Leitsatz:
Hat die öffentliche Hand nur Mittel für Instandsetzungsarbeiten gewährt, muss die Mieterhöhungserklärung keine Hinweise auf Drittmittel enthalten. Das gilt selbst dann, wenn der Vermieter die zugewandten Förderungsmittel vertragswidrig teilweise auch zur Modernisierung verwendet; denn maßgeblich ist der Verwendungszweck der Gelder, nicht die tatsächliche Verwendung.
LG Berlin, Urteil vom 20.9.07 – 62 S 196/07 –
Urteilstext
Gründe:
I. Auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil, welches den Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 25. April 2007 zugestellt worden ist, wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen. Die Feststellungen werden wie folgt ergänzt:
Mit der am 22. Mai 2007 eingelegten und am 20. Juni 2007 begründeten Berufung verfolgt die Klägerin ihren Anspruch auf Zustimmung zur Erhöhung der Nettokaltmiete für die streitbefangene Wohnung um 18,25 Euro monatlich weiter.
Sie rügt, das Amtsgericht habe zu Unrecht von ihr Darlegung bzw. Beweis dafür verlangt, dass die ihr gewährten öffentlichen Fördermittel tatsächlich nur für Instandsetzungsmaßnahmen verwendet worden seien. Ihrer Ansicht nach ist im Rahmen des § 559 a BGB ausschließlich auf den durch den Fördergeber bestimmten Verwendungszweck abzustellen, nicht dagegen auf die tatsächliche Verwendung. Insoweit aber sei sie ihrer Darlegungs- und Beweispflicht durch Vorlage des Fördervertrages vom 13.11./3.12.1998 ausreichend nachgekommen. Es sei dort unter § 4 Abs. 8 ausdrücklich geregelt, dass die gewährten Zuschüsse ausschließlich als Beitrag zur Deckung der unrentierlichen Kosten der Instandsetzungsmaßnahmen bzw. als Beitrag zur Deckung von Bewirtschaftungsdefiziten aus den laufenden Aufwendungen für Instandsetzungsmaßnahmen bestimmt seien. Das Amtsgericht habe diese Vereinbarung unter Verstoß gegen §§ 133, 157 BGB als Vertrag zu Lasten Dritter, nämlich der Mieter, ausgelegt und ohne weitere Begründung angenommen, durch diese Vereinbarung habe der Vermieter allein von der Anrechnung der Drittmittel bei Mieterhöhungen freigestellt werden sollen. Die Klägerin meint, es stehe dem Fördergeber frei, die Förderung ausschließlich dem Vermieter zugute kommen zu lassen. Die Mieter seien durch die ebenfalls im Fördervertrag geregelten Mietobergrenzen hinreichend geschützt.
Sie beantragt, unter Abänderung des angefochtenen Urteils nach ihrem erstinstanzlichen Klageantrag zu erkennen.
Die Beklagte dagegen begehrt die Zurückweisung der Berufung. Sie vertritt wie in erster Instanz die Auffassung, dass das Mieterhöhungsverlangen mangels Angaben zur tatsächlichen Verwendung der Fördermittel bereits formell unwirksam sei. In diesem Zusammenhang bestreitet sie auch weiterhin, dass die Modernisierung ausschließlich mit Eigenkapital durchgeführt worden sei. Möglicherweise sei der Förderungsvertrag später dahingehend abgeändert worden, dass die Fördermittel auch auf Modernisierungsmaßnahmen Verwendung finden sollten. Der Förderungsvertrag sehe die Möglichkeit einer Vertragsänderung ausdrücklich vor.
Im Übrigen wird von der Darstellung des Tatbestandes im Hinblick auf § 313 a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen.
II. Die Berufung ist auch im Hinblick auf § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO statthaft. Der Rechtsmittelstreitwert bemisst sich – im Gegensatz zum Gebührenstreitwert – gemäß § 9 ZPO nach dem dreieinhalbfachen Jahresbetrag der geltend gemachten Mieterhöhung und beläuft sich hier demnach auf 876 Euro.
Die Berufung ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 513, 517, 519, 520 ZPO.
Das Rechtsmittel hat in der Sache auch Erfolg. Die Klägerin kann von der Beklagten gemäß § 558 Abs. 1 BGB die begehrte Zustimmung zu einer Erhöhung der Nettokaltmiete für die von ihr inne gehaltene Wohnung um 18,25 Euro monatlich auf 324,04 Euro monatlich verlangen.
