Leitsätze:
Um dem Erfordernis der Textform nach § 126 b BGB zu genügen, reicht die Angabe allein einer Behörde, juristischen Person oder Handelsgesellschaft nicht aus. Vielmehr ist es erforderlich, dass sich der Name der vertretungsberechtigten natürlichen Person, die die Verantwortung für die Erklärung übernimmt, erkennen lässt. Bei einer (faksimilierten oder kopierten) handschriftlichen Unterschrift des Vertreters ist dieses Erfordernis nur gewahrt, wenn sie lesbar ist, also den Namen des Unterzeichners erkennen lässt.
Neben der Identität des Vertreters ist darüber hinaus auch das Vertretungsverhältnis offen zu legen. Es ist anzugeben, dass der Vertreter beispielsweise Geschäftsführer, Prokurist oder Vorstand der juristischen Person ist.
LG Berlin, Urteil vom 23.6.03 – 62 S 52/03 –
Mitgeteilt von RA Uwe Thieß
Urteilstext
Aus den Entscheidungsgründen:
I. … Die Klägerin begehrt von der Beklagten gemäß ihrem Mieterhöhungsverlangen vom 26.2.02 die Zustimmung zu einer Nettomiete von 344,40 Euro für die Zeit ab 1.5.02. … Die Namen der natürlichen Personen, die für die Erklärung verantwortlich sind, sind in den beiden Schriftstücken nicht genannt. Das eigentliche Mieterhöhungsverlangen weist eine Unterschrift und daneben ein weiteres handschriftliches Zeichen auf, welchem die lesbare Buchstabenfolge „ppa“ nachgestellt ist. Dabei soll es sich – so die Klägerin – um die Unterschrift ihres Geschäftsführers J. sowie des Prokuristen K. handeln. Nach dem von der Klägerin eingereichten Handelsregisterauszug wird sie, wenn mehrere Geschäftsführer bestellt sind, durch zwei Geschäftsführer oder durch einen Geschäftsführer in der Gemeinschaft mit einem Prokuristen vertreten. …
II. Die Berufungen beider Parteien sind zulässig, insbesondere rechtzeitig eingelegt und begründet worden. Es ist jedoch nur die Berufung der Beklagten begründet, weil das Mieterhöhungsverlangen vom 26.2.02 unwirksam ist.
Dieses Mieterhöhungsverlangen wahrt nicht die nach § 558 a Abs. 1 BGB n.F. zu beachtende Textform. Dabei ergibt sich die Anwendung des neuen Mietrechts daraus, dass nach dem Aufbau der Überleitungsvorschrift in Art. 229 § 3 Abs.1 Nr.2 EGBGB auch auf alte Mietverhältnisse neues Recht anzuwenden ist, es sei denn, das Mieterhöhungsverlangen sei noch vor dem 1.9.01 zugegangen, was hier nicht der Fall ist.
