Es gibt die Problematik nicht mehr.
Stand: 1/02
Insbesondere weil es im steuerbegünstigten Wohnungsbau (sogenannter „Ehemaliger 2. Förderweg“) keine Anschlussförderung wie im klassischen Sozialen Wohnungsbau gibt, stellt sich bei Auslaufen der öffentlichen Förderung die Frage, ob der Vermieter (bei entsprechender mietvertraglicher Vereinbarung) den gesamten aus dem Wegfall der Aufwendungshilfen resultierenden Erhöhungsbetrag als Mieterhöhung auf die Mieter abwälzen darf (Kostenmiete nach § 10 WoBindG) oder ob er auf das Mietpreisrecht des BGB, insbesondere auf § 558 BGB mit der Bindung an Vergleichsmiete und Kappungsgrenze, beschränkt ist.
Ein Beispiel [in DM] mag die wirtschaftliche bzw. soziale Dimension des Problems verdeutlichen:
In einem Mietvertrag ist vereinbart, dass die Kostenmiete (Stand 1984) von 29,96 DM durch Aufwendungszuschüsse (A und B) und Aufwendungsdarlehen (C und D) auf eine Bewilligungsmiete von 9,96 DM „heruntersubventioniert“ wird. Es ist ferner vereinbart, wie sich der Großteil dieser Aufwendungshilfen degressiv im Laufe der Jahre um jährlich circa 0,25 bis 1,00 DM pro qm reduziert. Bei jeder dieser Reduzierungen steigen die laufenden Aufwendungen des Vermieters insoweit. Diese gestiegenen laufenden Aufwendungen konnte der Vermieter während des Zeitraums der Zweckbestimmung der Wohnung als Mieterhöhung nach § 10 WoBindG an den Mieter weitergeben. Interessant ist aber vor allem folgender Passus im Mietvertrag: „Der Aufwendungszuschuss A in Höhe von DM 6,00 je qm Wohnfläche und Monat bleibt über den Zeitraum von 15 Jahren unverändert und fällt dann weg.“ Dies wirft die Frage auf, ob diese auf einen Schlag wegfallenden Aufwendungszuschüsse am Ende des Zeitraums der Zweckbestimmung der Wohnung als Erhöhung der laufenden Aufwendungen des Vermieters in Form einer Mieterhöhung gemäß § 10 WoBindG an den Mieter weitergegeben werden können oder nicht.
Eine derart erhebliche Mieterhöhung wie in unserem Beispiel – zumal auf einen Mietzins, der wegen des degressiven Förderungsabbaus in den letzten Jahren ohnehin in der Regel weit über 8,00 Euro pro qm liegt – würde die meisten Mieter zur Aufgabe ihrer Wohnung zwingen. Darüber hinaus würde in vielen Fällen eine derart erhöhte Miete, die ja nichts anderes als die Kostenmiete darstellt, über der am Wohnungsmarkt bei Neuvermietung zu erzielenden Miete liegen – ein weiterer Grund, „freiwillig“ die Wohnung zu wechseln.
Die Antwort auf unsere Frage fällt unterschiedlich aus, je nachdem welche der zwei grundsätzlich möglichen Sachverhaltsalternativen (siehe unten Punkt 1 und Punkt 2) vorliegt.
