Leitsätze:
Hat der Mieter auf eigene Kosten eine Gasetagenheizung in die Wohnung eingebaut, kann der Vermieter – nach Ablauf von nunmehr 14 Jahren – vom Mieter die Duldung des Einbaus einer neuen Gasetagenheizung nicht verlangen, wenn die Parteien anlässlich der Mietermodernisierung mietvertraglich folgendes vereinbart haben: „Der Vermieter verpflichtet sich, für die Dauer von – [handschriftlich eingefügter Strich] Jahren weitere Modernisierungsmaßnahmen in der Wohnung des Mieters nur mit Zustimmung des Mieters durchzuführen.“
LG Berlin, Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO vom 18.12.2008 – 67 S 324/08 –
Urteilstext
Aus den Gründen:
Die Kammer nimmt zunächst Bezug auf den Hinweis vom 6. November 2008, in dem es heißt:
„… Die Berufung hat nach Ansicht der Kammer keine Aussicht auf Erfolg. Das Amtsgericht hat die Klage mit zutreffender Begründung abgewiesen. Die Berufungsbegründung rechtfertigt keine Abänderung des erstinstanzlichen Urteils.
Die Klägerin hat gegen die Beklagten keinen Anspruch auf Duldung des Einbaus einer Gasetagenheizung aus § 554 Abs. 2 BGB.
Mit Vertrag vom 18. Dezember 1986 mieteten die Beklagten von der G.-Ges. mbH die Wohnung im E.-Damm, Vorderhaus, zweites Obergeschoss links, Berlin. Am 11. Februar 1994 schlossen die Beklagten mit der G.-Ges. mbH eine Mustervereinbarung über die Durchführung von Modernisierungsmaßnahmen ab. Die Beklagten sollten für 15.000 DM eine Gasetagenheizung einbauen. Neben weiteren Vereinbarungen ist in § 2 Abs. 4 festgehalten: „Der Vermieter verpflichtet sich, für die Dauer von – [handschriftlich eingefügter Strich] Jahren
weitere Modernisierungsmaßnahmen in der Wohnung des Mieters nur mit Zustimmung des Mieters durchzuführen.“
Die Beklagten bauten die Gasetagenheizung ein.
Inzwischen ist die Klägerin Eigentümerin des Grundstücks und Vermieterin
Mit dem Schreiben vom 24. Januar 2008 kündigte sie den Beklagten eine Modernisierung durch Einbau einer Gasetagenheizung an. Die Beklagten stimmten dem Einbau nicht zu.
Die Kläger haben keinen Anspruch auf Duldung des Einbaus der neuen Gasetagenheizung. Dabei kommt es auf eine etwaige Erledigung der Hauptsache hinsichtlich des Beklagten zu 2) nicht an.
Nach der Vereinbarung vom 11. Februar 1994 sind weitere Modernisierungsmaßnahmen nur mit Zustimmung der Beklagten möglich. Es kann hierzu auf die in jeder Hinsicht zutreffenden Ausführungen des Amtsgerichts Bezug genommen werden.
Die zwischen den Beklagten und der G.-Ges. mbH getroffene Regelung bindet als individualvertragliche Änderung des Mietvertrags nunmehr auch die Klägerin. Die Auslegung der Vereinbarung hat entgegen der Ansicht der Klägerin nicht unter Hinzuziehung anderer Muster, sondern anhand der konkreten Umstände des Falles zu erfolgen. Dabei teilt die Kammer schon nicht die Auffassung der Berufung, dass durch das Wort „weitere Modernisierungsmaßnahmen“ nur solche ausgeschlossen sein könnten, die sich auf andere Gegenstände als die Heizung beziehen. Der Ausdruck „weitere Modernisierungsmaßnahmen“ ist vielmehr umfassend – und zwar einschließlich etwaiger Heizungsmodernisierung – dahin zu verstehen, dass damit alle Modernisierungen nach dem von den Beklagten vorzunehmenden Heizungseinbau gemeint sind. „Weitere Modernisierungsmaßnahmen“ drückt insoweit allein das zeitliche Nachfolgen aus, meint aber keinen qualitativen Unterschied. Es wäre auch widersinnig, etwa den Einbau verbesserter Fenster oder verbesserter Wärmedämmung auszuschließen, den Einbau einer neuen Heizung – obwohl eine solche gerade erst eingebaut worden ist – dagegen zuzulassen. Für den von der Klägerin insoweit angenommenen Ausschluss von Luxusmodernisierungen als einzigen Regelungsgehalt gibt es keine Anhaltspunkte. Es ist allgemein von Modernisierungen die Rede. Die Ausfüllung der Lücke vor „Jahren“ in der Regelung mit einem handschriftlichen Strich führt im Gegensatz zur Auffassung der Klägerin nicht dazu, dass die Regelung insgesamt leer liefe. Vielmehr enthält der entsprechende Teil – wenn er denn ausgefüllt wäre – eine Begrenzung der Begrenzung in der Weise, dass das Zustimmungserfordernis wegen künftiger Modernisierungen nur für eine bestimmte Zeit gelten soll: Wird eine bestimmte Zeit – wie hier – nicht vereinbart, so gilt das Zustimmungserfordernis unbegrenzt. Die Parteien waren – wie es das Amtsgericht angeführt hat – frei, eine andere Regelung zu treffen, insbesondere § 2 Abs. 4 komplett zu streichen. Die Klägerin muss sich jetzt daran festhalten lassen, dass dies nicht geschehen ist, auch wenn es sich für sie möglicherweise nachteilig auswirkt. …“
An diesen Ausführungen hält die Kammer auch nach der Stellungnahme der Klägerin aus dem Schriftsatz vorn 2. Dezember 2008 fest.
