Leitsatz:
Wird die Mieterhöhung nicht in der unterschriebenen Erklärung selbst, sondern in einer nachfolgenden nicht unterschriebenen Anlage berechnet und erläutert, so ist die Mieterhöhungserklärung nach § 10 Abs. 1 Satz 2 WoBindG unwirksam.
LG Berlin, Urteil vom 26.7.01 – 62 S 21/01 –
Mitgeteilt von RA Rainer Döring
Urteilstext
Aus den Entscheidungsgründen:
… Soweit die weitergehende Forderung auf die Mieterhöhungserklärungen vom 18.12.1996, 11.3.1998 und 1.9.1998 gestützt wird, ist sie sachlich nicht gerechtfertigt. Die vorgenannten Erklärungen sind nach § 126 Abs.1 BGB unwirksam, weil sie die nach § 10 Abs.1 Satz 2 WoBindG einzuhaltende Schriftform nicht wahren. Nach dieser Vorschrift ist die Erklärung nur wirksam, wenn in ihr die Erhöhung der Miete berechnet und erläutert ist. Diese Vorschrift schränkt die Rechtsstellung des Vermieters nicht in unzulässiger Weise ein; sie ist verfassungsgemäß (BverfG, WM 1998, 463).
Eine schriftliche Berechnung und Erläuterung der Mieterhöhung liegt bei keiner der vorgenannten Erhöhungserklärungen vor. Auf der jeweils unterschriebenen ersten Seite ist der Erhöhungsgrund nur allgemein umrissen, aber nicht genau erklärt worden. Das gilt auch für die Mieterhöhungserklärung vom 11.3.1998. Die Festlegung des außerplanmäßigen Förderwegfalls zum 1.4.1998 und die sich daraus ergebende Kürzung der Fördermittel werden erst auf der 2. Seite dargestellt. Diese ist ebenso wenig wie die den anderen Erhöhungserklärungen nachfolgenden Seiten unterschrieben worden.
Zur Wahrung der Schriftform ist grundsätzlich die Unterschrift des Erklärenden erforderlich. Bei einer aus mehreren Teilen bestehenden Erklärung, etwa einem Hauptvertrag und den Anlagen hierzu, müssen die einzelnen Teile außerdem eine einheitliche Urkunde bilden (vgl. BGH, NJW 2000, 354 ff.; BGH NJW 1999, 1104). Dabei kann die Einheit von Urkunde und Anlage auch ohne körperliche Verbindung etwa bei einer deutlichen Bezugnahme auf die Anlagen gegeben sein (BGH, aaO). Hier liegt bezüglich der Mieterhöhungserklärungen vom 18.12.1996 und 1.9.1998 eine ausreichende Bezugnahme auf die Anlagen vor. Bei der erstgenannten Erklärung wird diese bereits durch die Angabe „Seite 2 (bzw. 3) zum Mieterhöhungsschreiben vom 18.12.1996“ deutlich. Das Schreiben vom 1.9. 1998 verweist auf die „nachfolgend berechnete und erläuterte Mietberechnung“. Bei der Mieterhöhungserklärung vom 11.3.1998 ist jedenfalls auf Grund der festen körperlichen Verbindung von einer einheitlichen Erklärung auszugehen.
Dies führt jedoch nur dazu, die Mieterhöhungserklärungen jeweils als einheitliche Urkunden anzusehen. Zur Frage, ob die nur auf der jeweils ersten Seite stehende Unterschrift die nachfolgende Berechnung und Erläuterung deckt, ist damit nichts gesagt.
Grundsätzlich bedeutet Unterschrift, dass die Unterzeichnung den vorangehenden Text räumlich abschließen muss. Insbesondere ist eine „Oberschrift“ keine Unterschrift (BGH, NJW 1991, 487). Ob statt einer Unterschrift eine unter die Erklärung gesetzte Paraphe ausreicht (so BGH, NJW 2000, 354), bedarf keiner Entscheidung, da die Berechnungen der Mieterhöhung auch nicht paraphiert sind. Wenn das Gesetz eine schriftliche Erläuterung und Berechnung in der Mieterhöhungserklärung verlangt, genügt es nicht, diese Unterlagen nur beizufügen. Aus § 10 Abs. 1 Satz 3 und 4 WoBindG, wonach eine Wirtschaftlichkeitsberechnung oder ersatzweise die dort genannten Unterlagen der Mieterhöhungserklärung beizufügen sind, folgt vielmehr, dass zwischen beizufügenden Unterlagen und in schriftlicher Form abzugebenden Willenserklärungen zu differenzieren ist. Die Beifügung der aufgeführten Unterlagen ermöglicht dem Mieter die Kontrolle, ob ein Erhöhungsbetrag etwa bereits früher geltend gemacht und offen oder verdeckt in seiner bisherigen Miete enthalten war (vgl. Dinse, GE 1982, 848, 851). Sie ersetzt aber nicht die Berechnung und Erläuterung in der Mieterhöhungserklärung selbst. Wird die Mieterhöhung nicht in der unterschriebenen Erklärung selbst, sondern in einer nachfolgenden nicht unterschriebenen Anlage berechnet und erläutert, so ist die Mieterhöhungserklärung nach § 10 Abs.1 Satz 2 WoBindG unwirksam (Kammer, Urteil vom 15.1. 01, 62 S 373/00; LG Berlin, 63 S 148/95, GE 1995, 1419; a.A. LG Berlin, 64 S 324/97, ZMR 1998, 429 f. zur Form der Betriebskostenabrechnung).
Die Klägerin hat auch nicht substantiiert dargelegt, dass die Mieterhöhungserklärung vom 1.9.1998 mit Hilfe automatischer Einrichtungen errichtet worden ist, so dass § 10 Abs.1 Satz 5 WoBindG nicht zu ihren Gunsten eingreift. Es mag sein, dass die Klägerin die Mieterhöhung mit Hilfe eines Computerprogramms berechnet hat. Dies reicht jedoch nicht aus. Vielmehr hätte das eingesetzte Programm selbstständig die Berechnung und Erläuterung erstellen müssen. Dazu fehlt jeglicher Vortrag. …
16.03.2013