Leitsätze:
1. Führt die Anwendung der gesetzlichen Vorschriften zu einem niedrigeren als dem nach dem Modernisierungsvertrag zulässigen Mietzins, so kann auch unter Berücksichtigung von Art. 14 GG und der Vorgaben des VerfGH Berlin (in WM 01, 12) nicht davon ausgegangen werden, dass dem Sinn und Zweck der Kürzungsvorschrift des § 558 Abs. 5 BGB bereits durch den Modernisierungsvertrag Genüge getan ist. Denn dies würde bedeuten, dass die den Mieter schützende gesetzgeberische Vorgabe des § 558 BGB zur Begrenzung des Mietzinses durch den Vertrag zwischen dem Vermieter und der Vergabestelle außer Kraft gesetzt wäre.
2. Eine Berücksichtigung von § 558 Abs. 5 BGB führt auch nicht zu einem doppelten Abzug der Zuschussbeträge. Denn die Förderbeträge sind gemäß § 558 Abs. 5 BGB nicht etwa von dem nach Modernisierungsvertrag zulässigen Mietzins abzuziehen, sondern vom ortsüblichen Vergleichsmietzins als Obergrenze der Mieterhöhung.
LG Berlin, Urteil vom 18.2.02 – 61 S 50/00 –
Mitgeteilt von RAen Christian Emmerich & Reinhard Lebek
Urteilstext
Aus den Entscheidungsgründen:
… Die Berufung ist zulässig (§§ 511, 511 a, 516, 518, 519 ZPO) und begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch nach § 2 MHG auf Zustimmung zur Erhöhung des Mietzinses gemäß Mieterhöhungsverlangen vom 19.10. 1998.
Dabei kann dahingestellt bleiben, ob das Verlangen vom 19.10.1998 formell wirksam war. Jedenfalls kann auch inhaltlich nicht festgestellt werden, dass die begehrte Mieterhöhung sich in dem nach § 2 MHG zulässigen Rahmen hält. Denn nach § 2 Abs.1 S. 2 MHG (der nach Art. 229 § 3 Nr. 2 EGBGB auf das Mieterhöhungsverlangen weiterhin Anwendung findet) i.V.m. § 3 Abs.1 S. 6 MHG darf der Vermieter, der öffentliche Zuschüsse für Modernisierungsmaßnahmen erhalten hat, den Mietzins nicht uneingeschränkt bis zum ortsüblichen Vergleichsmietzins (unter Berücksichtigung der Kappungsgrenze) erhöhen, sondern er muss zuvor von dem ortsüblichen Vergleichsmietzins die Förderbeträge nach Maßgabe des § 2 Abs.1 S. 2 MHG absetzen.
Der Kläger hat im Rahmen des LaMod-Programms öffentliche Förderungen – pauschal für Modernisierung und Instandsetzung, also zumindest auch für Modernisierungsmaßnahmen – erhalten. Bis zu welcher Mietzinshöhe § 2 Abs.1 MHG unter Berücksichtigung dieser Förderung eine Mieterhöhung ermöglicht, kann aus dem Klägervortrag nicht ermittelt werden.
Die vorgenannten Zuschüsse entfallen dem Anwendungsbereich des § 2 Abs. 1 S. 2 MHG nicht bereits deshalb, weil die Wohnung, die Gegenstand des Mietvertrages vom 24.3.1986 ist, bei Einzug der Beklagten bereits modernisiert war. Dies ergibt sich schon aus dem Umstand, dass die Parteien in der Anlage 2 zu dem Mietvertrag vereinbart haben, der Vertrag verstehe sich als Fortführung des früheren Mietvertrages vom 1.10.1977. Dass von dieser Regelung § 1 (Mieträume) und § 3 (Miete und Nebenkosten) ausgenommen sein sollten, ist selbstverständlich, denn tatsächlich sollte die Beklagte andere Mieträume zu einem anderen Mietzins beziehen. Aus der Regelung zur „Fortführung“ ist aber erkennbar, dass die Beklagte so behandelt werden sollte, als sei ihre bisherige Wohnung modernisiert worden.
