Leitsätze:
1. Mieter müssen die für Holzverbundfenster typische, unvermeidbare Feuchtigkeit hinnehmen, weil dies der Sollbeschaffenheit entspricht.
2. Die Revision wird zugelassen.
LG Berlin, Urteil vom 1.8.03 – 64 S 65/03 –
Mitgeteilt von RA Wolfgang Schäfer
Urteilstext
Aus den Gründen:
I.
Mit schriftlichem Mietvertrag vom 12.10. 2000 schlossen die Berufungskläger mit der Berufungsbeklagten einen schriftlichen Mietvertrag über eine Wohnung im Haus S.-Str. in Berlin, Erdgeschoss links. Die Wohnung befindet sich in einem 1962/63 erbauten Gebäude, das mit Holzverbundfenstern ausgestattet ist und dessen Fassade keine zusätzliche Wärmedämmung aufweist. Die Elemente des Gebäudes wurden seit 1962/63 nicht gegen neuerem Standard entsprechende Bauelemente ausgetauscht. Es erfolgte lediglich eine Instandsetzung, die dieselbe Funktionalität wie 1962/63 sicherstellen sollte.
In der Zeit vom 1.1.2001 bis zum 1.2.2002 haben die Berufungskläger einen ungeminderten Mietzins entrichtet. Mit Schreiben vom 1.2.2002 rügten die Berufungskläger eine Undichtigkeit der Fenster, die dazu führe, dass die Fenster regelmäßig großflächig beschlügen. Es habe sich bereits Schimmel an drei Rahmen gebildet. Mit demselben Schreiben kündigten sie eine Mietminderung in Höhe von 15 Prozent der Bruttokaltmiete an. Bis zum 15. Februar wurde eine Rückzahlung bereits gezahlten überschießenden Mietzinses und eine Beseitigung der Mängel verlangt. Mit Schreiben vom 4.4.2002 wurde den Berufungsbeklagten eine letzte Frist zur Mängelbeseitigung bis zum 11.4.2002 gesetzt.
Mit ihrer am 5.6.2002 zugestellten erstinstanzlichen Klage begehrten die Berufungskläger zunächst eine Instandsetzung der Holzverbundfenster in ihrer Wohnung im Haus S.-Str. in Berlin, Erdgeschoss links, dahingehend, dass die Holzverbundfenster im Kinderzimmer (erstes Zimmer links), im Bad, in der Küche und auf der linken Seite des Wohnzimmers keine Zugluft und Feuchtigkeit von außen mehr einlassen, so dass die Fenster nicht mehr auf der Innenseite der äußeren Scheibe beschlagen.
In einem ersten Gutachten des Sachverständigen G. über den Zustand der Fenster vom 6.9.2002 wurde festgestellt, dass die Fenster nicht auf Grund des Eindringens feuchter Außenluft in den Fensterzwischenraum beschlagen, sondern dass der Beschlag vielmehr durch das Eindringen warmer und feuchter Innenraumluft in den Zwischenraum entsteht. Des Weiteren wurde festgestellt, dass bauliche Maßnahmen, wie ein Abdichten der Fensterinnenflügel und ein Öffnen des Fensterzwischenraums nach Außen, die das so entstehende Beschlagen der Fenster auf ein Minimum reduzieren sollen, nicht vollständig vorhanden waren. Ein akutes Beschlagen der Fenster konnte wegen der warmen Witterung am Tag der Ortsbesichtigung, dem 21.8.2002, nicht festgestellt werden.
Die Berufungskläger nahmen daraufhin ihre erstinstanzliche Klage dahingehend zurück, dass nunmehr nur noch eine Instandsetzung der Holzverbundfenster in ihrer Wohnung im Haus S.-Str. in Berlin, Erdgeschoss links, dergestalt begehrt werde, dass die Holzverbundfenster im Kinderzimmer (erstes Zimmer links), im Bad, in der Küche und auf der linken Seite des Wohnzimmers nicht mehr auf der Innenseite der äußeren Scheibe beschlagen.
Im Übrigen trugen die Berufungskläger vor, dass durch das Gutachten erwiesen sei, dass Instandsetzungsarbeiten durchzuführen seien. Sie rügten ausdrücklich, dass der Gutachterauftrag durch den Beweisbeschluss vom 25.6. 2002 über Gebühr eingeschränkt worden sei. Die Antwort auf die Frage, ob die Fenster vertragsgemäß seien, hänge nicht davon ab, ob die Fenster dem Standard von 1962/63 entsprächen, sondern allein davon, ob sie zum jetzigen Zeitpunkt in einem Zustand seien, der, vertragsgemäßes Heizen und Lüften vorausgesetzt, eine Nutzung der Räume als Wohnraum zulasse. Dies lasse sich möglicherweise nur durch einen Totalaustausch der Fenster erreichen.
Die Berufungsbeklagten trugen vor, die Kläger hätten ihre Ansprüche verwirkt, da sie in der Zeit vom 1.1.2001 bis zum 1.2.2002 den Mietzins ungemindert gezahlt hätten. Eine Mängelanzeige sei erstmals durch das Schreiben vom 1.2.2002 erfolgt. Die Fenster selber befänden sich in einem vertragsgemäßen Zustand, der durch den Fensterstandard aus der Zeit von 1962/63 bestimmt werde. Nachbesserungsarbeiten bezüglich der noch fehlenden baulichen Maßnahmen zur Reduzierung der Kondensationserscheinungen wurden angekündigt. Außerdem sei es den Berufungsklägern zuzumuten, den bei kalten Temperaturen auftretenden Beschlag abzuwischen und so die Schreiben frei zu halten. Vollständig lasse sich das Beschlagen der Fenster nicht verhindern, da es durch die Bauart bedingt sei. Ein übermäßiges Beschlagen trete nur auf, wenn ein nicht angepasstes Heiz- und Lüftungsverhalten des Mieters vorliege.
