Leitsätze:
1. Die fehlende Solvenz des Untermieters allein berechtigt nicht zur Versagung der Untervermietungserlaubnis.
2. Die formularmäßige Abtretung des Untermietzinses an den Vermieter im Hauptmietvertrag verstößt gegen § 9 AGBG (jetzt § 307 BGB).
3. Ein Vorenthalten im Sinne des §557 Abs. 1 BGB a.F. (jetzt § 546 a BGB) ist nicht gegeben, wenn der Vermieter der Auffassung des Mieters widerspricht, der Mietvertrag sei beendet.
LG Berlin, Urteil vom 15.1.02 – 65 S 559/00 –
Mitgeteilt von RA Thomas Schulze
Urteilstext
Aus den Entscheidungsgründen:
… Allerdings war die Kündigung des Beklagten gemäß § 549 Abs. 1 BGB a.F. wirksam. Die Klägerin hat mit Schreiben vom 1.3.1999 die Untervermietung untersagt, ohne dass ihr hierfür ein in der Person des Untermieters liegender Grund zur Seite stand.
Entgegen der Ansicht der Klägerin stellte die fehlende Kreditwürdigkeit des Untermieters keinen derartigen Grund dar, denn diese spielt für die Entscheidung des Vermieters, ob er die Untervermietung gestattet, keine Rolle (Sternel, Mietrecht, 2. Aufl. II Rn. 255; Blank in: Schmidt-Futterer u.a., Mietrecht, 7. Aufl. § 549 Rn. 78; Palandt-Weidenkaff, BGB, 60. Aufl. § 549 Rn. 10; Kossmann, Handbuch der Wohnraummiete, 5. Auflage, § 53 Rdn. 6; Kinne in Kinne/Schach, Mietvertragsrecht § 549 Rdn. 40; wohl auch Lemmel, Wohnraumrecht, § 549 Rdn. 40).
Soweit die Klägerin auf die Gegenmeinungen verweist, so überzeugen diese nicht.
So wird vorgebracht, dass die Untervermietung erfolgt, weil damit der laufende Mietzins gezahlt werden solle (Wolf, Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts, 8. Auflage, Rdn. 952; MünchKomm/ Voelskow, BGB, 3. Auflage, § 549, Rdn. 21; Erman, BGB, § 549 Rdn. 13; Neuhaus, Handbuch der Geschäftsraummiete, Rdn. 668). Werde dieser dann nicht gezahlt, so bestünde die Gefahr, dass der Hauptmieter seinerseits den Mietzins nicht zahlen könne. Dies ist aber schon im Ansatz falsch. Hat der Hauptmieter kein Geld, so kann er ohne die Untervermietung erst recht nichts zahlen. Dagegen ließe sich noch einwenden, dass – wie im vorliegenden Fall – der Hauptmieter, wenn ihm die Untermieterlaubnis nicht erteilt wird, möglicherweise von anderen Konstitutionen Abstand nehmen wird, weil er das Geld braucht, um die Miete zahlen zu können. Nur führt auch dieser Gedanke nicht weiter, weil dies voraussetzt, dass der Hauptmieter sich wirtschaftlich vernünftig verhält. Tut er dies aber, so wird er sich selbst schon keinen Untermieter suchen, der erwarten lässt, dass er seine Miete nicht zahlen wird. Letztlich verändert sich mithin das wirtschaftliche Risiko des Vermieters nicht.
Auch der von Neuhaus (a.a.O.) gebrachte Gedanke, dass der Untermieter wegen Insolvenz nicht ausziehe, überzeugt nicht. Denn insoweit verbliebe es ja bei der Haftung des Hauptmieters.
Soweit Ansprüche gegen den Untermieter denkbar sind, § 823 BGB, so tritt auch keine Risikoveränderung ein. Zum einen haftet auch der Hauptmieter (vgl. § 549 Abs. 3 BGB a.F.) und zum anderen tritt dieses Risiko nicht nur bei der Untermiete, sondern bei allen Nutzungen durch Dritte auf, z.B. wenn der Hauptmieter Besuch empfängt oder Handwerker beschäftigt.
Letztlich verbleibt es bei der üblichen Risikoverteilung im Mietvertragsrecht, wonach der Vermieter keinen Anspruch darauf hat, dass sein Mieter solvent bleibt.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Klausel in § 8 des Mietvertrages, wonach der Untermietzins an die Klägerin abgetreten wird, denn abgesehen davon, dass hierdurch der Klägerin nur ein zusätzlicher Schuldner geschaffen werde, nicht aber die Voraussetzungen einer Untermieterlaubnis geregelt werden sollte, verstößt diese Klausel gegen § 9 AGBG und ist daher unwirksam (OLG Celle WM 1990, 103, 105 bezüglich einer wortgleichen Klausel). Durch die Abtretung wird die Dispositionsfreiheit des Mieters über den Untermietzins erheblich eingeschränkt, ohne dass dies durch ein Sicherungsbedürfnis des Vermieters gerechtfertigt wäre, welches durch § 550 b BGB a.F. umrissen und begrenzt ist. Die Klausel gilt überdies nach ihrem Wortlaut auch für den Fall, dass der Mieter seinerseits seiner Zahlungsverpflichtung gegenüber dem Vermieter nachkommt.
Auch der Zahlungsverzug des Beklagten selbst mit dem Mietzins für Januar und Februar 1999 stellt keinen wichtigen Grund im Sinne des § 549 Abs. 1 BGB a.F. dar, denn dieser muss sich aus Umständen ergeben, die in der Person des Untermieters liegen. Der Vermieter trägt das Risiko der Solvenz seines Mieters grundsätzlich selbst und hat keinen Anspruch darauf, dass der Mieter in der Wohnung verbleibt und keine anderweitigen finanziellen Verpflichtungen übernimmt.
Für die Monate Juli bis September 1999 schuldete der Beklagte entsprechend den Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil Nutzungsentschädigung nach § 557 Abs. 1 BGB a.F., von dem zugesprochenen Betrag von monatlich 1729,28 DM sind jedoch die von der Klägerin inzwischen zurückgenommenen Nebenkostenvorschüsse von je 300 DM abzuziehen. Für Oktober besteht nach Ansicht der erkennenden Kammer ebenfalls ein Anspruch auf 1429,28 DM, denn der Untermieter hat nach dem Vortrag des Beklagten die Wohnung erst im Oktober 1999 verlassen, wobei mangels Angabe des Datums davon auszugehen ist, dass dies erst zum Ende des Monats geschah.
Eine weitere Nutzungsentschädigung kommt jedoch nicht in Betracht, denn der Beklagte hat nach Oktober 1999 die Wohnung nicht vorenthalten. Ein Vorenthalten im Sinne des § 557 Abs. 1 BGB a.F. liegt nur vor, wenn die Mietsache gegen den Willen des Vermieters diesem nicht zurückgegeben wird, und ist dann nicht gegeben, wenn der Vermieter der Auffassung des Mieters widerspricht, der Mietvertrag sei beendet (Gather in Schmidt-Futterer u.a., Mietrecht, 7. Aufl., § 557 BGB Rn. 17). Auf die tatsächliche Möglichkeit, die Wohnung in Besitz zu nehmen, kommt es demgegenüber nicht an. …
Anmerkung der Redaktion:
Die in der Entscheidung zitierten Paragraphen entsprechen der bis zum 31.8.2001 geltenden Rechtslage.
22.11.2016