Leitsatz:
Durch Modernisierungsmaßnahmen neu entstandene Betriebskosten (hier: Aufzugskosten) sind ohne dahingehende Vereinbarung nicht umlegbar. Der Mieter ist zum Abschluss einer solchen Vereinbarung nicht verpflichtet. Die Revision wird zugelassen.
LG Berlin, Urteil vom 7.11.06 – 65 S 169/06 –
Mitgeteilt von RAen Ludger Freienhofer & Wolfgang Hak
Urteilstext
Aus den Entscheidungsgründen:
„… Ob durch Modernisierungsmaßnahmen neu entstehende Betriebskosten ohne dahingehende Vereinbarung umlegbar sind beziehungsweise der Mieter zum Abschluss einer solchen Vereinbarung verpflichtet ist, ist umstritten.
Während Emmerich/Weitemeyer, Mietrecht, 8. Aufl., § 556 Rdn. 35 dies als Verstoß gegen die Vertragsfreiheit ablehnt, spricht sich die überwiegende Literaturmeinung für eine derartige Verpflichtung aus: Sternel, Mietrecht, 3. Aufl., III Rdn. 323; Beuermann, Praxiskommentar Mietrecht, § 3 MHG Rdn. 60; Langenberg, Betriebskostenrecht, 3. Aufl., E Rdn. 3; differenziert, ablehnend bei Fahrstuhlkosten: von Seldeneck, Betriebskosten, Rdn. 2715.Allerdings schränken die Vertreter dieser eine Verpflichtung bejahenden Auffassung, soweit sie ihre Auffassung auch begründen, diese meist erheblich ein: So will Sternel a.a.O. eine Verpflichtung nur bei erheblichen Mehrkosten annehmen und nimmt als Beispielfall die Umstellung auf Zentralheizung, also einen Fall, in dem der Mieter vor der Umstellung für seine Einzelöfen auch Heizkosten aufwenden musste, er also bei Nichtübernahme der neuen Betriebskosten sogar von Betriebskosten entlastet würde.
Die Kammer folgt im Ergebnis der von Weitemeyer vertretenen Auffassung: Die Modernisierung ist gesetzlich eingehend geregelt, sowohl hinsichtlich der Voraussetzungen als auch in der Fortfolge hinsichtlich der Kostenübernahme durch beziehungsweise Kostenumlegung auf den Mieter. Wenn der Gesetzgeber trotz der Offensichtlichkeit des Problems keine Regelung zur Betriebskostenübernahme durch den Mieter trifft, ist darin nach Ansicht der Kammer eine grundsätzliche Geltung des Grundsatzes des § 556 Abs. 1 BGB auch für den Modernisierungsfall zu sehen. Diese grundsätzliche Wertung des Gesetzgebers kann deshalb allenfalls in engen Grenzen unter Berufung auf die Grundsätze von Treu und Glauben, § 242 BGB, ausgehebelt werden.
An dem Grundsatz des Vorrangs der vertraglichen Vereinbarungen und gesetzlichen Regelungen auch im (Wohnungs-)Mietrecht vor der reinen Ausrichtung an (vermeintlichen) Billigkeitsgesichtspunkten richtet sich auch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes aus, etwa zum Wärmecontracting, insbesondere Urteil vom 6. April 2005 zu VIII ZR 54/04 und Urteil vom 1. Juni 2005 zu VIII ZR 84/04. Auch die ältere Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 21. Januar 2004 zu VIII ZR 99/03, die zur Überbürdung durch Neueinbau eines Fahrstuhles neu entstandener Betriebskosten ergangen ist, dort RN 21, stützte sich letztlich auf eine konkludente Übernahmevereinbarung zwischen Vermieter und Mieter, die hier nicht vorliegt.
Demgegenüber kann die oben angegebene Auffassung, die sich für eine Pflicht des Mieters zur Tragung durch Modernisierungen neu entstandener Betriebskosten ausspricht, als Begründung lediglich die Grundsätze von Treu und Glauben, § 242 BGB, anführen.
Aus § 242 BGB kann – wie bereits ausgeführt – nach Ansicht der Kammer allenfalls in eng begrenzten Fällen, etwa um die von den Mietvertragsparteien im Grundsatz bereits vereinbarte Kostenverteilung aufrechtzuerhalten, eine Verpflichtung zur Kostenübernahme durch den Mieter abgeleitet werden, etwa dahingehend, dass der Mieter bei Umstellung von Ofenheizung auf eine Zentralheizung weiterhin die Brennstoffkosten, den Betriebsstrom und die Reinigungskosten der Heizung tragen muss, auch wenn diese Kosten nunmehr zentral anfallen.In den übrigen Fällen verbleibt dem Vermieter die Möglichkeit, die Betriebskostenerhöhungen durch eine Mieterhöhung gemäß § 558 BGB auf den Mieter umzulegen, solange die Miete im Rahmen der ortsüblichen Vergleichsmieten verbleibt.
Denn der Fahrstuhl ist durch die Modernisierung Vertragsgegenstand geworden, die bisher vereinbarte Miete enthält diese Betriebskosten nunmehr, so dass der vereinbarte Mietzins im Vergleich zu in den letzten vier Jahren neu vereinbarten oder geänderten Entgelten (unter anderem in der Ausstattung) vergleichbarer Wohnungen, die gemäß § 558 Abs. 2 BGB bei der Bestimmung der ortsüblichen Vergleichsmiete zugrundezulegen sind, relativ gesunken ist. …
Die Revision ist zuzulassen, weil die streitentscheidende Rechtsfrage auch durch die zitierte Entscheidung vom 21. Januar 2004 von dem Bundesgerichtshof noch nicht eindeutig entschieden worden ist.“
03.01.2018