Durch ein zweites Gutachten des Sachverständigen G. vom 13.1.2003 wurde festgestellt, dass die von der Berufungsbeklagten angekündigte Ergänzung der baulichen Maßnahmen zur Reduzierung der Kondensation von Wasser im Scheibenzwischenraum nunmehr durchgeführt wurde. Bei den zum Zeitpunkt des zweiten Ortstermins am 13.12. 2002 herrschenden kalten Außentemperaturen konnte festgestellt werden, dass die beiden kleinen Badezimmerfenster jeweils bis zu einer Höhe von 30 Zentimetern und das Wohnzimmerfenster vollflächig beschlagen waren. Am Wohnzimmerfenster wurde zusätzlich eine Eisbildung bis 10 Zentimeter über dem unteren Rand und ein Schimmelpilzbefall festgestellt. Lediglich das Fenster im Kinderzimmer und das Fenster in der Küche wiesen keinen Feuchtigkeitsniederschlag auf.
Mit Urteil vom 11.2.2003 wies das AG Spandau die Klage ab. Zwar seien die Ansprüche der Berufungskläger nicht durch eine verspätete Mängelanzeige verwirkt. Jedoch befänden sich die Fenster nicht in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch ungeeigneten Zustand. Sie entsprächen dem bei Gebäuden mit diesem Errichtungszeitpunkt heute üblichen Standard. Der Beschlag der Fenster sei allein durch die Konstruktion bedingt und auch in zumutbarer Art und Weise zu beseitigen.
Gegen dieses Urteil wenden sich die Kläger aus vorgenannten Gründen mit ihrer Berufung, deren Zurückweisung die Beklagte aus bereits genannten Gründen beantragt.
II.
Die statthafte (§ 511 ZPO), den grundsätzlich notwendigen Wert der Beschwer erreichende (§ 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO), form- und fristgerecht eingelegte und begründete (§§ 517, 519, 520 ZPO) Berufung ist zulässig.
III.
Die Berufung der Kläger hat keinen Erfolg. Die Klage ist unbegründet.
Die Kläger haben gegen die Beklagte keinen Anspruch auf die geforderte Instandsetzung aus § 535 Abs. 1 S. 2 BGB. Ein Mangel der Mietsache liegt seit der Durchführung der Ergänzung der baulichen Maßnahmen zur Reduzierung von Wasser in Scheibenzwischenräumen nicht mehr vor.
Ein Mangel der Mietsache ist nur gegeben, wenn die Istbeschaffenheit der Mietsache negativ von der Sollbeschaffenheit der Mietsache abweicht. Die Sollbeschaffenheit der Mietsache ist nach drei Kriterien zu bestimmen: der Parteivereinbarung, der Verkehrsanschauung und dem konkreten Vertragsobjekt (Lammel in Heidelberger Kommentar zum Wohnraummietrecht, Heidelberg 1998, § 536 BGB a.F., S. 36 RZ 18 ff.).
Der zwischen den Parteien geschlossene Mietvertrag enthält keine Regelungen, nach denen an die Fenster der Wohnung erhöhte Anforderungen zu stellen wären. Vertraglich festgelegt ist nur, dass die Mietsache als Wohnung dienen soll. Der Zustand der Holzverbundfenster ist durch die auf das erste gerichtlich eingeholte Gutachten ausgeführten Arbeiten seit der Anmietung verbessert worden. Durch das zweite Gutachten und die Erläuterung des Sachverständigen G. in der mündlichen Verhandlung vom 1.8.2003 ist bewiesen, dass diese Arbeiten ordnungsgemäß ausgeführt worden sind und der Zustand der Holzverbundfenster nicht weiter verbessert werden kann. Zwar ist dennoch Feuchtigkeit im Fensterbereich vorhanden, was nach der Verkehrsanschauung grundsätzlich als negativ anzusehen ist. Jedoch ist zu berücksichtigen, dass nur Holzverbundfenster und keine anderen Fensterarten vermietet sind und es eine Verkehrsanschauung dahingehend, dass alle Fenster gleich gut und feuchtigkeitsfrei zu sein haben, nicht gibt. Mehr als die optimal abgedichteten Holzverbundfenster schuldet die Beklagte nicht. Die Kläger müssen die für Holzverbundfenster typische, unvermeidbare Feuchtigkeit hinnehmen.
Die von den Beklagten geforderte weitergehende Instandsetzung der Holzverbundfenster ist nach der Erläuterung des Sachverständigen auch unmöglich, was der Verurteilung zudem entgegenstünde.
IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 9 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit wurde gemäß §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO getroffen.
Die Revision ist zuzulassen, weil die Frage der Bestimmung der Sollbeschaffenheit bei Verbundholzfenstern und Ähnlichem grundsätzliche Bedeutung hat (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) und die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung im Hinblick auf die Entscheidung:
– OLG Celle, Beschluss vom 19.7.1984, WM 1985, S. 9 f.
– AG Kassel, WM 1993, 607,
eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 Nr. 2, 2. Alt. ZPO).
15.03.2013