Leitsatz:
Der Abzug wegen ersparter Instandsetzungen bei der Mieterhöhung wegen Modernisierung muss erläutert und berechnet werden.
AG Charlottenburg, Urteil vom 27.2.07 – 224 C 295/06 –
Mitgeteilt von RA Falko Kalisch
Urteilstext
Aus den Entscheidungsgründen:
Die Klage ist unbegründet.
Die Klägerin, die gemäß § 566 BGB auf Vermieterseite in das Mietverhältnis eingetreten ist, hat keinen Anspruch gegen die Beklagte gemäß § 535 Abs. 2 BGB auf weitere Mietzahlung in Höhe von 2.950,57 Euro für die Zeit von Januar 2003 bis November 2006.
Die Miete ist nicht zum 1.1.2003 durch die Erhöhungserklärung der Klägerin vom 4.11.2002 wegen Modernisierungsmaßnahmen um monatlich 63,21 Euro erhöht worden. Für den Zeitraum Januar 2003 bis November 2006 (47 Monate) ergibt dies einen Differenzbetrag von insgesamt 2.970,87 Euro, so dass Mietrückstände nicht bestehen.
Die Mieterhöhungserklärung vom 4.11.2002 ist formal unwirksam, da sie den Anforderungen gemäß § 559 b Abs. 1 BGB nicht genügt.
Eine wirksame Erhöhungserklärung setzt voraus, dass sich ein wohnungswirtschaftlich nicht vorgebildeter Mieter aus der Erläuterung ein Bild über die Berechtigung der Mieterhöhung machen kann. Ihm muss allein aufgrund der Erhöhungserklärung eine Plausibilitätsprüfung der aufgewendeten Kosten und der Aufteilung der Kosten auf seine Wohnung möglich sein (LG Berlin GE 1997, 1579; LG Berlin MM 2003, 471). Führt der Vermieter Maßnahmen durch, die zum Teil Modernisierung, zum Teil aber Instandsetzung darstellen, so dürfen die durch instandsetzung verursachten anteiligen Kosten nicht gemäß § 559 BGB umgelegt werden (LG Berlin GE 1998, 550; LG Berlin GE 2003, 122). In diesem Fall muss der Vermieter in der Erhöhungserklärung nachvollziehbar darlegen, welche Kosten er in welcher Höhe von den angegebenen Gesamtkosten vorab als Instandsetzungskosten in Abzug gebracht hat (Kinne/Schach/Bieber, Miet- und Mietprozessrecht, 4. Aufl., § 559 b BGB Rn.. 4; Schmidt-Futterer/Börstinghaus, Mietrecht, 9. Aufl., § 559 b BGB Rn. 13; KG GE 2002, 259, KG GE 2006, 714). Die fiktiven Instandsetzungskosten sind herauszurechnen. Dabei ist darauf abzustellen, welche Kosten angefallen wären, wenn nicht modernisiert, sondern nur instandgesetzt worden wäre (LG Berlin GE 1998, 550, 551). Mangels abweichender Vereinbarung der Mietvertragsparteien ist ein pauschaler Abzug von Instandsetzungskosten in der Mieterhöhungserklärung wegen Modernisierung nicht hinreichend zur Berechnung des Mieterhöhungsanspruchs; es muss vielmehr eine Vergleichsrechnung aufgestellt werden, aus der sich ergibt, welche Kosten entstanden wären, wenn statt der lnstandmodernisierung eine bloße Instandsetzung stattgefunden hätte (LG Berlin MM 2001, 401; Schmidt-Futterer/Börstinghaus, Mietrecht, 9. Aufl., § 559 b Rn. 13). Dies kann z.B. durch einen Kostenvoranschlag für die jeweiligen Instandsetzungsarbeiten geschehen. Der Vermieter hat vor Beginn der Maßnahmen den Instandsetzungsbedarf festzustellen und die für die Instandsetzung erforderlichen Kosten zu ermitteln (LG Berlin GE 1997, 1469; LG Berlin MM 2003, 471).
Die Klägerin hat die Modernisierungskosten für die Wärmedämmung der Fassade, für die Erneuerung der Fenster und Balkontüren und für die Verstärkung der elektrischen Steigeleitungen nicht wirksam errechnet. Denn die abgesetzten Kosten für die Instandsetzungsarbeiten sind nicht nachvollziehbar erläutert.
Hinsichtlich der Dämmung der Fassade hat die Klägerin Kosten für Instandsetzungsarbeiten in Höhe von 50.215,48 DM in Abzug gebracht. Es wird jedoch nicht erläutert, wie sich dieser Abzugsbetrag ergibt. Aus der Erhöhungserklärung lässt sich nicht entnehmen, wieso die Klägerin gerade den in Abzug gebrachten Betrag angesetzt hat. Eine Ermittlung der Kosten der ersparten Instandsetzung – etwa durch Gegenüberstellung der Kosten für die Modernisierungsmaßnahme und denjenigen Kosten, die allein für die Instandsetzung angefallen wären – ist unterblieben. Der pauschale Verweis auf das Leistungsverzeichnis der ausführenden Firma genügt nicht. Der Betrag für die Instandsetzung weicht zudem erheblich von dem in dem Ankündigungsschreiben hierfür angesetzten Betrag ab.
Entsprechendes gilt hinsichtlich der Erneuerung der Fenster und Balkontüren. Diesbezüglich lässt sich der Aufstellung in der Mieterhöhungserklärung entnehmen, dass Instandsetzungskosten von 215.492,00 DM in Abzug gebracht wurden. Dieser Betrag wird auch nicht ansatzweise erläutert.
Hinsichtlich der Verstärkung der elektrischen Steigestränge wird in der Kostenaufstellung der Mieterhöhungserklärung von der Position „Elektroleistungen“ ein Teilbetrag in Höhe von 29.218,89 DM für Instandsetzung abgezogen. Aus den Erläuterungen ergibt sich hierzu lediglich, dass der Austausch der Klingelleitungen und die Verlegung von Leerrohren für Breitband- und Telefonleitungen als Instandsetzungsmaßnahmen verstanden wurden. Inwiefern bei Durchführung allein dieser Arbeiten die genannten Kosten entstanden wären, ergibt sich jedoch aus den Erläuterungen nicht.
Auch ein Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte auf Zahlung von 758,52 Euro für das Jahr 2002 besteht nicht. Ob eine rückwirkende Erhöhung aufgrund von Modernisierungsmaßnahmen möglich wäre und ob hinsichtlich der Beträge für 2002 Verjährung eingetreten ist, kann dahinstehen, da eine wirksame Erhöhungserklärung gemäß § 559 b Abs. 1 BGB nicht vorliegt. …
03.01.2018