Leitsätze:
1. Ist der Modernisierungsmaßnahme keine ordnungsgemäße Modernisierungsankündigung vorangegangen und hat der Mieter der Maßnahme des Vermieters eindeutig widersprochen, so scheidet eine Mieterhöhung nach § 559 BGB aus (Rechtsentscheid des Kammergerichts vom 1.9.1988, WM 88, 389).
2. Hieran ändert auch die Vorschrift des § 559 b Abs. 2 Satz BGB nichts. Mit § 559 b Abs. 2 Satz 2 BGB hat der Gesetzgeber ausdrücklich nur geregelt, welche Folgen sich an die unterlassene oder zu niedrige Ankündigung der zu erwartenden Mieterhöhung knüpfen. Daraus kann nicht geschlossen werden, dass auch die gänzlich unterbliebene Ankündigung der Arbeiten oder die in anderen Punkten als der Mieterhöhung unzureichende Ankündigung keine weiteren Folgen haben sollte, denn der Gesetzgeber hat in Kenntnis des Rechtsentscheids des Kammergerichts auf eine derartige umfassende Regelung verzichtet.
LG Berlin, Urteil vom 5.8.02 – 61 S 466/01 –
Mitgeteilt von RA Friedrich-Wilhelm Lohmann
Urteilstext
Aus dem Tatbestand:
Die Parteien streiten in zweiter Instanz noch darum, ob die Kläger aus als Modernisierung durchgeführten Maßnahmen ein Recht auf die Erhebung von Modernisierungszuschlägen herleiten können. …
Das Amtsgericht hat sowohl die auf Mieterhöhung gerichtete Klage als auch die Widerklage abgewiesen. Zur Widerklage hat es ausgeführt, die Kläger seien nicht alleine wegen eines Verstoßes gegen die Ankündigungspflicht gemäß § 541 b BGB a.F. zukünftig mit der Geltendmachung eines Modernisierungszuschlags ausgeschlossen, was sich insbesondere aus § 3 Abs. 4 Satz 2 MHG ergebe. …
Aus den Entscheidungsgründen:
Die zulässige Berufung des Beklagten ist zum überwiegenden Teil begründet.
I. Die Widerklage ist zulässig. Der Beklagte begehrt die Feststellung eines gegenwärtigen Rechtsverhältnisses. Ein Rechtsverhältnis ist die aus einem greifbaren Sachverhalt entstandene Rechtsbeziehung zwischen Personen (Baumbach/Lauterbach, ZPO, 60. Aufl., § 256 Rdnr. 5). Innerhalb des die Parteien ohnehin verbindenden Rechtsverhältnisses des Mietvertrages streiten die Parteien darum, ob aus den baulichen Maßnahmen als einem tatsächlichen, greifbaren Sachverhalt die Rechtswirkung entstanden ist, dass die Kläger gemäß § 559 BGB (§ 3 MHG a.F.) zur Erhöhung des Mietzinses berechtigt sind. Der Beklagte hat an dieser Feststellung ein rechtliches Interesse, denn die Kläger haben noch in der Berufungsverhandlung sich nicht eindeutig dahin geäußert, dass sie sich des Rechtes zur Mieterhöhung auf Grund der Modernisierungsmaßnahmen nicht mehr berühmen.
II. Die Feststellungsklage ist jedoch nur hinsichtlich der Arbeiten an der Heizung, der Umgestaltung des Hofbereichs und der Anbringung einer Wärmedämmfassade begründet. Hinsichtlich dieser bereits ausgeführten Maßnahmen können die Kläger auch zukünftig eine Mieterhöhung nach § 559 BGB nicht geltend machen, weil es an tatbestandlichen Voraussetzungen für die Mieterhöhung fehlt, die die Kläger nicht nachträglich herstellen können.
1. Für die Arbeiten an der Heizung und der Wärmedämmfassade ist in dem Duldungsprozess vor dem Amtsgericht Charlottenburg durch das Urteil vom 22.9.1999 rechtskräftig entschieden, dass der Beklagte mangels Modernisierungsqualität der Maßnahmen materiell nicht zur Duldung verpflichtet war. Diese materielle Duldungspflicht, d.h. das Vorliegen einer Modernisierungsmaßnahme und das Nichteingreifen von Härtegründen, ist jedoch Voraussetzung für eine Mietzinserhöhung nach § 559 BGB. Das Urteil entfaltet nach § 325 ZPO Rechtskraftwirkung auch gegen die Kläger, weil diese Rechtsnachfolger nach der damaligen Vermieterin geworden sind. § 325 ZPO erfasst auch die Rechtsnachfolge nach einem rechtskräftig abgeschlossenen Prozess (BGHZ, 114, 364, Zöller-Vollkommer, ZPO, § 325 Rdnr. 13).
