Stand: 1/22
Normalerweise kann ein Mietvertrag nur insgesamt beendet werden. Der Vermieter hat z. B. nicht das Recht, einzelne Räume, die der Mieter zusammen mit der Wohnung angemietet hat, separat zu kündigen.
Der Vermieter kann auch nicht einzelne Zimmer einer Wohnung mit 17 Räumen wegen Eigenbedarfs kündigen (BVerfG WuM 94, 127). Teilkündigungen sind grundsätzlich unzulässig (OLG Karlsruhe RE WuM 97, 202). Eine Ausnahme hält der BGH allenfalls für denkbar, wenn Mieterinteressen durch die Vermieterkündigung nicht ernsthaft betroffen werden. Auch wenn Wohnung und Garagen/Stellplätze zusammen vermietet sind, kann die Garage nicht einzeln gekündigt werden (BGH NJW 2012, 224; AG Schwelm WuM 2017, 188: selbst dann nicht, wenn eine Formularklausel ein gesondertes Kündigungsrecht vorsieht). Zum Thema „Garagenkündigung“ siehe aber auch unser Info Nr. 93.
Es gibt aber eine gesetzliche Ausnahme von dem Verbot der Teilkündigung nach § 573 b BGB: Der Vermieter darf „nicht zum Wohnen bestimmte Nebenräume“, das sind beispielsweise mitvermietete Speicher- oder Kellerräume, Waschküchen, Abstellräume usw., oder Teile eines Grundstücks, z.B. Vorgärten und Stellplätze, einzeln kündigen. Voraussetzung ist, dass der Vermieter die Nebenräume oder die Grundstücksteile dazu verwenden will, Mietwohnungen zu schaffen, etwa durch Dachgeschossausbau, oder die Nebenräume den anderen Mietern oder den neuen Mietern des Hauses anbieten will. Im Rahmen der Teilkündigung muss der Vermieter nachvollziehbar darlegen, dass eine konkrete Bauabsicht besteht und das beabsichtigte Bauvorhaben zulässig ist (LG Berlin NZM 98, 328). Die Teilkündigung ist unwirksam, wenn der Vermieter nicht bis zum Ablauf der Kündigungsfrist die baurechtliche Zulässigkeit seines Bauvorhabens nachweist (AG Hamburg WuM 98, 348).
Diese neuen Wohnungen müssen vermietet werden, es reicht nicht aus, wenn der Vermieter Eigentumswohnungen errichten oder selbst in diese Räume einziehen will (LG Stuttgart WuM 92, 24 – bestätigt durch BVerfG WuM 92, 47). Dagegen meint das LG Marburg (ZMR 92, 304 – bestätigt durch BVerfG WuM 92, 228), der Vermieter könne auch selbst einziehen, da er seine bisherige Wohnung zur anderweitigen Vermietung frei mache. Wenn der Vermieter aber nur seine bisherige Wohnung verkauft und die neu zu errichtende Wohnung selbst nutzen will, soll das nicht ausreichen (LG Duisburg NJW-RR 96, 118).
Nicht zulässig ist die Teilkündigung z. B. des Dachbodens, wenn der Vermieter die Räume oder Dachflächen weiterverkaufen will und erst der Erwerber dort Wohnraum für sich schaffen will (LG Berlin NZM 1998, 328; AG Hamburg WuM 2004, 234). Auch unzulässig ist eine Teilkündigung, wenn der Vermieter einen einheitlichen Mietvertrag über Wohnung und Garage abgeschlossen hat und die Garage später verkauft (LG Köln WuM 2004, 614).
Die Kündigungsfrist beträgt bei einer derartigen Teilkündigung grundsätzlich 3 Monate. Eine gestaffelte Kündigungsfrist je nach Wohndauer gibt es nicht. Bei Zeitmietverträgen ist eine Teilkündigung nicht zulässig.
Dem Mieter stehen gegenüber einer derartigen Teilkündigung die Rechte nach der Sozialklausel zu. Eine Härte kann möglicherweise darin liegen, dass der Mieter die Nebenräume bislang als Abstellfläche, Trockenraum usw. benutzt hat und der Vermieter keine Ersatzräume anbietet.
Muss der Mieter einen Nebenraum oder Grundstücksteile räumen, steht ihm eine angemessene Herabsetzung der Miete zu. Die Herabsetzung muss er ausdrücklich vom Vermieter verlangen, sie tritt – anders als die Mietminderung – nicht kraft Gesetzes ein. Dabei kann man sich an dem früheren Nutzwert des Raumes orientieren (LG Köln WuM 93, 670; AG Walsrode WuM 92, 616) bzw. an den Mietminderungssätzen, die Gerichte festgelegt haben, wenn derartige Räume nicht genutzt werden können.
Beispiele aus der Rechtsprechung:
- Kündigung des Trockenraumes: 2 % (LG Saarbrücken WuM 96, 468)
- Entzug des Dachbodens: 4 % (AG Hannover v. 7.11.86 – 511 C 19260/85 -)
- Entzug des Kellers: 10 % (AG Köln WuM 81, U 19)
- Die Minderung bei Entzug von Gemeinschaftswaschmaschine und -trockner bemißt sich an den Nachteilen außerhäusigen Wäschewaschens (AG Osnabrück WuM 90, 147)
Der Gesetzeswortlaut
§ 573 b BGB
Teilkündigung des Vermieters
(1) Der Vermieter kann nicht zum Wohnen bestimmte Nebenräume oder Teile eines Grundstücks ohne ein berechtigtes Interesse im Sinne des § 573 kündigen, wenn er die Kündigung auf diese Räume oder Grundstücksteile beschränkt und sie dazu verwenden will,
1. Wohnraum zum Zwecke der Vermietung zu schaffen oder
2. den neu zu schaffenden und den vorhandenen Wohnraum mit Nebenräumen oder Grundstücksteilen auszustatten.
(2) Die Kündigung ist spätestens am dritten Werktag eines Kalendermonats zum Ablauf des übernächsten Monats zulässig.
(3) Verzögert sich der Beginn der Bauarbeiten, so kann der Mieter eine Verlängerung des Mietverhältnisses um einen entsprechenden Zeitraum verlangen.
(4) Der Mieter kann eine angemessene Senkung der Miete verlangen.
(5) Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist unwirksam.
30.06.2023