. Die Vorinstanzen hatten die Schadensersatzklage des Mieters über rund 62.000 Euro wegen vorgetäuschten Eigenbedarfs abgewiesen – nicht zuletzt deshalb, weil der Neffe des Vermieters, so wie in der Eigenbedarfskündigung beschrieben, tatsächlich in das vermietete Einfamilienhaus – wenn auch nur für einen kurzen Zeitraum – eingezogen war. Der Bundesgerichtshof hob die Entscheidung der Vorinstanz auf und verwies die Rechtssache zurück an das Landgericht. Der Sachverhalt sei nicht abschließend aufgeklärt, auf die Argumentation des Mieters sei das Gericht bisher nicht ausreichend eingegangen. Geklärt werden müsse insbesondere die Frage, ob der Eigenbedarf für den Neffen des Vermieters tatsächlich bestand oder nur vorgeschoben wurde. Die Mieter hatten behauptet, dem Vermieter sei es jahrelang nur darum gegangen, die Immobilie gewinnbringend, das heißt leerstehend, zu verkaufen. Seit 2008 sei das Haus zum Verkauf angeboten worden, ein Makler habe auch noch nach Ausspruch der Eigenbedarfskündigung versucht, das Haus zu verkaufen und so weiter. Der Bundesgerichtshof hielt es für möglich, dass der Vermieter die Vermietung an seinen Neffen nur vorgenommen habe, weil er davon ausging, diesen im Falle eines doch noch gelingenden gewinnbringenden Verkaufs ohne Schwierigkeiten zum Auszug bewegen zu können. Auch ein solches Verhalten wäre ein vorgetäuschter Eigenbedarf, ein Schadensersatzanspruch stünde dem Mieter zu.
29.03.2022