Die Klage ist auch im Hinblick auf § 558 b Abs. 2 Satz 2 BGB zulässig. Das streitgegenständliche Mieterhöhungsverlangen vom 23. Februar 2006 ist in formeller Hinsicht nicht zu beanstanden und hat daher die Klagefrist wirksam in Gang gesetzt. Dass keine Hinweise auf Kürzungsbeträge i.S.d. § 558 Abs. 5 BGB enthalten sind, schadet hier nicht.
Zwar sind grundsätzlich Angaben zu den Drittmitteln erforderlich, obgleich eine ausdrückliche Regelung hierzu fehlt. Gemäß § 558 a Abs. 1 BGB ist das Mieterhöhungsverlangen jedoch vom Vermieter zu begründen. Die Verpflichtung zur Begründung des Mieterhöhungsverlangens soll die Möglichkeit einer außergerichtlichen Einigung über das Mieterhöhungsbegehren fördern und überflüssige Zustimmungsklagen vermeiden helfen. Außerdem ist der Begründungszwang vom Gesetzgeber eingeführt worden, um im Rahmen der Verhandlungen über das Mieterhöhungsverlangen die Rechtssicherheit im Verhältnis zwischen Vermieter und Mieter zu erhöhen. Begründen bedeutet deshalb, dass der Vermieter dem Mieter die Informationen gibt, die der Mieter zum einen benötigt, die Berechtigung des Erhöhungsverlangens zu überprüfen und die er zum anderen selbst nicht hat. Beide Voraussetzungen treffen auf die Anrechnung von Drittmitteln nach § 558 Abs. 5 BGB zu. Die Anrechnung von Drittmitteln hat unmittelbar Einfluss auf eine der beiden Rechengrößen, die die Höhe des Betrages bestimmen, bis zu dem der Mieter zustimmen muss. Der Anspruch wird bekanntlich beschränkt auf der einen Seite durch die Kappungsgrenze und auf der anderen Seite durch die Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete. Auch wenn die ortsübliche Vergleichsmiete selbst durch die Kürzungsbeträge nicht beeinflusst wird, so verringern sie den Betrag, bis zu dem der Mieter seine Zustimmung erteilen muss. Außerdem hat der Mieter die erforderlichen Informationen nicht. Selbst wenn bereits bei einer vorangegangenen Mieterhöhung nach § 559 BGB oder auch nach § 558 BGB eine Anrechnung von Drittmitteln erfolgt ist, ist dem Mieter weder zuzumuten, diese Zahlen aus den Unterlagen herauszusuchen noch zu ermitteln, ob die Zahlen sich in der Zwischenzeit verändert haben (zum Vorstehenden: Schmdit-Futterer – Börstinghaus, Mietrecht, 9. Aufl., § 558 BGB, Rz 236).
Wenn jedoch die öffentliche Hand einem Vermieter – wie hier – Mittel nur für Instandsetzungsarbeiten gewährt hat, muss ein Mieterhöhungsverlangen keine Hinweise auf Kürzungsbeträge enthalten (BGH GE 2004, 883; LG Berlin – ZK 62 – GE 2002, 862; Schmidt-Futterer – Börstinghaus, Mietrecht, 9. Aufl., § 559 a BGB, Rz 8, m.w.N.). Dies gilt auch dann, wenn der Vermieter – wie die Beklagte dies behauptet – die öffentlichen Fördermittel teilweise auch für Modernisierungsmaßnahmen verwendet hat (LG Berlin, aaO). Denn maßgeblich ist der Verwendungszweck der Gelder, nicht die tatsächliche Verwendung (Börstinghaus, aaO). Dies ergibt sich aus dem Zweck des Gesetzes. Der Vermieter ist bei Instandsetzungsarbeiten nicht berechtigt, die Miete nach § 559 BGB zu erhöhen. Zahlt die öffentliche Hand, der Mieter oder ein Dritter für solche Maßnahmen Geld, dann ergibt sich daraus, dass diese Zahlung letztendlich dem Vermieter zufließen sollte und nicht dem Mieter. Der Zuschussgeber hat also durch die Zweckbestimmung zugleich auch denjenigen bestimmt, der den wirtschaftlichen Vorteil haben soll. Verwendet der Vermieter diese Gelder dann für Modernisierungen, mag dies im Verhältnis zum Zuwendungsgeber vertragswidrig sein, ändert aber an der fehlenden Anrechnungspflicht nichts (Börstinghaus, aaO; LG Berlin, aaO).
