Leitsätze:
1. Eine ordnungsgemäße Modernisierungsankündigung erfordert nicht die Angabe, welche Außenmaße die Heizkörper in den einzelnen Räumen aufweisen.
2. Der Austausch von Einfachfenstern gegen Isolierglasfenster mit einem verbesserten Wärmdurchgangskoeffizienten in Küche und Bad stellt eine wohnwertverbessernde Maßnahme mit Energie einsparendem Charakter dar.
3. Der Mieter, der sich auf eine finanzielle Härte im Sinne des § 554 Abs. 2 Satz 3 BGB beruft, ist nicht gehalten, jedwede Anstrengung zu unternehmen, um sein Haushaltseinkommen zu steigern.
4. Im Ostteil der Stadt ist die Ausstattung einer Altbauwohnung mit Sammelheizung nebst Warmwasserversorgung, der Einbau von Isolierglasfenstern sowie die Verfliesung des Fußbodens und der Wände im Bad noch nicht allgemein üblich.
LG Berlin, Urteil vom 21.3.05 – 67 S 433/03 –
Mitgeteilt von RA Christian Remuß
Urteilstext
Aus den Gründen:
…
Die Klägerin hat keinen Anspruch darauf, dass die Beklagten gemäß § 554 Abs. 2 Satz 1 BGB den Einbau einer Gasetagenheizung mit Warmwasserversorgung, den Austausch der hofseitigen Einfachfenster gegen Isolierglasfenster mit einem K-Wert von 1,1 W/m2K und die Verfliesung des Fußbodens und der Wände im Bad der streitgegenständlichen Wohnung dulden müssten.
a) Auf Grund des Vertragsabschlusses vom 13. Februar 1996 bestand zwischen der W-Wohnungsbaugesellschaft mbH und den Beklagten ein wirksames Mietverhältnis über die streitgegenständliche Wohnung im Hause K-straße in Berlin, in das die Klägerin mit ihrer Eintragung in das Grundbuch am 2. August 2002 gemäß § 566 Abs. 1 BGB eingetreten ist. Die W-Wohnungsbaugesellschaft mbH hatte der Klägerin bereits am 6. Juni 2001 eine Vollmacht erteilt, auf Grund derer sie berechtigt war, „einseitige und mehrseitige Erklärungen jeder Art gegenüber den derzeitigen Mietern abzugeben und entgegenzunehmen“.
b) aa) In formeller Hinsicht wahrte die Modernisierungsankündigung der Klägerin vom 29. April 2002 die dreimonatige Ankündigungsfrist des § 554 Abs. 3 Satz 1 BGB, denn mit den baulichen Maßnahmen sollte Anfang September 2002 begonnen werden.
bb) Auch die Art der baulichen Maßnahmen wurde in der Modernisierungsankündigung der Klägerin vom 29. April 2002 ausreichend dargestellt. Es gilt zu berücksichtigen, dass die Anforderungen an diese Darstellung seit dem Inkrafttreten der Mietrechtsreform nicht mehr überspannt werden dürfen, wie sich aus dem veränderten Wortlaut des § 554 Abs. 3 Satz 1 BGB im Vergleich mit § 541 b Abs. 2 Satz 1 BGB a.F. ergibt. Vor diesem Hintergrund können sich die Beklagten nicht mehr darauf berufen, dass es die Klägerin unterlassen habe, in ihrer Modernisierungsankündigung vom 29. April 2002 mitzuteilen, welche Außenmaße die Heizkörper in den einzelnen Räumen aufweisen sollen. Die baulichen Folgen, die insbesondere für Fragen der zukünftigen Möblierung bedeutsam sind, lassen sich für die Beklagten aus der Tatsache, dass die Heizkörper unterhalb der Fenster angebracht werden sollen, ausreichend abschätzen. Soweit in der Rechtsprechung bisher konkrete Angaben zu der Größe der einzelnen Heizkörper verlangt wurden (vgl. LG Berlin [ZK 64], GE 1993, 861 m. Nachw.), ist diese Auffassung seit dem Inkrafttreten der Mietrechtsreform überholt. Auch die fehlenden Angaben zur Dimensionierung der Heizkörper stellten keinen Verstoß der Klägerin gegen ihre Verpflichtung zur Darstellung der baulichen Folgen dar, zumal sie die voraussichtlichen Kosten des Betriebs der Gasetagenheizung mit Warmwasserversorgung in ihrer Modernisierungsankündigung vom 29. April 2002 ordnungsgemäß beziffert hat. Die voraussichtliche Höhe der Vorschüsse für die Heizkosten ergibt sich aus dem Schreiben der GASAG vom 9. April 2002, das der Modernisierungsankündigung der Klägerin vom 29. April 2002 beigefügt war.
