Leitsätze:
1. Eine Modernisierungsankündigung ist nicht deshalb unwirksam, weil darin die Ersparnis, die Berechnung der Erhöhung und der Instandsetzungsabzug nicht erläutert worden sind. Der Vermieter hat lediglich die zu erwartende Mieterhöhung in Euro pro Quadratmeter mitzuteilen. Eine Berechnung der Kostenkalkulation ist nicht erforderlich. Die Angabe der ungefähren Mieterhöhung reicht aus, weil die Mitteilung nicht die spätere Mieterhöhungserklärung vorweg nimmt. Der Vermieter muss die Kalkulationsgrundlage nicht im Wege einer Vorabberechnung einschließlich des Instandhaltungsabzuges in dem Ankündigungsschreiben offen legen.
2. Bei der Beurteilung des Vorliegens einer finanziellen Härte ist die nach der Modernisierung maßgebliche Gesamtmiete in Relation zu setzen zu den individuellen Einkommensverhältnissen des Mieters – einschließlich des Einkommens der Haushaltsangehörigen. Maßgebend ist das Einkommen zum Zeitpunkt des Duldungsbegehrens. Es ist auch zu berücksichtigen, ob der Mieter Anspruch auf Wohngeld hat. Das gilt unabhängig davon, ob der Mieter tatsächlich Wohngeld in Anspruch genommen hat. Er muss sich wegen der Duldungspflicht grundsätzlich so behandeln lassen, als würde ihm Wohngeld gewährt. Das dem Mieter zustehende Wohngeld ist als Teil des berücksichtigungsfähigen Gesamtnettoeinkommens des Mieters zu behandeln.
LG Berlin, Urteil vom 3.12.04 – 63 S 273/04 –
Mitgeteilt von RA Wolfgang Schäfer
Urteilstext
Aus den Gründen:
Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen. Im Übrigen wird von der Darstellung des Tatbestandes gemäß § 313 a Abs. 1 Satz 1 ZPO in Verbindung mit § 540 Abs. 2 ZPO abgesehen. Mit der Berufung verfolgen die Beklagten ihren Antrag weiter.
Die gemäß §§ 511 ff. ZPO zulässige Berufung ist aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung unbegründet. Die Erledigungserklärung der Klägerin bezüglich des Feststellungsantrages ist als Antrag auf Feststellung der Erledigung des Rechtsstreits insoweit auszulegen. Dieser Feststellungsantrag ist ferner auch begründet, weil sich der ursprüngliche Feststellungsantrag erledigt hat und die ursprüngliche Klage begründet war. Denn das Mietverhältnis ist seit Ende November 2003 beendet und auf Grund der Beendigung des Mietverhältnisses besteht kein Feststellungsinteresse mehr fort, da sämtliche Zeiträume beziffert und im Wege der Zahlungsklage geltend gemacht werden können, so dass es keiner Feststellung der Miethöhe mehr bedarf.
Es bestand ein Anspruch auf Feststellung des erhöhten Mietzinses ab Juni 2002 von 460,06 Euro (= 298,18 Euro Grundmiete + 4,91 Euro Einzelmodernisierung (Fenster) + 132,94 Euro Betriebskostenvorauszahlung + 24,03 Euro Heizkostenvorschuss), weil die Mieterhöhung mit Schreiben vom 9. April 2002 wirksam war.
Grundlage für die mit Schreiben vom 9. April 2002 erklärte Rückwirkung der Mieterhöhung ist die Mietpreisgleitklausel in Nr. 2 Abs. 2 der AVB, welche nicht gegen das Transparenzgebot des § 9 AGBG / § 307 Abs. 2 BGB verstößt.
Der Anspruch auf die erhöhte Kostenmiete selbst folgt aus den §§ 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 WoBindG in Verbindung mit § 6 Abs. 1 Satz 2 NMV und § 11 Abs. 4 Nr. 1, Abs. 6 Satz 1 II. BV. Danach kann der Vermieter eine neue Wirtschaftlichkeitsberechnung unter Ansatz der erhöhten laufenden Aufwendungen unter anderem dann aufstellen, wenn er mit Zustimmung der Bewilligungsstelle – hier seitens der IBB unstreitig erfolgt – bauliche Maßnahmen (Modernisierungsmaßnahmen) vorgenommen hat, die nachhaltig Einsparung von Heizenergie bewirken.
Entgegen der angefochtenen Entscheidung ist davon auszugehen, dass die Beklagten die Modernisierungsmaßnahme nicht geduldet haben und dass nicht auf Grund dieser Duldung die Ankündigung der Modernisierung im Falle ihrer Unwirksamkeit entbehrlich war. Hinsichtlich der außerhalb der Wohnung erfolgten Fassadendämmung sind die Mieter nicht darauf zu verweisen, die Maßnahme im Wege der einstweiligen Verfügung stoppen zu lassen. Wenn der Mieter der Durchführung der Modernisierungsmaßnahme mündlich oder – wie hier mit Schreiben vom 22. August 2000 – schriftlich widersprochen hat, liegt auch dann keine Duldung vor, wenn er nicht gerichtlich gegen die Maßnahme (z.B. im Außenbereich) vorgegangen ist (LG Berlin MM 1999, 390).
