Leitsatz:
Ein Yorkshire Terrier ist kein „Kleintier“ im Sinne einer wirksamen Tierhalteklausel.
AG Spandau vom 13.4.2011 – 13 C 574/10 –
Anmerkungen des Berliner Mietervereins
Der Formularmietvertrag enthielt unter anderem folgende Klausel: „§ 11 Tierhaltung Kleintiere, wie Vögel, Zierfische, Schildkröten, Hamster, Zwergkaninchen oder vergleichbare Tiere, darf der Mieter ohne Einwilligung des Vermieters im haushaltsüblichen Umfang halten. Andere Tierhaltung des Mieters, insbesondere Hundehaltung, ist nur bei vorheriger Zustimmung des Vermieters gestattet.“
Die Mieterin begehrte vom Vermieter die Zustimmung zur Haltung eines Yorkshire Terriers. Der Vermieter lehnte die Zustimmung unter Berufung auf § 11 des Mietvertrags ab und erklärte, dass von dem Hund Geräusch- und Schmutzimmissionen ausgehen könnten. Er habe deshalb keinem einzigen Mieter die Hundehaltung gestattet und beabsichtige dies auch in Zukunft nicht. Alle weiteren Mietparteien des Hauses waren im Übrigen mit der Haltung eines Yorkshire Terriers durch die Mieterin einverstanden.
Das Gericht gab dem Vermieter Recht: Die in § 11 Satz 2 geregelte Tierhalterklausel mit Zustimmungsvorbehalt für andere Tiere als Kleintiere sei wirksam.
Die Wirksamkeit der mietvertraglichen Regelung führe aber zwingend dazu, dass die Mieterin keinen rechtlichen Anspruch auf die begehrte Zustimmung habe. Eine einzelfallbezogene Interessenabwägung sei nicht durchzuführen. Eine solche finde nur statt, wenn der Mietvertrag keine wirksame Regelung der Tierhaltung enthalte.
Die Klausel sei auch nicht dahingehend auslegungsfähig, dass kleine Hunde den Kleintieren zuzuordnen seien, große Hunde der „anderen Tierhaltung“. Einer solchen Auslegung stehe bereits der Wortlaut entgegen, der die Hundehaltung exemplarisch, jedoch generell der Zustimmungsbedürftigkeit zuordne. Eine Differenzierung nach der Größe und den Eigenschaften des Hundes würde daher auch dem Inhalt der Klausel zuwiderlaufen. Es solle gerade nicht auf die Einschätzung des Mieters, sein Hund sei ein Kleintier, ankommen.
Die Vereinbarung sei auch sachgerecht, weil ansonsten unpraktikable, im Verhältnis der Mieter untereinander ungerechte und objektiv nicht mehr justitiable Einzelfallergebnisse entstehen würden: Yorkshire-Terrier und Zwergpudel ja, großer Pudel wahrscheinlich nein, Schäferhund sicher nein, Dackel vielleicht.
Urteilstext
Sachverhalt:
Mit schriftlichem Vertrag vom 4.3.2003 vermietete der Beklagte an die Klägerin eine Wohnung. Der Formularmietvertrag enthält u.a. folgende Klausel:
„§ 11 Tierhaltung
Kleintiere, wie Vögel, Zierfische, Schildkröten, Hamster, Zwergkaninchen oder vergleichbare Tiere, darf der Mieter ohne Einwilligung des Vermieters im haushaltsüblichen Umfang halten.
Andere Tierhaltung des Mieters, insbesondere Hundehaltung, ist nur bei vorheriger Zustimmung des Vermieters gestattet.“
Die Klägerin begehrte vom Beklagten mehrfach und am 13.9.2010 schriftlich die Zustimmung zur Haltung eines Yorkshire Terriers. Mit Schreiben vom 21.9.2010 lehnte der Beklagte die Zustimmung unter Berufung auf § 11 des Mietvertrags ab. Alle weiteren Mietparteien des Hauses erklärten im Oktober 2010 ihr Einverständnis mit der Haltung eines Yorkshire Terriers durch die Klägerin.
Der Beklage trägt u.a. vor, dass von dem Hund Geräusch- und Schmutzimmissionen ausgehen können. Er habe deshalb keinem einzigen Mieter die Hundehaltung gestattet und beabsichtige dies auch in Zukunft nicht.
Aus den Gründen:
Der Klägerin steht kein Anspruch auf Zustimmung zur Haltung eines Yorkshire Terriers aus dem Mietvertrag zu, da sich der Beklagte zu Recht auf den Genehmigungsvorbehalt in § 11 Satz 2 des Mietvertrages beruft.