c) aa) In materieller Hinsicht würde sich der Einbau einer Gasetagenheizung mit Warmwasserversorgung als eine wohnwertverbessernde Maßnahme darstellen, denn die streitgegenständliche Wohnung ist mit Kohleöfen und einem Allesbrenner sowie einem Boiler in der Küche ausgestattet.
bb) Der Austausch von Einfachfenstern gegen Isolierglasfenster mit einem verbesserten Wärmedurchgangskoeffizienten würde sich ebenfalls als eine wohnwertverbessernde Maßnahme mit energiesparendem Charakter darstellen, was entgegen der Auffassung der Beklagten auch für die Küche und das Bad gelten würde, zumal es sich bei der Küche der streitgegenständlichen Wohnung, die über eine Grundfläche von 20,13 Quadratmeter verfügt, um einen echten Aufenthaltsraum handelt.
cc) Inwieweit die Verfliesung des Fußbodens und der Wände im Bad eine wohnwertverbessernde Maßnahme darstellen würde, kann im Ergebnis dahingestellt bleiben. Die Beklagten berufen sich darauf, dass der vorhandene Steinfußboden über ähnliche Eigenschaften wie Fliesen verfüge, was insoweit nachvollziehbar erscheint, als sich ein Steinfußboden wie Fliesen durch Aufwischen einfach reinigen lässt, wobei auch Spritzwasser aufgewischt werden kann. Darüber hinaus erscheint ein Steinfußboden ebenso strapazierfähig wie Fliesen, denn Einrichtungsgegenstände, deren Position im Laufe der Zeit verändert wird, lassen keine dauerhaften Abdrücke zurück.
d) Letztendlich scheitert die Verpflichtung der Beklagten, den Einbau einer Gasetagenheizung mit Warmwasserversorgung, den Austausch der hofseitigen Einfachfenster gegen Isolierglasfenster mit einem verbesserten Wärmedurchgangskoeffizienten und die Verfliesung des Fußbodens und der Wände im Bad der streitgegenständlichen Wohnung dulden zu müssen, an dem Einwand der persönlichen Härte, auf den sie sich zutreffend berufen.
aa) Infolge des angekündigten Einbaus der Gasetagenheizung mit Warmwasserversorgung würde sich die Nettokaltmiete für die streitgegenständliche Wohnung von 257,45 Euro um 10955,00 Euro x 11 % = 1205,05 Euro : 12 = 100,42 Euro auf 357,87 Euro nebst Vorschüssen für die Heizkosten in Höhe von 117,00 Euro und gleichbleibenden Vorschüssen für die Betriebskosten in Höhe von 130,00 Euro erhöhen. Der Austausch der hofseitigen Einfachfenster gegen Isolierglasfenster mit einem verbesserten Wärmedurchgangskoeffizienten würde zu einer Erhöhung der Nettokaltmiete für die streitgegenständliche Wohnung um 6809,00 Euro x 11 % = 748,99 Euro : 12 = 62,42 Euro und die Verfliesung des Fußbodens und der Wände im Bad zu einer Erhöhung der Nettokaltmiete für die streitgegenständliche Wohnung um 3850,00 Euro x 11 % = 423,50 Euro : 12 = 35,29 Euro führen. Insgesamt würde sich die Nettokaltmiete für die streitgegenständliche Wohnung nach der Durchführung der geplanten Baumaßnahmen für die Beklagten um 77 % erhöhen.
