Leitsatz:
Die Mieterhöhung wegen energieeinsparender Maßnahmen erfordert die Mitteilung des höheren Wärmedämmwertes. Hierfür reicht die Angabe in der Modernisierungsankündigung.
LG Berlin vom 2.11.2010 – 63 S 106/10 –
Anmerkungen des Berliner Mietervereins
Der Vermieter kündigte mit Schreiben vom 27. April 2007 gegenüber dem Mieter folgende Modernisierungen an: Wärmedämmung an der Hausfassade und Einbau von Isolierglasfenstern in der Wohnung des Mieters sowie im Treppenhaus. Er nannte in der Ankündigung die besseren Wärmedämmwerte, die durch diese Maßnahmen erzielt würden. Mit Mieterhöhungsschreiben vom 27. August 2007 verlangte der Vermieter die sich nach seiner Berechnung hieraus ergebende Mieterhöhung. Der Mieter meint, dass die sich aus den Modernisierungsarbeiten ergebenden Energieeinsparungen vom Vermieter nicht hinreichend dargelegt wurden.
Das Landgericht stellt zunächst fest, dass die Erläuterung nach § 559 b Abs. 1 Satz 2 BGB den Sinn und Zweck hat, dem Mieter vor Augen zu führen, worin die den materiellen Voraussetzungen des § 559 BGB genügende Modernisierungsmaßnahme bestanden hat. Der Vermieter müsse daher die Steigerung des Gebrauchswert der Mietsache beziehungsweise die Energieeinsparung erläutern und darlegen. Dies sei vorliegend mit dem Modernisierungsankündigungsschreiben erfolgt.
Denn die notwendigen Erläuterungen der Energieeinsparung können entweder in dem nach § 554 Abs. 3 BGB zwingenden Ankündigungsschreiben zur Durchführung und Duldung der Modernisierungsmaßnahme oder im Mieterhöhungsschreiben selbst enthalten sein. Einer nochmaligen Bezugnahme auf das Ankündigungsschreiben bedürfe es im Mieterhöhungsschreiben nicht.
Urteilstext
Tatbestand:
Die Parteien streiten um restlichen Mietzins für den Zeitraum von Juni 2008 bis einschließlich Mai 2009, wobei die Forderungen des Klägers auf Mieterhöhungen wegen stattgefundener Modernisierungsarbeiten beruhen.
Der Kläger kündigte die Modernisierungen betreffend die Wärmedämmung an der Hausfassade, den Einbau von Isolierglasfenstern in der Wohnung der Beklagten sowie Isolierglasfenstern im Treppenhaus mit Schreiben vom 27.04.2007, 28.04.2007 und 06.07.2007 gegenüber der Beklagten an.
Mit den Mieterhöhungsschreiben vom 27.08.2007 und 27.12.2007 begehrt der Kläger die sich nach seiner Berechnung hieraus ergebenden Mieterhöhungen und verlangt – nach Verrechnung mit Guthaben der Beklagten – für den streitgegenständlichen Zeitraum einen Gesamtbetrag von 730,18 Euro.
Der Kläger ist der Meinung, die sich aus den Modernisierungsarbeiten ergebenden Energieeinsparungen hinreichend dargelegt zu haben.
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, mangels einer einheitlichen Mieterhöhungserklärung, die zugleich auch die Erläuterung der Energieeinsparung enthalten müsse, weil der Kläger zur Mieterhöhung nach § 559 ff. BGB nicht berechtigt.
Hiergegen wendet sich der Kläger mit der Berufung und beantragt sinngemäß, unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zu verurteilen, an ihn 730,18 Euro nebst Zinsen in Höhe von jeweils 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 28,38 Euro seit dem 06.06.2008 und aus jeweils 63,80 Euro seit dem 06.07.2008, 06.08.2008, 06.09.2008, 06.10.2008, 06.11.2008, 06.12.2008, 06.01.2009, 06.02.2009, 06.03.2009, 06.04.2009, 06.05.2009 zu zahlen.
