Leitsatz:
Stellt der Mieter auf den nur ihm zugänglichen Laubengang vor der Wohnungseingangstür Möbel und Blumentöpfe – in maximaler Höhe der Brüstung – dauerhaft ab, stellt dies zwar eine Vertragsverletzung dar, welche aber nicht so schwerwiegend ist, dass sie die Kündigung des Mietverhältnisses rechtfertigt.
LG Berlin, Urteil vom 9.5.2008 – 63 S 376/07 –
Mitgeteilt von RA Ulrich Kernen
Urteilstext
Aus den Entscheidungsgründen:
… Die Kündigungen sind nicht gemäß § 543 Abs. 1 BGB begründet. Das Aufstellen von Tischen, Stühlen, Teppichen und Blumentöpfen auf dem Laubengang vor der Wohnung der Beklagten stellt keine so erhebliche Vertragverletzung der Beklagten dar, welche die Fortsetzung des Mietverhältnisses für die Klägerin unzumutbar macht und eine Kündigung rechtfertigt. Der Klägerin ist zuzugeben, dass diese Nutzung über den vertraglich geschuldeten Umfang aufgrund des Mietvertrags vom 16. März 1998 hinausgeht. Denn der Laubengang dient wie ein Flur in erster Linie zum Zugang zu den Wohnungen. Die Beklagten stellen auch nicht nur vorübergehend Gegenstände dort ab, wie etwa Fahrräder und Kinderwagen. Sie nutzen den Laubengang vielmehr wie einen ausschließlich zu einer Wohnung gehörenden Balkon.
Auch wenn danach eine Vertragsverletzung vorliegt, begründet sie indes nicht ohne Weiteres einen Kündigungsgrund. Eine Unzumutbarkeit einer Vertragsfortsetzung ergibt sich erst aus einer entsprechenden Erheblichkeit, die eine Kündigung als letztes Mittel gerechtfertigt erscheinen lässt. Ansonsten ist der Vermieter gehalten, die Einhaltung der vertraglichen Absprachen durch eine Unterlassungsklage als milderes Mittel durchzusetzen.
Über die Einhaltung des Vertrages hinausgehende Interessen der Klägerin sind nicht ersichtlich. Eine Gefährdung der Substanz des Hauses ist nicht zu erkennen, die Nutzung hält sich im Bereich der Brüstungshöhe und tritt nicht deutlich erkennbar nach außen. Belange anderer Mieter sind nicht beeinträchtigt, denn andere Mieter müssen den vor der Wohnung der Beklagten liegenden Teil des Laubengangs nicht nutzen. …
Die Kündigungen sind auch nicht als ordentliche Kündigungen nach § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB begründet. Die Überschreitung des vertragsgemäßen Gebrauchs durch die Beklagten wiegt nicht so erheblich, dass der Klägerin die Fortsetzung des Mietverhältnisses schlechterdings auch unter Berücksichtigung der ordentlichen Kündigungsfrist nicht zuzumuten ist. …
06.06.2018