Erneut ist darauf hinzuweisen, dass die von der Klägerin angesprochene Einschränkung des § 2 Abs. 4 der Mustervereinbarung über die Durchführung von Modernisierungsmaßnahmen auf den Gedanken, Luxusmodernisierungen auszuschließen, keinerlei textlichen Ausdruck findet. Der Begriff „weitere Modernisierungsmaßnahmen“ ist im Sinne von „alle weiteren Modernisierungsmaßnahmen“ zu verstehen. Anders als die Berufung meint, enthält der „weitere Modernisierungsmaßnahmen“ auch keine Abgrenzung dahin, dass damit ausschließlich andere Maßnahmen als ein Gasetagenheizungseinbau gemeint seien. Der Kern der Bedeutung des Wortes „weiter“ liegt im Ausdruck der Fortsetzung eines Geschehens, „weiter“ hat in diesem Sinne maßgeblich einen in die Zukunft weisenden Aspekt. Es drückt nicht maßgeblich eine sachliche Trennung von Dingen oder Umständen, sondern deren auch in Zukunft gegebenes Bestehen aus, ohne Rücksicht auf etwaige Unterschiede.
Es bleibt weiter dabei, dass aus der Abfassung späterer Mustervereinbarungen in einem konkreten Streitfall nicht auf die Auslegung einer früheren Mustervereinbarung geschlossen werden kann. Es ist unerheblich, wie der Fall bei Verwendung eines anderen Musters zu entscheiden wäre.
Der Verweis der Klägerin auf den Härteeinwand greift nicht durch. Dieser hat mit der Auslegung der Mustervereinbarung nichts zu tun und betrifft insbesondere eben nicht die Frage, ob eine Modernisierung vorliegt oder durch die Mustervereinbarung ausgeschlossen ist. § 554 Abs. 2 Satz 2 BGB ist jeweils erst auf ein Vorbringen des Mieters anhand der konkreten Umstände zu überprüfen. Dies zeigt sich insbesondere darin, dass der Einwand unterschiedlich zu beurteilen ist, je nach dem, ob z.B. noch der ursprüngliche Mieter, der die Mietermodernisierung vorgenommen hat, oder ein Nachmieter die Wohnung nutzt und in beiden Alternativen die seit dem Einbau der Gasetagenheizung vergangene Zeitspanne gleich groß ist.
Der Vergleich der Mustervereinbarungen mit einem nachträglichen (isolierten) Verzicht führt nicht weiter. Das zitierte Urteil der Zivilkammer 65 (vom 10. Dezember 2004, 65 S 314/04) betrifft einen völlig anderen Sachverhalt, in dem es um Mietminderungen und Nebenkostenabrechnungen geht. Die Parteien hier aber jedoch eine vertragliche Regelung getroffen, die auszulegen ist. Die Stellungnahme geht auf die Herleitungen des Ergebnisses der Kammer aus dem Text selbst nicht ein.
Gegenteilige obergerichtliche Rechtsprechung hierzu ist nicht angegeben und auch nicht ersichtlich, sodass eine Revision unter diesem Gesichtspunkt nicht zuzulassen wäre. Die Mieter haben hier keine AGB verwendet. Die Mieter haben die Mustervereinbarung insbesondere nicht einseitig eingeführt. Das neue Vorbringen dazu geht über Spekulationen nicht hinaus. …
02.01.2018