2. Für die Veränderung des Hofes hat das Amtsgericht in dem genannten Urteil die Duldungsklage ebenfalls abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Modernisierungsankündigung habe den Anforderungen des § 541 b BGB a.F. nicht entsprochen. Damit fehlt es auch für diese Maßnahme an der Duldungspflicht des Beklagten als einer notwendigen Voraussetzung für die Möglichkeit zur Mieterhöhung nach § 559 BGB. Nach dem Rechtsentscheid des Kammergerichts vom 1.9.1988 (NJW-RR 1988, 1420) setzt die Mieterhöhung gemäß § 3 MHG a.F. bei fehlender Zustimmung (oder Duldung) des Mieters voraus, dass der Mieter zurzeit der Ausführung der Modernisierungsmaßnahme gemäß § 541 b BGB a.F. zu ihrer Duldung verpflichtet war. Das ist der Fall, wenn die materiellen Voraussetzungen des § 541 b Abs. 1 BGB a.F. vorgelegen haben und der Vermieter vor dem Beginn der Maßnahme dem Mieter form- und fristgerecht im Sinne von § 541 b Abs. 2 Satz 1 BGB a.F. die Maßnahmen angekündigt hat. Zur Begründung hat das Kammergericht ausgeführt, ein wegen Nichteinhaltung des Ankündigungsverfahrens noch nicht fälliger Duldungsanspruch vermöge die Verbesserungsmaßnahme nicht gesetzmäßig in das Mietverhältnis einzuführen. Eine dennoch tatsächlich ausgeführte Verbesserung habe dann das konkrete Mietverhältnis rechtlich nicht verändert.
Diesen zutreffenden Ausführungen schließt sich die Kammer an. Dabei vermag das Gericht nicht zu erkennen, dass die Gründe des Rechtsentscheids durch die Einführung von § 3 Abs. 4 Satz 2 MHG gegenstandlos geworden seien. Mit dieser Maßnahme hat der Gesetzgeber ausdrücklich nur geregelt, welche Folgen sich an die unterlassene oder zu niedrige Ankündigung der zu erwartenden Mieterhöhung knüpfen. Daraus kann nicht geschlossen werden, dass auch die gänzlich unterbliebene Ankündigung der Arbeiten oder die in anderen Punkten als der Mieterhöhung unzureichende Ankündigung keine weiteren Folgen haben sollte, denn der Gesetzgeber hat in Kenntnis des Rechtsentscheids des Kammergerichts auf eine derartige umfassende Regelung verzichtet.
An einer Zustimmung oder auch nur Duldung des Beklagten fehlt es, denn dieser hat bereits mit Schreiben vom 20.9.1998 mitgeteilt, dass er den angekündigten Maßnahmen nicht zustimmen werde. Darüber hinaus hat sein Prozessbevollmächtigter sämtlichen Außenarbeiten mit Schreiben von 8.1.1999 ausdrücklich widersprochen.
3. Hinsichtlich des Aufzugseinbaus, bei dem es sich unstreitig um eine Wohnwertverbesserung handelte, ist allerdings nicht erkennbar, dass es an einer Voraussetzung für eine Modernisierungsmieterhöhung fehlte, die die Kläger auch in Zukunft nicht nachholen könnten. Weder über die formelle noch über die materielle Duldungspflicht ist hinsichtlich des Aufzugseinbaus rechtskräftig entschieden, denn das Amtsgericht hat in dem Duldungsprozess die Klage mangels Rechtsschutzbedürfnisses als unzulässig abgewiesen.
In dem Ankündigungsschreiben vom 31.7.1998 waren die zu erwartenden Baumaßnahmen sowie Beginn und voraussichtliche Dauer der Arbeiten ausreichend beschrieben. Es ist nicht zu erkennen, welche weiteren Informationen über Art und Weise der Ausführung der Beklagte hätte benötigen sollen, um über seine Duldungspflicht entscheiden zu können. Soweit der Beklagte beanstandet, die Höhe der zu erwartenden Aufzugsbetriebskosten sei nicht angekündigt und die Höhe der zu erwartenden Baukosten nicht ausreichend dargelegt, führt dies nach der Sonderregelung des § 559 b Abs. 2 Satz 2 BGB (§ 3 Abs. 4 Satz 2 MHG) nur dazu, dass der Beklagte eine Mieterhöhung erst sechs Monate nach dem Zugang einer ordnungsgemäßen Mieterhöhungserklärung schulden würde. …
03.01.2018