Anders ist die Duldung des Einbaus der Isolierglasfenster in der Wohnung zu beurteilen. Der Mieter duldet die Maßnahme, indem er die Handwerker die angekündigte Maßnahme in der Wohnung hat ausführen lassen (vgl. KG – RE – GE 1988, 993; OLG Stuttgart – RE – GE 1991, 817; OLG Frankfurt/Main – RE – GE 1991, 829). Die Beklagten können sich nicht darauf berufen, sie hätten die Maßnahme nur unter dem Gesichtspunkt der Instandsetzung der mutmaßlich maroden Kastendoppelfenster im Wege der Duldung zugestimmt. In diesem Fall ist von einer Duldung der Maßnahme insgesamt Abstand zu nehmen.
Es kann dahinstehen, ob diese Mieterhöhung im Preisrecht überhaupt von einer ordnungsgemäßen Ankündigung der Modernisierungsmaßnahme gemäß § 541 b BGB a.F. / § 554 Abs. 2 n.F. abhängig ist. Anders als im preisfreien Wohnraum ist die Mieterhöhung nicht von einer aus der Ankündigung erwachsenden Duldungspflicht abhängig, sondern die geänderte Kostenmiete wird vielmehr auf Grund gesetzlicher Bestimmungen geschuldet. § 11 Abs. 7 II. BV sieht keine Ankündigungspflicht vor. Jedenfalls liegt aber auch eine wirksame Ankündigung der Modernisierung hinsichtlich der Wärmedämmfassade und der Isolierglasfenster mit Schreiben vom 14. Juli 2000 vor.
Die Beklagten können gegen die Ankündigung nicht mit Erfolg einwenden, sie sei unwirksam, weil darin die Ersparnis, die Berechnung der Erhöhung und der Instandsetzungsabzug nicht erläutert worden sei. Der Vermieter hat lediglich die zu erwartende Mieterhöhung in DM/qm mitzuteilen (vgl. Kinne/Schach, Mietvertrags- und Mietprozessrecht, 3. Aufl., § 554, Rdnr. 143). Eine Berechnung und Erläuterung der Kostenkalkulation ist nicht erforderlich (LG Berlin MM 1987, 31). Die Angabe der ungefähren Mieterhöhung reicht aus, weil die Mitteilung nicht die spätere Mieterhöhungserklärung vorweg nimmt. Der Vermieter muss die Kalkulationsgrundlage nicht im Wege einer Vorabberechnung einschließlich des Instandhaltungsabzuges in dem Ankündigungsschreiben offenlegen (LG Berlin MM 1987, 291; GE 1990, 497).
Des Weiteren ist obergerichtlich entschieden, dass die Mieterhöhung wegen energieeinsparender Modernisierungsmaßnahmen im Grundsatz nicht durch das Verhältnis zu der erzielten Heizkostenersparnis begrenzt wird (vgl. BGH WM 2004, 288). Für eine Begrenzung nach Art einer „Kappungsgrenze“ bestehe keine gesetzliche Grundlage. Die Regelungen für den preisgebundenen Wohnraum (§§ 8 – 8 b WoBindG, § 6 NMV, § 11 Abs. 4 – 6 II. BV; nunmehr § 28 WoFG) und den preisfreien Wohnraum (§§ 559 – 559 b BGB; § 3 MHG) regelten die Zulässigkeit einer Umlage der Modernisierungskosten auf den Mieter, ohne eine Begrenzung im Hinblick auf die zu erwartende Heizkostenersparnis vorzusehen. Dieser Auffassung schließt sich die Kammer an.
Die weitere Tatbestandsvoraussetzung einer Modernisierung ist erfüllt. Gemäß § 11 Abs. 6 II. BV zählen zu einer Modernisierung bauliche Maßnahmen, die den Gebrauchswert des Wohnraums nachhaltig erhöhen, die allgemeinen Wohnverhältnisse auf die Dauer verbessern oder nachhaltig Einsparung von Heizenergie oder Wasser bewirken. Hierfür reicht es aus, wenn überhaupt eine messbare Einsparung an Heizenergie erzielt wird und diese dauerhaft ist (vgl. BGH WM 2004, 288; BGHZ 150, 277). Nach dem Ergebnis des erstinstanzlich eingeholten Gutachtens des Sachverständigen O. vom 9. Juni 2003 ist dies der Fall, da eine Energieeinsparung von 36 % bis 39 % auf Grund der Umbauten (Wärmedämmfassade und Isolierglasfenster statt Kastendoppelfenster) erzielt worden ist. Die Einwände gegen das Gutachten werden von der Berufung nur unter pauschaler Bezugnahme auf den erstinstanzlichen Vortrag geltend gemacht. Der Einwand, das Blumenfenster mit den bereits zuvor vorhandenen Isolierglasfenstern sowie die abweichende Raumhöhe würden zu anderen Ergebnissen führen, ist vom Sachverständigen im Termin vom 28. Mai 2004 bereits dahin nachvollziehbar erläutert worden, dass gleichwohl eine Einsparung von mehr als 30 % verbleibe.