bb) Die Beklagten wenden schon jetzt rund ein Drittel ihres Haushaltseinkommens dafür auf, den Mietzins für die streitgegenständliche Wohnung zu leisten, weshalb ihnen eine Preissteigerung in dem vorgenannten Umfang nicht zuzumuten ist. Die Beklagte zu 1. ist als diplomierte Architektin arbeitslos, seit sie im Jahre 1999 ihr Studium beendet hat. Die berufliche Qualifikation des Beklagten zu 2. ist unklar. Derzeit ist der Beklagte zu 2. als Student im Fachbereich Informatik der Technischen Universität Berlin immatrikuliert, wie sich insbesondere aus den Bescheinigungen ergibt, welche die Beklagten als Anlage zu ihrem Schriftsatz vom 30. Juli 2004 zu den Akten gereicht haben. Nebenher lässt sich der Beklagte zu 2. von der studentischen Arbeitsvermittlung TUSMA für Gelegenheitsjobs vermitteln. Das Haushaltseinkommen der Beklagten lag im Jahre 2003 bei durchschnittlich 14756,00 DM : 12 = 1229,67 Euro im Monat, wie sich aus dem Steuerbescheid vom 3. Mai 2004 ergibt. Ein Steuerbescheid der Beklagten für das Jahr 2004 liegt derzeit noch nicht vor, ohne das ersichtlich wäre, dass sich ihre Einkommensverhältnisse wesentlich verändert hätten.
cc) Die Beklagten können nicht darauf verwiesen werden, dass sie nicht alle erforderlichen Anstrengungen unternehmen würden, um ihr Haushaltseinkommen zu steigern. Dieser Rechtsgedanke, der aus dem Unterhaltsrecht stammt, lässt sich auf die vorliegende Fallkonstellation nicht übertragen. Im Unterhaltsrecht geht es darum, einen weitreichenden Schutz für die materielle Existenzgrundlage der unterhaltsberechtigten Person zu begründen. In der vorliegenden Fallkonstellation geht es darum, die Interessen des Vermieters und der Allgemeinheit an der Schaffung von Wohnraum, der zeitgemäßen Ansprüchen genügt, zu schützen. Dieser Schutz wird dadurch ausreichend gewährleistet, dass der Gesetzgeber ein Korrektiv gegenüber dem Einwand der persönlichen Härte geschaffen hat. Der Einwand der persönlichen Härte ist ausgeschlossen, wenn eine Wohnung lediglich in den Zustand versetzt werden soll, wie er bei Wohnungen der entsprechenden Baualtersklasse unter Berücksichtigung der regionalen Gegebenheiten bereits allgemein üblich ist.
e) Die Beklagten sind mit dem von ihnen erhobenen Einwand der persönlichen Härte nicht deshalb ausgeschlossen, weil die streitgegenständliche Wohnung durch die von der Klägerin geplanten Baumaßnahmen in einen Zustand versetzt würde, wie er bei Wohnungen der entsprechenden Baualtersklasse im Ostteil Berlins bereits allgemein üblich wäre. Dieser Standard wäre erreicht, wenn mindestens 2/3 aller Wohnungen aus dem maßgeblichen Segment die entsprechenden Ausstattungsmerkmale aufweisen würden (vgl. BGHZ 117, 217). Dabei trägt die Unterscheidung zwischen dem Westteil Berlins und dem Ostteil Berlins den regionalen Besonderheiten Rechnung, die auch darin zum Ausdruck kommen, dass für diese Bereiche ein getrennter Mietspiegel erstellt wird.
aa) Die Kammer hat in der mündlichen Verhandlung vom 21. Juni 2004 darauf hingewiesen, dass es eine gerichtskundige Tatsache darstellt, dass die Ausstattung einer Wohnung mit einer Sammelheizung nebst Warmwasserversorgung noch nicht allgemein üblich ist. Auf die Ausführungen der Kammer in ihrem veröffentlichten Urteil vom 10. April 2003 (GE 2003, 1615) wird Bezug genommen. Sie gehen zurück auf das Datenmaterial, das das Unternehmen A. & K. GmbH der Kammer in dem damaligen Rechtsstreit zum Aktenzeichen 67 S 279/01 überlassen hatte. Das Datenmaterial wurde von dem Unternehmen A. & K. GmbH im Zusammenhang mit der Erstellung des Berliner Mietspiegels für das Jahr 2003 erfasst. Danach waren im Jahr 2003 lediglich 37,2 % aller Wohnungen im Ostteil Berlins der Baualtersklasse bis 1918 mit einer Sammelheizung nebst Warmwasserversorgung ausgestattet. Auch wenn zu vermuten ist, dass sich dieser Anteil inzwischen erhöht haben dürfte, so steht neueres Datenmaterial, aus dem diese Erkenntnis gezogen werden könnte, bisher nicht zur Verfügung. Die Auskunft des Statistischen Landesamtes Berlin (Anlage K 10), auf die sich die Klägerin in dem vorliegenden Rechtsstreit zunächst berufen hat, differenziert nicht nach Baualtersklassen und ist für die zu beantwortende Fragestellung daher nicht verwertbar. Auch berücksichtigt die Auskunft des Statistischen Landesamtes nicht, dass ein Unterschied zwischen der Ausstattung von Wohnungen mit einer Sammelheizung und der Ausstattung von Wohnungen mit einer Sammelheizung nebst Warmwasserversorgung besteht. Gleiches gilt für das Zahlenmaterial des Unternehmens GEWOS GmbH (Anlage K 12), auf das sich die Klägerin ergänzend berufen hat.
