Leitsätze:
1. Nach einer vom Vermieter durchgeführten Wärmedämmung der Fassade und dem Einbau neuer Isolierglasfenster hat der im ersten Obergeschoss wohnende Mieter in der Regel keinen Anspruch auf Wiederanbringung der im Rahmen der Bauarbeiten abmontierten Außenjalousien.
2. Den Mieter trifft keine Mitwirkungspflicht, die über das bloße Dulden der Modernisierung hinausgeht. Namentlich die Herstellung der Baufreiheit, Sicherungsmaßnahmen und Nachbereitung sind Sache des Vermieters.
LG Berlin, Urteil vom 22.3.2010 – 67 S 306/09 –
Mitgeteilt von RAen Ludger Freienhofer & Wolfgang Hak
Urteilstext
Aus den Gründen:
… Mit dem Vertrag vom 16. September 1996 mietete die Klägerin vom Beklagten zu 1) die Wohnung in der S.-Straße, erstes Obergeschoss rechts, 13507 Berlin. Die Miete betrug zuletzt 472,94 Euro. Nach Entstehen einer Grundstücksgemeinschaft und dem Ausscheiden des Beklagten zu 1) aus derselben sind nunmehr unstreitig die Beklagten zu 2) und 3) Eigentümer und Vermieter. Die Klageerweiterung gegen sie ist zulässig, § 264 ZPO. Gegen den Beklagten zu 1) ist die Klage zurückgenommen.
Das Mehrfamilienhaus ist 2005/06 saniert worden. Die Beklagten ließen unter anderem neue Fenster einbauen und eine Wärmedämmung anbringen.
a) Die Klägerin hat gegen die Beklagten keinen Anspruch auf Wiederherstellung der Außenjalousien.
Die Wohnung der Klägerin war unstreitig mit Außenjalousien ausgestattet, die nach dem Austausch der alten Kastendoppelfenster und dem Anbringen der Wärmedämmfassade nicht wieder angebaut worden sind.
Eine ausdrückliche Zusage der Beklagten zur Wiederanbringung ist nicht gegeben. Auf die entsprechende Behauptung der Klägerin hin hat das Amtsgericht aufgrund des Beschlusses vom 24. April 2009 hierzu die Zeugen F., H. und A. vernommen. Die Zeugen F. und H. haben angegeben, dass lediglich zugesagt worden sei zu prüfen, ob sich die Außenjalousie wieder anbringen ließe, was aber wegen des einheitlichen Erscheinungsbildes der Fassade und vor allem der ansonsten beschädigten Wärmedämmung nicht möglich sei. Der Zeuge A. konnte lediglich angeben, dass über die Jalousien gesprochen wurde. Es ergibt sich kein Anlass, von der zutreffenden Würdigung des Amtsgerichts, dass dadurch eine Zusage nicht bewiesen sei, abzuweichen.
Eine Pflicht zur Wiederherstellung aus § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB besteht nicht. Der Vermieter muss die Wohnung grundsätzlich im vertragsgemäßen Zustand halten. Hier waren die Außenjalousien zunächst Teil dieses vertragsgemäßen Zustands. Für sich genommen wäre auch die Anbringung maßgefertigter Innenjalousien kein hinreichender Ersatz. Hier allerdings liegt mit dem Austausch der Fenster und der Anbringung der Wärmedämmfassade eine Modernisierung der Vermieter vor, § 554 Abs. 2 BGB. Es kann dahinstehen, ob eine ausreichende Ankündigung vorliegt. Aus den bei den Akten befindlichen Schreiben ergibt sie sich nicht. Indes sind die Maßnahmen ausgeführt und hingenommen worden, sodass das Ergebnis zu bewerten ist. Es liegen sowohl eine Wohnwertverbesserung als auch die Einsparung von Energie als Modernisierungsmerkmale vor. Im Rahmen einer solchen Modernisierung muss die Klägerin auch aus ihrer Sicht nachteilige Veränderungen der Mietsache hinnehmen, wenn diese Nachteile durch die Vorteile der Modernisierung verdrängt werden. So ist es hier. Der Nachteil, dass Innenjalousien weniger Wärme- bzw. Kälteschutz bieten als Außenjalousien, wird dadurch aufgehoben, dass nunmehr moderne Fenster verbaut sind, die einen höheren Wärmedurchgangswiderstand aufweisen. Hinzu kommt die Wärmedämmung der Fassade. Sichtschutz zu benachbarten Balkons o.ä. lässt sich durch eine Innenjalousie oder Gardinen ebenso wie durch eine Außenjalousie feststellen. Der eventuell zusätzliche Einbruchschutz durch Außenjalousien ist hier zu vernachlässigen, da sich die Wohnung nicht im Erdgeschoss, sondern im ersten Obergeschoss befindet. Es ist absolut ungewöhnlich, dass ein Mieter zum anderen über die Fassade in die Wohnung steigen würde. Eine solche Befürchtung ist eher fern der Erwartungen an ein durchschnittliches Mietverhältnis, sodass die Beklagten auch nicht deswegen eine Außenjalousie anbringen müssen. Eine Innen- wie auch eine Außenjalousie wären von der Klägerin selbst zu reinigen. Selbst wenn die Reinigung bei einer Innenjalousie aufwändiger sein sollte, ist dieser Aspekt in der Gesamtbetrachtung jedenfalls zu vernachlässigen. Es kann nicht auf eine besondere allergische Disposition der Beklagten abgestellt werden, da der sogenannte durchschnittliche – insbesondere gesunde – Mieter für die rechtliche Bewertung entscheidend ist. Es ist nachvollziehbar, dass das einheitliche Aussehen der Fassade leidet, wenn nur für die Klägerin eine Außenjalousie montiert werden sollte. Sie trägt nicht vor, dass das Problem weitere oder gar alle Wohnungen betreffen würde. Weiter ist nachvollziehbar, dass die Wärmedämmung durch eine Außenjalousie beschädigt würde, da die Jalousie nicht einfach aufgesetzt werden kann, sondern die Wärmedämmung und die Wand jedenfalls für die Bedienung / Steuerung durchbrochen werden müssen. Das hebt gerade in dem insoweit sowieso sensiblen Bereich der Fenstereinfassung die Wärmedämmmaßnahmen vollständig auf und führt zu Wärmebrücken und den sich aus ihnen ergebenden Problemen. Das von der Klägerin eingeholte Kostenangebot lässt nicht erkennen, wie dies vermieden werden sollte. …
02.01.2018