Stand: 11/16
Wohnungen nach dem sogenannten Bauherren-Modell sind aus Steuerersparnisgründen errichtet worden. Hier – aber nicht nur hier – findet sich häufig folgende (für Mieter nachteilige) Rechtskonstruktion:
Der Eigentümer vermietet an eine gewerbliche Vermietungsgesellschaft. Die Gesellschaft wiederum schließt Mietverträge mit den Wohnungsmietern ab. Rechtlich gesehen ist die Vermietungsgesellschaft Hauptmieter, der Wohnungsmieter nur Untermieter. Zwischen Eigentümer und Wohnungsmieter besteht kein Mietverhältnis. Nach dem reinen Gesetzeswortlaut hat der Mieter hier zwar Kündigungsschutz gegenüber seinem Zwischenvermieter, nicht aber gegenüber dem Eigentümer. Konsequenz: Lief der Mietvertrag zwischen Eigentümer und Vermietungsgesellschaft aus oder ging die Vermietungsgesellschaft pleite, stand der Wohnungsmieter schlecht da; denn sein Mietvertrag ging nicht automatisch auf den Eigentümer oder einen eventuellen neuen Zwischenvermieter über (BGH v. 22.5.1989 – VIII ZR 192/88 -).
Vergleichbar ist es, wenn der Zwischenmieter ein Arbeitgeber ist und der Eigentümer ihm gegenüber das Recht hat, auf den Inhalt des Endmietvertrages sowie die Auswahl des Endmieters (Arbeitnehmers) Einfluss zu nehmen (BayObLG v. 30.8.1995 – REMiet 6/94 -).
Schutz des Endmieters nach § 565 BGB
Seit dem 1.9.1993 gibt es die gesetzliche Regelung für all die Fälle, in denen der Zwischenvermieter nach dem Inhalt des Mietvertrages die Wohnung gewerblich an einen Dritten – also den Wohnungsmieter – weitervermieten soll. Endet hier das Mietverhältnis zwischen Eigentümer (Vermieter) und Zwischenvermieter, bestehen dabei drei Möglichkeiten:
- Der Eigentümer tritt anstelle des Zwischenvermieters in den Mietvertrag ein.
- Der Eigentümer schaltet nahtlos einen neuen gewerblichen Zwischenvermieter ein.
- Der Eigentümer tritt zunächst selbst in den Mietvertrag ein und schaltet erst später einen neuen Zwischenvermieter ein, der dann das Mietverhältnis weiter fortsetzt.
Für alle Varianten gilt: Es besteht kein Recht, den Mietvertrag darüber hinaus abzuändern. Die bisherigen Rechte und Pflichten bleiben – wie sonst bei einem Eigentümerwechsel auch (siehe BMV-Info Nr. 27) – unverändert. Kündigt der Eigentümer dem Zwischenvermieter wegen Eigenbedarfs, gelten diese Kündigungsgründe gegenüber dem Endmieter nicht. Der Zwischenvermieter muss vielmehr selbst einen Kündigungsgrund haben (instruktiv: OLG Stuttgart v. 7.5.1993 – 8 REMiet 2/93 -).
Der Ersteher einer Wohnung in der Zwangsversteigerung (siehe BMV-Info Nr. 46) kann von einem (Zwischen-)Mieter, der die Eigentumswohnung im Rahmen einer gewerblichen Weitervermietung an einen Endmieter zu Wohnzwecken vermietet hat, trotz Wirksamkeit der auf § 57 a ZVG beruhenden Kündigung nicht Räumung und Herausgabe verlangen, weil der Endmieter wegen § 565 BGB unbeschadet dieser Kündigung zu Besitz und Nutzung berechtigt bleibt (BGH v. 30.10.2013 – XII ZR 113/12).
565 BGB findet aber nur dann Anwendung, wenn der die Wohnung selbst nutzende Mieter gegenüber seinem Vermieter den Kündigungsschutz des sozialen Mietrechts genießt. Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt bei Asylbewerbern, die allein das Mietobjekt zu Wohnzwecken nutzen; mit ihnen werden keine Mietverträge abgeschlossen, sondern ihnen wird die Unterkunft nach § 3 I 1 AsylbLG als Sachleistung gewährt (BGH v. 3.2.1999 – XII ZR 308/96 -).
2. Zwischenvermietung durch Betreuungsvereine u.ä.
Nach wie vor gibt es aber Fälle, in denen der Kündigungsschutz entfällt. Denn wenn Wohnraum an einen karitativ tätigen gemeinnützigen Verein vermietet wird und dieser die Wohnungen an von ihm betreute Personen oder eigene Mitarbeiter weitervermietet, haben die Endmieter gegenüber dem Eigentümer keinen Kündigungsschutz. Scheidet der Verein als Zwischenmieter aus, tritt der Eigentümer nicht in die Mietverträge mit den Endmietern ein (BayObLG v. 28.7.1995 – REMiet 4/94 -; BGH v. 3.7.1996 – VIII ZR 278/95 -).
Im vom BGH entschiedenen Fall war der Zwischenmieter ein gemeinnütziger Verein, der nach seiner Satzung Jugendliche und Heranwachsende aus zerrütteten Elternhäusern berät und sie bei gleichzeitiger Betreuung durch einen Sozialarbeiter mit eigenem Wohnraum versorgt. Zu diesem Zweck mietet der Verein Wohnungen von Vermietern an und vermietet diese Wohnungen an die von ihm betreuten Jugendlichen weiter. In den mit den Jugendlichen abgeschlossenen Untermietverträgen verpflichten diese sich, die Betreuungsleistungen der Sozialarbeiter des Vereins in Anspruch zu nehmen und zu akzeptieren, dass der betreffende Sozialarbeiter „für Notfälle“ einen Wohnungsschlüssel behält.