Anknüpfungspunkt für die Problemlösung ist der Begriff der „Zweckbestimmung“. Während der Zweckbestimmung der Wohnung unterliegt sie dem Kostenmietrecht (§ 88 b II. WoBauG). Pergande (in Wohnungsbaurecht, § 88 a, Anm. 4) schreibt dazu: „Diese Zweckbestimmung knüpft nicht wie im öffentlich geförderten Wohnungsbau an die Laufzeit eines Aufwendungsdarlehens bzw. an den Förderungszeitraum durch öffentliche Zuschüsse an (vgl. §§ 15 bis 17 WoBindG). Vielmehr ist die Zweckbestimmung bei den nach § 88 des II. WoBauG geförderten Wohnungen gemäß § 88 a Abs. 2 im Bewilligungsbescheid zu befristen. Die Befristung sollte nach der früheren Fassung des § 88 a Abs. 2 für einen Zeitraum erfolgen, der zwei Jahre nach Ablauf des Zeitraumes endet, für den sich durch die Gewährung der Förderungsmittel die laufenden Aufwendungen vermindern. Durch das am 1. Mai 1980 in Kraft getretene WoBauÄndG 1980 (BGBl. I S. 159) ist die Zweijahresfrist in § 88 a Abs. 2 gestrichen worden. Bei Bewilligungen, die nach dem 30. April 1980 erfolgt sind, ist demzufolge die Zweckbestimmung nur noch auf den Zeitraum zu befristen, für den sich durch die Gewährung der Mittel die laufenden Aufwendungen vermindern.“
Es sind somit folgende zwei Alternativen zu unterscheiden:
- Alternative 1: Der Bewilligungsbescheid der WBK erging vor dem 1.5.1980, so dass die alte Fassung des § 88 a Abs. 2 des II. WoBauG Anwendung findet.
- Alternative 2: Der Bewilligungsbescheid der WBK erging nach dem 1.5.1980, so dass die neue Fassung des § 88 a Abs. 2 II. WoBauG Anwendung findet. Bei dieser Alternative sind wiederum drei weitere Unteralternativen zu unterscheiden (2.1. bis 2.3.)
1. Der Bewilligungsbescheid der WBK erging vor dem 1.5.1980
Bei dieser Sachverhaltslage ist die alte Fassung des § 88 a Abs. 2 des II. WoBauG anzuwenden. Hiernach hat die Bewilligungsstelle (WBK) die Zweckbestimmung der Wohnung auf einen Zeitraum zu befristen, der zwei Jahre nach Ablauf des Zeitraums endet, für den sich durch die Gewährung der Mittel die laufenden Aufwendungen vermindern.
Dieses Mieterhöhungsrecht wird selbstverständlich nicht durch die sich aus dem Mietspiegel oder aus der Kappungsgrenze des § 558 BGB ergebenden Grenzen beschränkt (vgl. LG Berlin GE 91, 291). Das LG Berlin – ZK 64 – (GE 93, 203) verlangt allerdings für eine Mieterhöhung nach § 10 WoBindG zusätzlich die mietvertragliche Vereinbarung der jeweils zulässigen Kostenmiete. Dieses Erfordernis erscheint jedoch nicht einsichtig, da gemäß § 10 WoBindG dem Vermieter immer dann ein einseitiges Mieterhöhungsrecht zusteht, wenn die gezahlte Miete die laufenden Aufwendungen nicht deckt.
Die Bestandskraft der vor dem 1.5.1980 ergangenen Bewilligungsbescheide der WBK wird im Übrigen durch die im Jahre 1980 erfolgte Gesetzesänderung des § 88 a Abs. 2 II. WoBauG nicht berührt (LG Berlin – ZK 61 – GE 90, 1311; LG Berlin – ZK 65 – GE 91, 291; LG Berlin – ZK 64 – GE 93, 203; KG WuM 91, 530).
2. Der Bewilligungsbescheid der WBK erging nach dem 1.5.1980
Bei diesen Bewilligungsbescheiden ist die Zweckbestimmung der Wohnung auf den Zeitraum befristet, für den sich durch die Gewährung der Mittel die laufenden Aufwendungen vermindern. Das heißt, es gibt keine „Nachwirkungsfrist“, die Zweckbestimmung endet mit Ende der Bewilligung der öffentlichen Förderung. Nach Ablauf der öffentlichen Förderung ist damit aber auch die Anwendung des Kostenmietrechts ausgeschlossen (vgl. § 88 b Abs. 1 des II. WoBauG).
