Leitsatz:
Auch der Mieter, der erst nach Abschluss der Modernisierungsarbeiten den Mietvertrag begründet, kann die Berücksichtigung von Drittmitteln nach § 558 Absatz 5 BGB verlangen. Denn die Verpflichtung des Vermieters zur Angabe und Anrechnung von Drittmitteln ist nicht auf die Inanspruchnahme von Fördermitteln im laufenden Mietverhältnis beschränkt.
AG Lichtenberg, Urteil vom 15.2.06 – 4 C 334/05 –
Mitgeteilt von RAin Monika Sadowski
Urteilstext
Aus dem Tatbestand:
Die Klägerin ist Vermieterin, der Beklagte seit dem 1. März 2001 Mieter einer im Hause K.-straße in Berlin belegenen Wohnung.
Im Jahre 1994/1995 erfolgte die Instandsetzung und Modernisierung des Gebäudes K.-straße, für die die Klägerin Fördermittel erhalten hat.
Mit Schreiben vom 20. Juni 2005, dem Beklagten zugestellt am 1. Juli 2005, verlangte die Klägerin von dem Beklagten die Zustimmung zu einer Erhöhung der Nettokaltmiete auf nunmehr 169,53 Euro im Monat mit Wirkung ab dem 1. September 2005. In dem Mieterhöhungsschreiben heißt es unter anderem:
„Gemäß § 7 des Fördervertrages über die Durchführung von Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen (Vertrag nach Nummer 8 Abs. 5 ModInstRL90) dürfen Mieterhöhungen nach § 558 BGB im Bindungszeitraum der Förderung (vom 2. bis 10. Jahr nach Abschluss der geförderten Maßnahmen) einschließlich Mieterhöhungen aus Abbau von Aufwendungszuschüssen zusammen jährlich höchstens 0,1023 Euro/qm/monatlich verlangt werden …“.
In dem Schreiben sind die gewährten Fördermittel weder angegeben, noch in die Mietberechnung einbezogen worden. …
Die Klägerin ist der Ansicht, dass im vorliegenden Fall die Angabe von Fördermitteln im Mieterhöhungsverlangen entbehrlich sei, da ein Abzug von vornherein nicht zu erfolgen habe, wenn – wie hier – der Mietvertrag nach der Modernisierung geschlossen worden sei.
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, einer Erhöhung der Nettokaltmiete für die Wohnung im Hause K.-straße in Berlin, WE-Nr…, VH, 2. OG links, auf nunmehr 169,53 Euro monatlich zuzüglich Nebenkostenvorauszahlungen wie bisher, mit Wirkung ab dem 1. September 2005 zuzustimmen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Aus den Entscheidungsgründen:
Die Klage ist unzulässig.
Die besonderen Sachurteilsvoraussetzungen des § 558 b Abs. 2 BGB liegen vorliegend nicht vor, da das Mieterhöhungsverlangen vom 20. Juni 2005 formell unwirksam und daher nicht geeignet war, die Überlegungs- und Klagefrist in Lauf zu setzen.
Gemäß § 558 b Abs. 2 BGB kann der Vermieter Klage auf Zustimmung zur Mieterhöhung nach Ablauf von 2 Monaten nach Zugang eines formell wirksamen, § 558 a BGB, Mieterhöhungsverlangens erheben. Der Fristablauf und damit der Zugang eines ordnungsgemäßen Mieterhöhungsverlangens sind daher besondere Zulässigkeitsvoraussetzungen (vgl. Börstinghaus in Schmidt-Futterer, Mietrecht, 8. Aufl. 2003, § 558 b Rdnr. 81 m. w. N.).
Das Mieterhöhungsverlangen vom 20. Juni 2005 genügt nicht den Anforderungen des § 558 a BGB, es ist mangels hinreichender Begründung formell unwirksam.
Nach § 558 a Abs.1 BGB ist das Mieterhöhungsverlangen in Textform zu erklären und zu begründen. Dazu gehört grundsätzlich auch die Mitteilung der nach § 558 Abs. 5 BGB anzusetzenden Kürzungsbeträge. Denn mit dem Verfahren nach § 558 BGB soll dem Mieter die Möglichkeit gegeben werden, die Berechtigung des Mieterhöhungsverlangens durch den Vermieter zu überprüfen. Damit sollen überflüssige Prozesse vermieden werden. Diesem Regelungszweck ist aber nur dann Genüge getan, wenn dem Mieter die abzusetzenden Kürzungsbeträge und deren Berechnungsgrundlagen bekannt gegeben werden, da er nur dann nachvollziehen kann, ob er die vom Vermieter berechnete und verlangte Miete zu zahlen hat (vgl. BGH, Urteil vom 12. Mai 2004, GE 2004, 883, 884).
Diesen Anforderungen wird das Mieterhöhungsverlangen nicht gerecht. Dazu, welche Fördermittel die Klägerin erhalten hat und welche Kürzungsbeträge sich hieraus errechnen, verhält sich das streitgegenständliche Mieterhöhungsverlangen, das lediglich auf die in § 7 des Fördervertrages enthaltene Regelung verweist, nicht.
Es ist jedoch davon auszugehen, dass die der Klägerin gewährten Fördermittel nach § 558 Abs. 5 BGB jedenfalls teilweise bei der Berechnung der ortsüblichen Miete für die von dem Beklagten innegehaltene Wohnung zu berücksichtigen und damit auch im Mieterhöhungsverlangen anzugeben sind.