bb) Es ist davon auszugehen, dass die streitgegenständliche Wohnung auch durch den Austausch der hofseitigen Einfachfenster gegen Isolierglasfenster mit einem verbesserten Wärmedurchgangskoeffizienten nicht in einen Zustand versetzt werden würde, wie er bei Wohnungen der entsprechenden Baualtersklasse im Ostteil Berlins bereits allgemein üblich wäre. Das Zahlenmaterial des Unternehmens GEWOS GmbH (Anlage K 12), auf das sich die Klägerin beruft, differenziert nicht zwischen doppelt verglasten Fenstern (= Kastendoppelfenstern) und Isolierglasfenstern. Auf der Grundlage seiner Daten hatte das Unternehmen GEWOS GmbH den Berliner Mietspiegel für das Jahr 2000 erstellt, ausweislich dessen Orientierungshilfe zur Spanneneinordnung das Vorhandensein von gut erhaltenen bzw. neuwertigen Isolierglasfenstern in den Gebäuden der betreffenden Baualtersklasse im Ostteil Berlins als wohnwerterhöhendes Merkmal anzusehen war, was widersinnig wäre, wenn das Ausstattungsmerkmal damals bereits dem allgemein üblichen Standard entsprochen hätte. Soweit sich die Kammer in der durchgeführten Beweisaufnahme bemüht hat, durch Einholung eines Sachverständigengutachtens neueres Zahlenmaterial zu erlangen, ist dieser Versuch gescheitert, was sich auf Grund der Verteilung der Beweislast zu Lasten der Klägerin auswirkt. Das Unternehmen A. & K. GmbH hat mit Schreiben vom 17. August 2004 mitgeteilt, dass derartige Daten nicht vorliegen würden, weil sie bei der Erstellung des Berliner Mietspiegels für das Jahr 2003 nicht gesondert erhoben worden seien. Auch das Statistische Landesamt Berlin verfügt ausweislich seiner amtlichen Auskunft vom 18. Februar 2005 nicht über entsprechendes Datenmaterial. Die beweispflichtige Klägerin hat ihren Beweisantritt auch in der mündlichen Verhandlung vom 21. März 2005 nicht konkretisiert und keine Stelle benannt, die entsprechende Angaben machen könnte.
cc) Schließlich würde die streitgegenständliche Wohnung auch durch die Verfliesung des Fußbodens und der Wände im Bad nicht in einen Zustand versetzt werden, wie er bei Wohnungen der entsprechenden Baualtersklasse im Ostteil Berlins bereits allgemein üblich wäre. Auf die Ausführungen der Kammer in ihrem veröffentlichten Urteil vom 10. April 2003 (a.a.O.), die hinsichtlich des zu Grunde liegenden Zahlenmaterials entsprechend dem Hinweis in der mündlichen Verhandlung vom 21. Juni 2004 eine gerichtskundige Tatsache darstellen, wird Bezug genommen. Danach waren im Jahr 2003 lediglich 34,6 % aller Wohnungen im Ostteil Berlins der Baualtersklasse bis 1918 mit Wand- und Bodenfliesen im Badezimmer ausgestattet. Auch das Zahlenmaterial des Unternehmens GEWOS GmbH (Anlage K 12), auf das sich die Klägerin beruft, dokumentiert, dass jedenfalls im Jahr 2000 in den östlichen Bezirken nur 48,6 % der Badezimmer in Altbauwohnungen mit verfliesten Fußböden und nur 10,3 % mit verfliesten Wänden ausgestattet waren. …
01.01.2018