Leitsatz:
Der Vermieter darf trotz Vereinbarung einer Gleitklausel Kostensteigerungen nicht an den Mieter weitergeben, die bereits vor Beginn des Mietverhältnisses eingetreten waren und ihm bei Abschluss des Mietvertrages hätten bekannt sein müssen.
Etwas anders gilt, wenn der Vermieter sich bei Vertragsabschluss im Hinblick auf die etwa ausstehende Wirtschaftlichkeitsberechnung Erhöhungen ausdrücklich vorbehalten hätte.
AG Schöneberg, Urteil vom 29.9.04 – 14 C 153/04 –
Mitgeteilt von RAin Andrea Klette
Urteilstext
Aus dem Tatbestand:
Die Beklagte ist auf Grund des Mietvertrages vom 15. Juli 2003 Mieterin einer öffentlich geförderten preisgebundenen Neubauwohnung der Klägerin.
Im Mietvertrag ist eine monatliche Nettokaltmiete von 203,16 Euro angegeben. In § 5 Ziffer 5 des Mietvertrages heißt es:
„Bei preisgebundenem Wohnraum gilt die jeweils gesetzliche Miete als vereinbart. Der Vermieter ist zur rückwirkenden Mieterhöhung wegen Erhöhung der laufenden Aufwendungen nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen berechtigt.“
Mit Schreiben vom 5. November 2003 übersandte die Klägerin der Beklagten eine auf den 4. November 2003 datierte Wirtschaftlichkeitsberechnung. Unter Hinweis auf diese Wirtschaftlichkeitsberechnung verlangte sie von der Beklagten eine erhöhte Miete wegen der ab 2002 geltenden Neuregelung der Beträge für Verwaltungskosten und Instandhaltungskosten und die zum 1. August 2002 eingetretene regelmäßig jährlich eintretende Kürzung der Subventionsleistung.
Für die 44,15 qm große Wohnung der Beklagten summieren sich die
erhöhten Verwaltungskosten auf monatlich 7,95 Euro,
die jährliche Subventionskürzung auf monatlich 5,74 Euro.
Die Beklagte zahlte die entsprechenden Beträge für den halben Juli und die Monate August bis einschließlich November 2003 nicht. Mit ihrer Klage verlangt die Klägerin die Bezahlung der verlangten Erhöhung. Sie meint, sie sei zur Mieterhöhung gegenüber der Beklagten berechtigt. Die ausgesprochene Mieterhöhung sei wirksam geworden.
Sie beantragt, die Beklagte zu verurteilen, 61,82 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit an die Klägerin zu Händen der Firma P. zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte meint, die Klägerin könne die Mieterhöhung von ihr nicht verlangen. Die eingetretene Mieterhöhung sei der Klägerin bereits vor Abschluss des Mietvertrages bekannt gewesen. Die Klägerin verhalte sich treuwidrig, wenn sie in diesem Fall rückwirkende Mieterhöhungen geltend mache, nachdem sie die Wohnung zunächst zu einem vermeintlich günstigen Mietpreis angeboten und an die Beklagte vermietet habe. …
Aus den Entscheidungsgründen:
Die Klage wird abgewiesen. Die ausgesprochene Mieterhöhung vom 5. November 2003, soweit es hier um sie geht, ist unwirksam und hat die von der Beklagten zu zahlende monatliche Miete nicht erhöht, soweit die Klägerin 13,65 Euro monatlich für die im Januar und August 2002 eingetretenen Kostenerhöhungen verlangt.
Das Verlangen der Klägerin ist nicht vom Mietvertrag gedeckt. § 4 Ziffer 5 des Mietvertrages gibt hier der Klägerin keine Berechtigung zur Mieterhöhung. Wenn die Klägerin – ob absichtlich oder versehentlich spielt keine Rolle – die Wohnung zu einem Mietbetrag vermietet, der unterhalb der Kostenmiete liegt, so ist sie daran durch kein Gesetz gehindert, andererseits aber an ihren Vertrag gebunden. Die Fiktion, dass die gesetzliche Miete vereinbart sei, kann nur Geltung für die Zeit des Vertragsverhältnisses beanspruchen, nicht aber für Kostensteigerungen, die bereits vor Vertragsschluss entstanden sind. Die insoweit bestehenden Zweifel der Vertragsklausel gehen hier zu Lasten der Klägerin, § 305 c Abs. 2 BGB. Nur wenn die Klägerin sich bei Vertragsabschluss im Hinblick auf die etwa ausstehende Wirtschaftlichkeitsberechnung Erhöhungen ausdrücklich vorbehalten hätte, wäre sie zur Mieterhöhung berechtigt. Dies ist aber hier nicht der Fall gewesen.
Die Klägerin wusste von der gesetzlichen Kostenänderung und von dem regelmäßigen Abbau der Subvention. Jedenfalls hätte sie davon wissen können und müssen. Die Klägerin verhält sich treuwidrig und widersprüchlich, wenn sie einerseits die Wohnung zu einem günstigen Preis anbietet und vermietet, ohne irgendeinen Hinweis auf die Kostensituation zu geben, andererseits dann aber für bereits vor Abschluss des Mietvertrages eingetretene Kostenerhöhungen die entsprechende Mieterhöhung verlangen will. …
04.03.2013