Leitsatz:
Nach Auskunft des Statistischen Landesamtes besitzen nunmehr mindestens 67 % der in Ost-Berlin gelegenen Altbauten eine Sammelheizung. Die Datenerhebungsmethode des Statistischen Landesamtes ist erprobt und überzeugt die Kammer. Damit dient der Einbau einer Sammelheizung lediglich der Herstellung eines allgemein üblichen Zustands im Sinne des § 554 Abs. 2 Satz 4 BGB. Dem Mieter steht der Einwand einer finanziellen Härte anlässlich einer Heizungsmodernisierung nicht (mehr) zu.
LG Berlin, Urteil vom 10.6.04 – 67 S 212/02 –
Mitgeteilt von RA Thomas Bauch
Urteilstext
Aus den Entscheidungsgründen:
… Die geplanten Modernisierungsmaßnahmen und die damit verbundenen Mieterhöhungen stellen für die Beklagte eine unzumutbare Härte dar.
Die unzumutbare Härte ergibt sich aus der wirtschaftlichen Situation der Beklagten. Die Beklagte hat zu ihrem derzeitigen Einkommen anhand von Nachweisen angegeben, monatlich (seit Januar 2004) 1.085,82 Euro netto zu verdienen.
Dem ist eine Miete nach Modernisierung von 1.126,91 DM (= 577,71 Euro) gegenüberzustellen. Es ist die gesamte geplante Erhöhung der Miete – nicht lediglich diejenige für die Gaszentralheizung von 136,61 DM – zu berücksichtigen, da die übrigen angekündigten Maßnahmen von der Beklagten freiwillig hingenommen worden sind und – obwohl die Duldungsklage insoweit zurückgenommen ist – später zu einer Mieterhöhung führen werden. Das Verhältnis von 53 % Miete zu Einkommen belegt eine unzumutbare Härte. Allgemein werden als angemessen je nach Einzelfall Werte von 20 % bis 25 %, bei höheren Einkommen auch bis zu 30 % (vergl. Kinne/Schach, Miet- und Mietprozessrecht, Teil 1 § 554 Rdnr. 94 m.w.N:) anzusehen sein. Gemäß § 8 Abs. 1 WoGG, § 1 Abs. 4 WoGV nebst Anlage (Berlin = Mietenstufe 4, Beklagte = Alleinstehende, „sonstiger Wohnraum vor dem 31. Dezember 1965“) liegt der Höchstsatz der förderfähigen Miete bei 195 Euro. Mit diesem förderfähigen Höchstsatz kann die Beklagte gemäß Anlage 3 zum WoGG maximal 167 Euro (= 326,62 DM) Wohngeld erhalten. Der Höchstsatz wird jedoch nur gezahlt, wenn kein anrechenbares Einkommen vorhanden ist. Unter Zugrundelegung des Einkommens von 1.085,82 Euro erhielte die Beklagte überhaupt kein Wohngeld. Selbst mit dem Höchstsatz verbessert sich das Verhältnis Miete/Einkommen nur auf 46 %, so dass weiter eine unzumutbare Härte bestünde.
Eine unangemessene Wohnrauminanspruchnahme liegt nicht vor. Es ist zu berücksichtigen, dass die Beklagte die Wohnung ursprünglich mit ihrem Partner bewohnte. Die Wohnungsgröße war für zwei Personen angemessen. Zum Auszug ist sie nicht verpflichtet. Die angebotene Ersatzwohnung ist mit 36 Quadratmeters für eine ältere Frau nicht angemessen. Auch ist die Lage der angebotenen Wohnung nicht mit der von der Beklagten bewohnten vergleichbar.
Auf die soziale Härte kommt es hier jedoch nicht an, da die angestrebte Maßnahme nur der Herstellung eines allgemein üblichen Standards dient, § 541 b Abs. 1 Satz 3 BGB a.F. Die Auskunft des Statistischen Landesamts ist überzeugend. Dabei kann zunächst davon ausgegangen werden, dass das Landesamt im vorliegenden Rechtsstreit unparteiisch ist bzw. keine eigenen Interessen verfolgt. Die Erhebung der Daten (so genannte Klumpenstichprobe) wird nachvollziehbar erläutert. Auch legt das Landesamt überzeugend dar, wie es zu den erheblich abweichenden Zahlen der Fa. A. … kommt. Die Zielrichtungen der Datenerhebungen und die Art der Datenerhebung selbst weichen erheblich voneinander ab. Insbesondere spricht für die Korrektheit beider Zahlenangaben jedoch, dass das Landesamt unter Verwendung der Vorgaben der Fa. A. … (Sammelheizung mit Warmwasserversorgung statt nur Sammelheizung) zu ähnlichen Zahlen kommt. Hier ist nur auf die Ausstattung mit Sammelheizung abzustellen. Auch die Tatsache, dass das Landesamt nur bewohnte Wohnungen erfasst, ändert an der hiesigen Einschätzung nichts. Selbst wenn man alle nach dem Landesamt unbewohnten Wohnungen (133.700 – 108.700 = 25.000) als Wohnungen ohne Sammelheizung betrachtet, ergäbe sich immer noch ein Prozentsatz von 67 % Wohnungen mit Sammelheizung insgesamt (83,4 % von 108700 = 90656; 90656 von 133700 = 67,8 %). Die in sich schlüssige und überzeugende Darstellung des Landesamtes wird durch die Angaben der Beklagten nicht erschüttert. Die Beklagte greift die Statistik nur pauschal an, ohne sich wissenschaftlich methodisch damit auseinander zu setzen. Dafür hätte sie eine sachkundige Stellungnahme vorlegen müssen. Insbesondere erläutert das Landesamt auch die abweichenden Wohnungsgesamtzahlen. Die Methode des Landesamts ist erprobt. Statistische Fehlermöglichkeiten sind dort berücksichtigt.
Die Daten aus der Mitteilung des Stadtentwicklungssenators können hingegen nicht verwendet werden, da die Baualtersklassen nicht getrennt ausgewiesen sind und die Daten sich nur auf die Sanierungsgebiete beziehen. Ebenso sind die Daten allein aus dem Prenzlauer Berg nicht maßgebend, da es auf den Ostteil Berlins insgesamt ankommt.
Die Kostenentscheidung beruht für den ersten Rechtszug auf § 92 Abs. 1 ZPO und für den zweiten Rechtszug auf § 91 ZPO.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 7 ZPO.
Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erforderlich macht, § 543 Abs. 2 ZPO.
03.01.2018