Hinsichtlich der Textform stellt § 126 b BGB verschiedene Voraussetzungen auf. Zum einen muss die Erklärung in einer Urkunde oder auf andere – zur dauerhaften Wiedergabe in Schriftzeichen geeignete – Art wiedergegeben werden. Diese Voraussetzung ist hier erfüllt. Zum anderen muss der Abschluss der Erklärung durch Unterschrift oder auf andere Weise kenntlich gemacht werden. Auch diesem Erfordernis trägt das Mieterhöhungsverlangen Rechnung. Denn die Mieterhöhungserklärung enthält vor den handschriftlichen Schriftzeichen die Abschlussformel: „Mit freundlichen Grüßen W… Wohnungsbaugesellschaft F…“ Des Weiteren muss jedoch auch die Person des Erklärenden genannt werden. Daran scheitert hier die Wahrung der Textform. Für diese reicht es nicht aus, dass das Mieterhöhungsverlangen die Klägerin als Absenderin ausweist. Die Angabe allein einer Behörde, juristischen Person oder Handelsgesellschaft genügt nicht, vielmehr ist erforderlich, dass sich der Name der vertretungsberechtigten natürlichen Person, die die Verantwortung für die Erklärung übernimmt, erkennen lässt (Kinne GE 2001, 1181, 1184). Der Mieter muss sehen können, ob der Absender das vertretungsberechtigte Organ, etwa der Geschäftsführer einer GmbH oder ein anderer Vertreter ist, damit er die Möglichkeit hat, die Erklärung gegebenenfalls nach § 174 BGB zurückzuweisen (Börstinghaus bei Schmidt-Futterer, Mietrecht, 8. Auflage, vor § 558 BGB, Rn. 69). Es ist stets die Angabe einer konkreten natürlichen Person erforderlich. Auch für die früher geltende Vorschrift des § 8 MHG, einer Vorläuferin des § 126 b BGB, ist anerkannt, dass die dort festgelegte Entbehrlichkeit der eigenhändigen Unterschrift gleichwohl die Nennung der verantwortlichen natürlichen Person gebot (Kammer, Urteil vom 6.12.01, 62 S 230/01; LG Wiesbaden WM 1996, 282). Auf derselben Linie liegt es, dass der Bundesgerichtshof (GE 2003, 523) – allerdings für die Schriftform des § 550 BGB – die Form nicht als gewahrt angesehen hat, wenn sich aus einer Erklärung nicht ergibt, wer für die vermietende Gesellschaft bürgerlichen Rechts unterschrieben hat, in welcher Funktion er dies tat und ob seine Unterschrift ausreichte, die GbR zu binden. Bezüglich des von dem Prokuristen stammenden Zeichens lässt sich die Funktion des Handelnden zwar durch die Angabe „ppa“ erkennen. Jedoch ist der Name des Prokuristen auch nicht andeutungsweise dem vorhandenen Schriftgebilde, welches keinerlei individuelle Schriftzüge ausweist und aus einer Art Querstrich mit waagrechtem Balken besteht, zu entnehmen. Hinsichtlich der anderen Unterschrift ist bereits der Name des Handelnden – es soll der Geschäftsführer J. gewesen sein – nicht zweifelsfrei lesbar. Es fehlt außerdem an jeglicher Funktionsbezeichnung, aus der die Beklagte möglicherweise auf die Identität des Handelnden hätte schließen können. Insbesondere ließ das Verlangen nicht erkennen, dass ein Geschäftsführer der Klägerin tätig geworden ist. Name und Funktion desjenigen, der die etwas weiter links stehende Unterschrift geleistet hat, lassen sich ohne nähere Kenntnis der Verhältnisse der Klägerin und gegebenenfalls Einholung von Schriftproben nicht ermitteln. Die Vertretungsverhältnisse der Klägerin werden in dem Mieterhöhungsverlangen an keiner Stelle genannt, insbesondere fehlt dort ein Hinweis darauf, dass einer der mehreren Geschäftsführer gemeinsam mit einem Prokuristen handeln dürfe. Angaben, die sich erst nach längeren Ermittlungen oder Analysen feststellen lassen, sind aber nicht zu berücksichtigen (vgl. Börstinghaus, a.a.O., Rn. 70). Die Beklagte war auch nicht gehalten, Vermutungen über die Identität der handelnden Personen anzustellen oder Nachforschungen zu betreiben.
Das Mieterhöhungsverlangen ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt wirksam, dass die Wahrung der „nächsthöheren“ Form in jedem Fall reicht, um dem geringeren Formerfordernis Genüge zu tun, § 126 Abs. 4 BGB in entsprechender Fassung. Insbesondere ist die Schriftform nicht eingehalten. Denn auch die Schriftform ist nur beachtet, wenn sowohl die Identität des Ausstellers – wozu auch der Vertreter gehört – als auch das Vertretungsverhältnis erkennbar ist. Dies ist hier nicht der Fall. …
15.03.2013