Nach § 558 Abs. 5 BGB in Verbindung mit § 559 a BGB kommt eine Anrechnung von Fördermitteln immer dann in Betracht, wenn der Vermieter Zuschüsse zu Baumaßnahmen im Sinne des § 559 BGB, mithin zur Durchführung von Modernisierungsmaßnahmen erhalten hat. Denn Fördermittel, die für die Durchführung von Modernisierungsmaßnahmen gewährt worden sind, sind Drittmittel im Sinne von § 559 a BGB. Dabei ist für die Frage, ob Fördermittel als für die Durchführung von Modernisierungsmaßnahmen gewährt anzusehen sind, in erster Linie der vom Fördermittelgeber benannte Verwendungszweck entscheidend (Börstinghaus in Schmidt-Futterer, a.a.O., § 558 Rn. 216).
Da die ordnungsgemäße Begründung des Erhöhungsverlangens Voraussetzung der Zulässigkeit der Klage ist, obliegt es der Klägerin nachvollziehbar darzulegen, dass von ihr vereinnahmte Fördermittel nicht anrechnungspflichtig im Sinne des § 558 Abs. 5 BGB sind. Dies hat die Klägerin hier nicht getan. Vielmehr folgt aus dem Verweis auf den Fördervertrag über die Durchführung von Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen im Erhöhungsverlangen, dass die Klägerin Fördermittel auch für die Modernisierung erhalten hat.
Insoweit hätte es somit einer Angabe nebst Erläuterung im Mieterhöhungsverlangen bedurft, welche hier nicht erfolgt ist.
Die erforderliche Angabe im Mieterhöhungsverlangen und die entsprechende Anrechnung der öffentlichen Mittel erübrigen sich auch nicht deswegen, weil der Mietvertrag zwischen den Parteien erst nach Fertigstellung der Baumaßnahme geschlossen worden ist. Denn die Verpflichtung des Vermieters zur Angabe und Anrechnung von Kürzungsbeträgen ist nicht auf die Inanspruchnahme von Fördermitteln im laufenden Mietverhältnis beschränkt.
Soweit teilweise die Ansicht vertreten wird, dass wegen des Verweises in § 558 Abs. 5 BGB auf die Regelung des § 559 a BGB und damit auf die Regelungen zur Mieterhöhung nach Modernisierung, eine Anrechnungspflicht nach § 558 Abs. 5 BGB nur bei Mietverhältnissen besteht, die bereits vor der Modernisierung begründet wurden, da der Gesetzgeber mit der Regelung des § 558 Abs. 5 BGB lediglich habe sicherstellen wollen, dass der Vermieter nicht unter Verzicht auf eine Mieterhöhung nach Modernisierung gemäß § 559 BGB die Miete nach § 558 BGB erhöht und dabei die Anrechnung von Drittmitteln nach § 559 a BGB umgeht (vgl. Börstinghaus, in Schmidt-Futterer a.a.O., Rn. 219; Schach, GE 2004, 278, 282), kann dem nicht gefolgt werden.
Aus dem Wortlaut der Norm lässt sich eine solche Einschränkung nicht herleiten. Die Verweisung auf § 559 a BGB erfolgt lediglich zur Definition derjenigen Beträge, die bei der Berechnung einer nach § 558 BGB zulässigen Miete zu berücksichtigen sind, d.h. die Verweisung dient dazu, Art und Umfang der anrechnungsfähigen Beträge zu bestimmen (vgl. ausführlich LG Berlin, ZK 61, GE 2004, 298 – 300, AG Lichtenberg, Urteil vom 01.02.2005, Az. 6 C 369/04, AG Lichtenberg, Urteil vom 10.11.2005, Az. 10 C 183/05 m. w. N). Der Gesetzgeber hat auch nicht im Rahmen der Mietrechtsreform durch eine eindeutige gesetzliche Regelung klargestellt, dass § 558 Abs. 5 BGB nur für Mietverhältnisse gelten soll, die bereits vor der Modernisierung begründet waren.
Auch aus dem Sinn und Zweck der Norm lässt sich eine solche Einschränkung, nicht herleiten. Denn Zweck der Anrechnungspflicht ist, dass den Wohnwert und die allgemeine Ausstattung der Wohnung verbessernde öffentliche Fördermittel ausschließlich den jeweiligen Mietern als Teil der Allgemeinheit zukommen sollen (vgl. LG Berlin, ZK 61, 299, 300 unter Hinweis auf die Begründungsmaterialien zu der ursprünglichen Regelung in § 2 Abs. 1 MHG, BT-Drucks, 8/1861 S. 5).
Da jedoch die öffentlichen Mittel bei der Unterstützung der Wohnungsmodernisierung nicht dem einzelnen Vermieter, sondern der Allgemeinheit durch die Sicherung angemessenen und bezahlbaren Wohnraums zugute kommen soll, kann es gerade für die Pflicht zur Anrechnung nicht darauf ankommen, wann das Mietverhältnis begründet worden ist. Denn ansonsten würden dem Vermieter bei Neuabschluss eines Mietvertrages wirtschaftlich alleine die Fördermittel zugute kommen, was jedoch dem Gesetzeszweck zuwiderlaufen würde.
Da das Mieterhöhungsverlangen somit formell unwirksam ist, war die Klage als unzulässig abzuweisen.
Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Die Berufung war gemäß § 511 Abs. 4 Nr. 1 ZPO zuzulassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat.
03.01.2018