Die in § 11 Satz 2 geregelte Tierhalterklausel mit Zustimmungsvorbehalt für andere Tiere als Kleintiere ist wirksam.
Nach der Rechtsprechung des BGH ist eine Tierhaltungsklausel mit Zustimmungsvorbehalt unwirksam, wenn sie den Mieter entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt. Eine solche Benachteiligung i.S. des § 307 BGB Abs. 1 Satz 1 BGB wird angenommen, wenn die Tierhalterklausel eine Ausnahme für Haustiere vorsieht, deren Haltung zum vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache i.S. von § 535 Abs. 1 BGB gehört (BGH vom 14.11.2007 – VIII ZR 340/06, NJW 2008, 218 [220] m.w. Nachw.). Der BGH hat insoweit exemplarisch Ziervögel, Zierfische, Hamster und Schildkröten aufgeführt, die in geschlossenen Behältnissen gehalten werden, weshalb i.d.R. von diesen Tieren Beeinträchtigungen der Mietsache und Störungen Dritter nicht ausgehen. Die streitgegenständliche Klausel sieht jedoch gerade eine vorbehaltlose Erlaubnis für das Halten von Kleintieren vor und unterwirft nur eine andere Tierhaltung der Zustimmung des Vermieters. Gemessen an der höchstrichterlichen Rechtsprechung bestehen deshalb keine Zweifel, dass § 11 des Mietvertrages insgesamt einer Inhaltskontrolle standhält.
Die Wirksamkeit der mietvertraglichen Regelung führt aber zwingend dazu, dass die Klägerin keinen rechtlichen Anspruch auf die begehrte Zustimmung hat.
Eine einzelfallbezogene Interessenabwägung ist nicht durchzuführen. Eine solche findet nur statt, wenn der Mietvertrag keine wirksame Regelung der Tierhaltung enthält (vgl. BGH a.a.O., S. 220).
Angesichts des wirksamen Zustimmungsvorbehalts in § 11 Satz 2 des Mietvertrages für die Hundehaltung passt die von der Beklagten zitierte Rechtsprechung auf die vorliegende Konstellation nicht. Dies gilt insbesondere für die Entscheidung des LG Kassel (Urteil vom 30.1.1997, WuM 1997, 260). Schon die tatsächlichen Ausführungen des Gerichts, Hunde der Rasse Yorkshire-Terrier seien von winzigem Ausmaß, vergleichbar etwa mit einem Meerschweinchen, liegen neben der Sache. Dies gilt auch für die Feststellung, dass sich diese Tiere allenfalls durch leises, heiseres Krächzen bemerkbar machen können. Die rechtlichen Schlussfolgerungen des LG Kassel überzeugen deshalb schon im Hinblick auf die Beschreibung der Eigenschaften eines Yorkshire-Terriers nicht. Darüber hinaus berücksichtigt das LG Kassel in keiner Weise die vom BGH und der Literatur vorgenommene Differenzierung hinsichtlich der Art und Weise der Tierhaltung.
Die Klausel ist auch nicht dahingehend auslegungsfähig, dass kleine Hunde den Kleintieren zuzuordnen sind, große Hunde der „anderen Tierhaltung“. Einer solchen Auslegung steht bereits der Wortlaut entgegen, der die Hundehaltung exemplarisch, jedoch generell der Zustimmungsbedürftigkeit zuordnet. Eine Differenzierung nach der Größe und den Eigenschaften des Hundes würde daher auch dem Inhalt der Klausel zuwiderlaufen. Es soll gerade nicht auf die Einschätzung des Mieters, sein Hund sei ein Kleintier, ankommen. Die Vereinbarung ist auch sachgerecht, weil ansonsten unpraktikable, im Verhältnis der Mieter untereinander ungerechte und objektiv nicht mehr justitiable Einzelfallergebnisse entstehen würden: Yorkshire-Terrier und Zwergpudel ja, großer Pudel wahrscheinlich nein, Schäferhund sicher nein, Dackel vielleicht.
Die Versagung der Genehmigung durch den Beklagten ist auch nicht rechtsmissbräuchlich gemäß § 242 BGB. Der Beklagte versagt – jedenfalls aktuell – konsequent und generell die Hundehaltung im Haus. Hierauf hat sich die Klägerin bei der Begründung des Mietverhältnisses vertraglich eingelassen.
14.06.2017