Nach ständiger Rechtsprechung des BGH handelt es sich bei dem vorliegenden Mietverhältnis zwischen dem Betreuungsverein und dem Eigentümer nicht um ein solches über Wohnraum, weil der vertragsgemäße Gebrauch der Mietsache durch den Verein nicht im Wohnen, sondern in der Überlassung der Wohnung an von ihm im Rahmen seiner satzungsmäßigen Aufgaben betreute Jugendliche besteht. Der Verein hat daher gegenüber dem vermietenden Eigentümer keinen gesetzlichen Kündigungsschutz nach den §§ 573, 574 BGB.
Aber auch die vom Verein betreuten Jugendlichen, die Endmieter also, haben nach Ansicht des BGH keinen Kündigungsschutz gegenüber dem Herausgabeverlangen des Eigentümers bzw. Hauptvermieters. Denn anders als bei der gewerbliche Zwischenvermietung im Sinne des § 565 BGB bestehe hier eine Ähnlichkeit zu einem typischen Untermietverhältnis, bei dem der Endmieter gegenüber dem Herausgabeverlangen des Eigentümers ebenfalls nicht geschützt sei. Die das Untermietverhältnis kennzeichnende enge Beziehung zwischen Hauptmieter und Endmieter werde hier durch die besonderen Vereinbarungen des Untermietvertrages (Betreuung durch Sozialarbeiter des Hauptmieters) begründet.
Das bedeutet: Zwischenvermietungen mit dem Gepräge eines Untermietverhältnisses gewähren dem Endmieter keinen Kündigungsschutz. Bei Zwischenvermietungsverhältnissen aber, die hauptsächlich im Interesse des Hauptvermieters bzw. Eigentümers begründet wurden, greift der Schutz des § 565 BGB für den Endmieter ein. Oder in den Worten des BayObLG: § 565 BGB findet nur dann (analog) Anwendung, wenn der Zwischenvermieter – also der Hauptmieter – bei der Weitervermietung keine in wesentlichen Punkten von den Interessen seines Vermieters abweichende Interessen verfolgen und dieser nach dem Hauptmietvertrag wesentlichen Einfluss auf die Gestaltung des Endmietverhältnisses und die Auswahl des Endmieters nehmen kann (BayObLG v. 30.8.1995 – REMiet 6/94 -).
Eine gewerbliche Weitervermietung im Sinne des § 565 Abs. 1 Satz 1 BGB setzt also voraus, dass der Zwischenmieter – nach dem Zweck des mit dem Eigentümer abgeschlossenen Vertrages – die Weitervermietung zu Wohnzwecken mit der Absicht der Gewinnerzielung oder im eigenen wirtschaftlichen Interesse ausüben soll.
Hieran fehlt es – ähnlich wie bei den Betreuungsvereinen – beispielsweise auch dann, wenn der Eigentümer mit einer Mieter-Selbsthilfe-Genossenschaft einen Mietvertrag abschließt, der die Weitervermietung des Wohnraums an deren Mitglieder zu einer besonders günstigen Miete vorsieht. Bei einem derartigen Handeln des Zwischenmieters im Interesse der Endmieter kommt eine analoge Anwendung der Vorschrift schon deshalb nicht in Betracht, weil es an einer der gewerblichen Weitervermietung vergleichbaren Interessenlage der Beteiligten fehlt (BGH v. 20.1.2016 – VIII ZR 311/14).
Betreuungsvereinen und ähnliche Organisationen, die Ihren Endmietern dauerhaften Kündigungsschutz gewähren wollen, sei empfohlen, die Regelung des § 565 BGB durch Vereinbarung mit dem Eigentümer zum Bestandteil des Hauptmietvertrages zu machen.
Anders ist es, wenn der Verein nicht „betreut“, sondern „vermietet“: Die gesetzlichen Regelungen des Mieterschutzes gelten wegen des allgemeinen Gleichheitsgrundsatzes auch dann, wenn ein mietender Verein Wohnungen an Mitglieder [hier: Künstler] vermietet und damit den allgemeinen Wohnungsmarkt wie ein Vermieter bedient (BGH v. 30.4.2003 – VIII ZR 162/02).
3. Verhältnis: Eigentümer – Zwischenvermieter
Auch wenn ein sozialer Träger als Hauptmieter planmäßig an Bedürftige zu Wohnzwecken untervermietet, unterliegt der Hauptmietvertrag im Regelfall dem Gewerbemietrecht; daran ändert die Schutzbedürftigkeit der Endmieter nichts (Kammergericht v. 8.12.2014 – 8 U 117/14 -; Kammergericht v. 18.7.2016 – 8 U 111/16).
Der Gesetzeswortlaut
§ 565 BGB
Gewerbliche Weitervermietung
(1) Soll der Mieter nach dem Mietvertrag den gemieteten Wohnraum gewerblich einem Dritten zu Wohnzwecken weitervermieten, so tritt der Vermieter bei der Beendigung des Mietverhältnisses in die Rechte und Pflichten aus dem Mietverhältnis zwischen dem Mieter und dem Dritten ein. Schließt der Vermieter erneut einen Mietvertrag zur gewerblichen Weitervermietung ab, so tritt der Mieter anstelle der bisherigen Vertragspartei in die Rechte und Pflichten aus dem Mietverhältnis mit dem Dritten ein.
(2) Die §§ 566 a bis 566 e gelten entsprechend.
(3) Eine zum Nachteil des Dritten abweichende Vereinbarung ist unwirksam.
31.10.2017