Hinsichtlich des Abzugs für Instandhaltung sind die von der Klägerin berücksichtigten Werte von 70 % Instandhaltungsanteil bei den Fenstern und 60 % bei der Fassade von den Beklagten nicht konkret angegriffen worden. Erforderlich wäre hierzu eine Darlegung gewesen, die den konkreten Instandsetzungsstau erkennen lässt, welcher einen weitergehenden Abzug gerechtfertigt hätte.
Die Höhe des Erhöhungsbetrages ist – wie dargelegt – nicht auf ein wirtschaftliches Verhältnis zu der Energieeinsparung begrenzt. Der Gesetzgeber hat im volkswirtschaftlichen Interesse an einer Modernisierung des Wohnbestandes – auch zum Zwecke der Energieeinsparung – von einer begrenzenden Regelung bewusst abgesehen (vgl. BGH WM 2004, 288 m.w.N.). Daraus folgt jedoch nicht, dass der Mieter gegenüber Modernisierungsmaßnahmen schutzlos gestellt ist. Für den Bereich des preisgebundenen Wohnraums bedarf es nach § 6 Abs. 1 Satz 2 NMV, § 11 Abs. 7 II. BV der Zustimmung der Bewilligungsstelle zu der Modernisierungsmaßnahme, in deren Rahmen auch die Auswirkungen auf das Mietpreisniveau zu berücksichtigen sind (BGH a.a.O.; BVerwG WM 1990, 566, 567; vgl. nunmehr § 6 Abs. 1 Nr. 6, § 7 Nr. 1, §§ 13, 28 WoFG). Nach § 541 b Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. (jetzt mit geringfügigen Änderungen § 554 Abs. 2 BGB), der vorliegend gemäß Art. 229 § 3 Abs. 1 Nr. 6 EGBGB anzuwenden ist, hat der Mieter Maßnahmen unter anderem zur Einsparung von Heizenergie zu dulden, es sei denn, dass die Maßnahme für ihn oder seine Familie eine Härte bedeuten würde, die auch unter Würdigung der berechtigten Interessen des Vermieters und anderer Mieter in dem Gebäude nicht zu rechtfertigen ist. Dabei ist unter anderem auch die zu erwartende Erhöhung des Mietzinses zu berücksichtigen (Satz 2). Diese Härteklausel findet auch für Mieterhöhungen im preisgebundenen Wohnraum nach § 10 WoBindG Anwendung (vgl. BayObLG WM 1996, 749 m.w.N.).
Bei der Beurteilung des Vorliegens einer finanziellen Härte ist die nach der Modernisierung maßgebliche Gesamtmiete in Relation zu setzen zu den individuellen Einkommensverhältnissen des Mieters – wobei Ratenkreditverpflichtungen unberührt bleiben können (LG Berlin WM 1990, 206) – einschließlich des Einkommens der Haushaltsangehörigen (LG Berlin GE 1985, 1099). Maßgebend ist das Einkommen zum Zeitpunkt des Duldungsbegehrens (vgl. Kinne/Schach, Mietvertrags- und Mietprozessrecht, 3. Aufl., § 554, Rdnr. 92). Es ist auch zu berücksichtigen, ob der Mieter Anspruch auf Wohngeld hat (KG – RE – GE 1982, 701; BGH GE 1992, 375). Das gilt unabhängig davon, ob der Mieter tatsächlich Wohngeld in Anspruch genommen hat. Er muss sich wegen der Duldungspflicht grundsätzlich so behandeln lassen, als würde ihm Wohngeld gewährt (KG, a.a.O.). Das dem Mieter zustehende Wohngeld ist als Teil des berücksichtigungsfähigen Gesamtnettoeinkommens des Mieters zu behandeln (KG, a.a.O.). Hält sich die Miete nach Modernisierung im Rahmen der für die Wohngeldgewährung zu berücksichtigenden Beträge, wird im Regelfall keine finanziell unzumutbare Härte vorliegen (LG Köln WM 1992, 431). Vorliegend wurde in erster Instanz eingewandt, dass die Miete bereits vor der Modernisierung bei über 30 % des Nettoeinkommens lag. Allerdings erfolgte der nötige Vortrag zur Wohngeldberechtigung erst in zweiter Instanz und ist gemäß § 531 Abs. 2 ZPO präkludiert. Zudem erfolgte der Vortrag in einer nicht nachvollziehbaren Weise ohne Nennung des Wohngeldbetrages. Die Ermittlung desselben obliegt dem darlegungsbelasteten Mieter, nicht dem Gericht. Der Beweisantritt der Einholung einer Auskunft der Wohngeldstelle ist als Ausforschungsbeweis unzulässig.
Im Ergebnis ist die Mieterhöhungserklärung vom 9. April 2002, der eine neue Wirtschaftlichkeitsberechnung beigefügt war, daher wirksam. …
13.06.2018