Hinzu kommt, dass die gegenüber der WBK/ IBB eingegangene Verpflichtung zur Mietzinsbeschränkung nicht an die Person des Mieters, sondern an die Wohnung gebunden ist (Beuermann, Miete und Mieterhöhung, § 2 Rdn. 64 d, ders. GE 1996, 1518; Kunze/ Tietzsch, WM 1997, 312) und die öffentliche Förderung von Beginn an Gegenstand des (neuen) Mietvertrages war.
Die Berücksichtigung der Zuschüsse gemäß §2 Abs.1 S. 2 MHG ist auch nicht deshalb entbehrlich, weil sich der von dem Kläger verlangte Mietzins im Rahmen der im Modernisierungsvertrag auferlegten Bindung hält (vgl. KG, RE vom 17.1.2002 – 8 RE-Miet 4/01). Allein die Tatsache, dass der Kläger schon nach dem Modernisierungsvertrag nicht uneingeschränkt zu einer Mieterhöhung nach § 2 MHG berechtigt ist, garantiert nicht, dass die öffentliche Förderung in dem gesetzlich vorgesehenen Umfang dem Mieter zu Gute kommt. Das ergibt sich bereits aus folgender Überlegung: Wäre von dem 1985 gewährten Zuschuss von 585747 DM ein Anteil von – hypothetisch – 50 % für Modernisierungsmaßnahmen gewährt worden, so könnte davon (mangels anderer Anhaltspunkte für die Aufteilung) bei einer Gesamtfläche des Hauses von 699,74 qm auf die Wohnung der Beklagten mit 65,14 qm Fläche ein Anteil von 585747 DM x 1/2 : 699,74 qm x 65,14 qm = 27264,10 DM entfallen sein. Von diesem Betrag wäre gemäß § 2 Abs. 1 S. 2 MHG i.V.m. §3 Abs.1 S. 6 MHG ein Anteil von 11 % = 2999,05 DM von dem Jahresbetrag des ortsüblichen Mietzinses abzuziehen. Legt man bezüglich der Ortsüblichkeit den von dem Amtsgericht entsprechend dem Klägervortrag angesetzten Mietzins von 9,62 DM/qm brutto kalt x 65,14 qm = 626,65 DM zu Grunde, so ergäbe sich daraus ein Jahresbetrag von 7519,80 DM. Dies bedeutet, dass unter Berücksichtigung von § 2 Abs. 1 S. 2 MHG der Mietzins nur auf (7519,80 DM ./. 2999,05 DM =) 4520,75 DM pro Jahr, d.h. 376,73 DM brutto kalt pro Monat erhöht werden dürfte. Dabei ist noch nicht einmal berücksichtigt, dass der Kläger im Jahre 1996 durch Schulderlass im Rahmen des Bonus-Modells einen weiteren Zuschuss von 372061,98 DM erhalten hat. Der von dem Kläger verlangte Mietzins beträgt hingegen 583 DM brutto kalt pro Monat.
Führte in dieser Weise die Anwendung der gesetzlichen Vorschriften zu einem niedrigeren als dem nach dem Modernisierungsvertrag zulässigen Mietzins, so kann auch unter Berücksichtigung von Art. 14 GG und der Vorgaben des Beschlusses des VerfGH Berlin vom 23.11.2000 – VerfGH 72/00 – nicht judiziert werden, dass dem Sinn und Zweck der Kürzungsvorschrift des § 2 Abs. 1 S. 2 MHG bereits durch den Modernisierungsvertrag Genüge getan ist. Denn dies würde bedeuten, dass die den Mieter schützende gesetzgeberische Vorgabe des § 2 MHG zur Begrenzung des Mietzinses durch den Vertrag zwischen dem Vermieter und der Vergabestelle außer Kraft gesetzt wäre.