Im vorliegenden Fall stellt § 4 Abs. 8 des Fördervertrages eindeutig klar, dass die Kostenbeteiligung Berlins sich ausschließlich auf die Instandsetzungskosten erstrecken sollte. Zwar trifft es zu, dass im Fördervertrag auch von Modernisierungsmaßnahmen die Rede ist. So heißt es unter § 4 Abs. 2, Berlin beteilige sich an den Kosten der Maßnahmen nach § 1 Abs. 1. Dort wird wiederum auf die im Maßnahmekatalog aufgeführten Maßnahmen Bezug genommen, die neben Instandsetzungs- auch Modernisierungsmaßnahmen beinhalten. Angesichts der eindeutigen Zweckbestimmung unter § 4 Abs. 8 kann daraus jedoch nicht der Schluss gezogen werden, dass der Förderungsgeber auch die Modernisierungsmaßnahmen finanziell fördern wollte bzw. gefördert hat. Ein Widerspruch zu § 4 Abs. 2 Satz 1 besteht nicht, da auch eine Beteiligung lediglich an den Instandsetzungskosten begrifflich eine Beteiligung an den Gesamtkosten darstellt.
Es bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass der Verwendungszweck – wie die Beklagte dies für möglich erachtet – nachträglich geändert worden wäre. Im Gegenteil nimmt der Schlussbescheid der IBB vom 5. Februar 2004 ausdrücklich auf den Vertrag vom 13. November / 3. Dezember 1998 Bezug. Wenn zwischenzeitlich eine Änderung vorgenommen worden wäre, hätte diese im Schlussbescheid Erwähnung gefunden.
Die Abrede, dass Fördergelder nur für Instandsetzungsarbeiten gewährt werden, ist auch nicht etwa unzulässig (gegen AG Lichtenberg MM 2005, 263). Insbesondere handelt es sich nicht um eine unwirksame Vereinbarung zu Lasten des Mieters i.S.d. § 558 Abs. 6 BGB. Die Zahlung soll in diesem Fall – wie bereits gesagt – dem Vermieter zufließen und nicht dem Mieter. Eine Anrechnung zu seinen Gunsten kommt nicht in Betracht. Öffentliche Zuschusszahlungen an den städtebaurechtlich verpflichteten Eigentümer dienen regelmäßig dem Zweck, die zur vollständigen Baukostendeckung fehlende Ertragskraft des Gebäudes auszugleichen und so einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Freiheit des Eigentümers zu vermeiden. Es handelt sich dann um eine Entschädigung zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit im Rahmen einer ausgleichspflichtigen Inhaltsbestimmung i.S.d. Art. 14 Abs. 1 GG (LG Berlin – ZK 62 – aaO). Aber selbst dann, wenn die Instandsetzungsmaßnahmen in baurechtlicher Hinsicht nicht geboten wären, kann es der öffentlichen Hand nicht versagt sein, deren Durchführung gezielt zu fördern. Dies ist zur Durchsetzung städtebaupolitischer Ziele durchaus legitim.
Insofern kommt es hier nicht darauf an, ob und in welchem Umfang die Klägerin die Gelder möglicherweise auch für Modernisierungsmaßnahmen verbraucht hat.
Ebenso kann hier offen bleiben, ob ein Abzug für von der öffentlichen Hand Fördermittel bereits deshalb entfällt, weil die streitbefangene Wohnung bei Anmietung unstreitig bereits modernisiert war.
Das Zustimmungsverlangen ist auch begründet. Die ortsübliche Vergleichsmiete für die streitbefangene Wohnung beläuft sich auf 362,71 Euro. Gegen die Einordnung in das Mietspiegelfeld G 2 hat die Beklagte ebenso wenig Einwände erhoben wie gegen die konkrete Spanneneinordnung, wonach in den Merkmalgruppen 1 und 2 wohnwerterhöhende Merkmale überwiegen und sich in den übrigen Merkmalgruppen wohnwerterhöhende und wohnwertmindernde Merkmale die Waage halten. Daraus ergibt sich ein Aufschlag auf den Mittelwert des Mietspiegelfeldes G 2 um 40 % der Differenz zwischen Spannenober- und Mittelwert. Unter Berücksichtigung der Kappungsgrenze i.S.d. § 558 Abs. 3 BGB könnte die Klägerin an sich Zustimmung zu einer Erhöhung auf 366,94 Euro monatlich verlangen. Tatsächlich begehrt sie – entsprechend der Vereinbarung im Fördervertrag (§ 7 a Abs. 1) – jedoch nur den Mietoberwert gemäß ModlnstRL 95, den sie korrekt mit 4,44 Euro/qm errechnet. Die Summe der beiden relevanten Mittelwerte (4,48 Euro/qm + 4,39 Euro/qm) ergibt 8,87 Euro/qm, der Durchschnittswert demnach 4,435 Euro/qm, gerundet 4,44 Euro/qm. Für die 72,98 qm große Wohnung ergibt sich mithin die geforderte Miete von 324,03 Euro.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
Die Revision wird mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht zugelassen.
03.01.2018