Hierbei sind grundsätzlich drei Sachverhaltsvariationen denkbar:
2.1 Mangels anderweitiger vertraglicher Vereinbarungen gilt von Gesetzes wegen das BGB.
Hierbei hat er die
- Vergleichsmiete einzuhalten (§ 558 Abs. 2 BGB),
- die Kappungsgrenze (§ 558 Abs. 3 BGB) und
- die Jahressperrfrist (§ 558 Abs. 1 BGB) zu berücksichtigen
(siehe hierzu Info Nr. 19 und Info Nr. 20).
Bei der Berechnung der Kappungsgrenze und der Jahressperrfrist ist zu beachten, dass diese von der Ausgangsmiete bzw. vom Ausgangszeitpunkt, welche in die Zeit der Preisbindung hinein ragen, zu berechnen sind (vgl. für die Kappungsgrenze: BayObLG WuM 84, 48; OLG Hamm WuM 90, 333; für die Einjahressperrfrist: LG Köln WuM 94, 16 m.w.N.).
2.2 Die Kostenmiete ist für den Zeitraum nach Wegfall der Zweckbestimmung vertraglich vereinbart.
Im Hinblick auf den Gesetzeswortlaut erscheint eine solche Vereinbarung als Verstoß gegen § 557 Abs. 1 BGB möglicherweise unwirksam. Jedoch hat das Kammergericht in einem negativen Rechtsentscheid (GE 91, 345 = WuM 91, 155) in nebulösen Formulierungen die Wirksamkeit einer solchen Abrede angenommen: Danach sei vorliegende Konstruktion gar keine „Mieterhöhung im Sinne des § 557 Abs.1 BGB“.
Diese Auffassung des Kammergerichts ist jedoch abzulehnen, da sie der ratio legis des § 557 Abs. 1 BGB widerspricht (vgl. hierzu auch OLG Stuttgart NegReMiet WuM 89, 552). Beuermann (GE 94, 484) hat überzeugend dargelegt, dass der Vermieter aus einer solchen vertraglichen Vereinbarung kein Recht zur Mieterhöhung ableiten kann. Im Ergebnis anderer Ansicht als das Kammergericht ist auch das LG Berlin – ZK 66 – GE 90, 821.
Hinweis: Die hier zitierte Rechtsprechung erging zu § 10 Abs. 1 MHG, dem Rechtsvorgänger des § 557 Abs. 1 BGB.
2.3 Es ist eine Staffelmiete gemäß § 557 a BGB mietvertraglich vereinbart.
Die Staffelmietvereinbarung soll hierbei nach dem Willen des Vermieters prognostizierend in etwa die Kostenmietentwicklung widerspiegeln und soll für den Zeitraum nach Wegfall der Zweckbestimmung gelten.
So schließt die Staffelmiete die Abwälzung anderer als die voraussehbaren Steigerungen der laufenden Aufwendungen aus (vgl. zu der Problematik auch LG Berlin – ZK 66 – in GE 90, 823).
Tatsache ist, dass wirksame Staffelmietvereinbarungen bei der hier interessierenden Sachverhaltskonstellation wohl nur äußerst selten anzutreffen sein werden.
Zusammenfassendes Ergebnis:
Die Befristung der Zweckbestimmung einer steuerbegünstigten Wohnung entscheidet über das mietpreisrechtliche Schicksal der Wohnung nach Auslaufen der öffentlichen Förderung. Hierbei ist entscheidend, welche Fassung des § 88 a Abs. 2 des II. WoBauG anwendbar ist. Für Mietverhältnisse, die der neuen Fassung des § 88 a Abs. 2 des II. WoBauG unterliegen, regelt sich das Mieterhöhungsverfahren nach Auslaufen der öffentlichen Förderung ausschließlich nach dem BGB. Die mietvertragliche Vereinbarung der Kostenmiete für den Zeitraum nach Aufhebung der Preisbindung ist unwirksam.
07.11.2017