Anderes ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass bereits in der Vergangenheit der Mietzins durch die Bindung aus dem Modernisierungsvertrag „gedeckelt“ war. Denn auch unter Berücksichtigung (nur) der gesetzlichen Vorschriften hätte der Kläger nur einen Mietzins verlangen können, der unter dem – damals entsprechend geringeren – ortsüblichen Vergleichsmietzins zurückgeblieben wäre. Dass die Beklagte von den Mietzinsbindungen aus dem Modernisierungsvertrag bisher gegenüber der gesetzlichen Regelung Vorteile hatte, ist deshalb nicht erkennbar, so dass dahingestellt bleiben kann, ob diese Vorteile ihrem Umfang nach rechtfertigen würden, den Kläger für die Zukunft von der Beschränkung des § 2 Abs. 1 S. 2 MHG freizustellen.
Ob tatsächlich auch betragsmäßig dem Sinn und Zweck des § 2 Abs.1 S. 2 MHG bereits durch die Mietzinsbeschränkung aus dem Modernisierungsvertrag ausreichend Rechnung getragen ist, kann nicht ermittelt werden, solange die Berechnungsgrundlagen in Gestalt der nach § 3 Abs.1 S. 6 MHG zu berücksichtigenden Zuschüsse für Modernisierungen nicht vorliegen.
Die Kammer verkennt nicht, dass es dem Kläger wegen der Pauschalförderung unmöglich ist, tatsächlich anzugeben, in welchem Umfang die Förderung für Modernisierung gewährt worden ist. Dies kann jedoch nicht zu einer Unanwendbarkeit des § 2 Abs.1 S. 2 MHG führen, weil ansonsten – wie ausgeführt – der Vermieter und die Vergabestelle das den Mieter schützende Gesetz außer Kraft setzen könnten. Deshalb muss – sofern nicht der Kläger zu Gunsten der Beklagten die Förderung in vollem Umfang als für Modernisierung gewährt gelten lassen wollte – die Pauschalförderung nachträglich nach einem objektiv angemessenen Modus auf die Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen aufgeteilt werden. Hierfür bietet sich das Verhältnis der für Modernisierung und Instandsetzung angefallenen Kosten an. Darauf hat die Kammer in der mündlichen Verhandlung vom 2.7.2001 hingewiesen. Zu einer Darstellung dieses Verhältnisses hält sich der Kläger jedoch wegen eines zu erheblichen Aufwandes für nicht in der Lage, jedenfalls aber nicht für verpflichtet, wie er in der mündlichen Verhandlung vom 2.7.2001 und erneut im Schriftsatz vom 18.2.2002 ausgeführt hat. Hinsichtlich der Erheblichkeit und Zumutbarkeit des Aufwandes für eine solche Kostentrennung verkennt der Kläger dabei jedoch, dass jeder Vermieter eine entsprechende Kostentrennung bei gemischten Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen vor nehmen muss, um z.B. eine Mietzinserhöhung nach § 3 MHG geltend machen zu können.
Entgegen der Ansicht des Klägers führt eine Berücksichtigung von § 2 Abs.1 S. 2 MHG auch nicht zu einem doppelten Abzug der Zuschussbeträge. Denn die Förderungsbeträge sind gemäß § 2 Abs.1 S. 2 MHG nicht etwa von dem nach Modernisierungsvertrag zulässigen Mietzins abzuziehen, sondern von dem nach § 2 Abs. 1 S.1 Nr. 2 MHG zulässigen Mietzins, also dem ortsüblichen Vergleichsmietzins als Obergrenze der Mieterhöhung. Liegt der so ermittelte gesetzliche Höchstbetrag über dem nach dem Modernisierungsvertrag zulässigen Mietzins, so wirkt sich nur die Beschränkung durch den Modernisierungsvertrag aus. Ist hingegen nach den gesetzlichen Regelungen unter Berücksichtigung des § 2 Abs.1 S. 2 MHG nur ein niedrigerer Mietzins als nach dem Modernisierungsvertrag zulässig, so wird der Vermieter durch den Modernisierungsvertrag tatsächlich nicht beschränkt, weil schon das Gesetz nur einen niedrigeren Mietzins zulässt. …
Anmerkung der Redaktion:
Die in der Entscheidung zitierten Paragraphen entsprechen der bis zum 31.8.2001 geltenden Rechtslage.
07.07.2017