Ferner beantragt er, die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte bestreitet nunmehr, dass das Schreiben der Firma … Bauelemente vom 25.06.2007 dem Schreiben des Klägers vom 27.08.2007 beigefügt gewesen sei.
Im Übrigen wird anstelle des Tatbestands auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 ZPO).
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 511 ff. zulässige Berufung führt in der Sache zum Erfolg; das angefochtene Urteil war daher abzuändern, weil dem Kläger gegenüber der Beklagten die geltend gemachten Mieterhöhungsbeträge zustehen (§§ 559, 559a, 559b Abs. 1 BGB).
Denn die streitgegenständlichen Mieterhöhungserklärungen vom 27.08. und vom 27.12.2007 erfüllen die Anforderungen der vorgenannten Vorschriften.
Zutreffend geht das angefochtene Urteil davon aus, dass die Erläuterung nach § 559b Abs. 1 Satz 2 BGB den Sinn und Zweck hat, dem Mieter vor Augen zu führen, worin die den materiellen Voraussetzungen des § 559 BGB genügende Modernisierungsmaßnahme bestanden hat; der Vermieter muss daher die Steigerung des Gebrauchswert der Mietsache bzw. die Energieeinsparung erläutern und darlegen. Hierzu bedarf es der Konkretisierung des erfüllten Modernisierungszwecks (vgl. Artz in Müko, 5.Aufl. 2008, § 559b Rn. 7 n.w.N.).
Er darf sich beispielsweise nicht darauf beschränken, den Gesetzeswortlaut des § 559 Abs. 1 BGB teilweise zu wiederholen, sondern muss konkrete Tatsachen aufführen, wie etwa die Nennung der alten und neuen Wärmedurchgangskoeffizienten, anhand derer der Mieter die behauptete Einsparung von Heizenergie nachvollziehen kann (BGH v. 25.01.2006 – VIII ZR 47/05, GE 2006, 318).
Die notwendigen Erläuterungen der Energieeinsparung können entweder in dem nach § 554 Abs. 3 BGB notwendigen Ankündigungsschreiben zur Durchführung und Duldung der Modernisierungsmaßnahme oder im Mieterhöhungsschreiben selbst enthalten sein (BGH v. 07.01.2004 – VIII ZR 156/03, GE 2004, 231; LG Berlin v. 10.09.2007 – 67 S 90/07 -, GE 2007, 1553).
Soweit das Landgericht in der vorgenannten Entscheidung die Anforderungen zur Erläuterung beim Einbau von isolierverglasten Fenstern gegenüber zuvor vorhanden gewesenen Verbundglasfenstern dahingehend erhöht, dass dem Mieter darzulegen ist, dass die zum Einbau vorgesehen Isolierverglasten Kunststofffenstern einen höheren Wärmedurchgangswiderstand als die vorhandenen Verbundglasfenster aufweisen, weil die Energieeinsparung in einem solchen Fall nicht offensichtlich sei, schließt sich die Kammer dieser Auffassung an.
Diese Anforderungen sind sowohl für die im Treppenhaus eingebauten Isolierglasfenster als auch für die in der Wohnung der Beklagten eingebauten Isolierglasfenster erfüllt.
Hinsichtlich der Treppenhausfenster waren die erhöhten Anforderungen bereits deshalb nicht einzuhalten, weil die zuvor vorhandenen gewesen Treppenhausfenster einfach verglast waren, wie sich aus dem Schreiben des Klägers vom 27.12.2007 ergibt.
Für die in der Wohnung der Beklagten zuvor vorhanden gewesenen Verbundglasfenster sind sie mit dem Schreiben der Firma … Bauelemente vom 25.06.2007 erfüllt worden. Soweit es dort heißt:
„Der Wärmedämmwert, der Verbundfenster, wird bei 3,5 WqmK, der laut Co² Sanierungsprogramm wird ein Ug Wärmedämmwert von 1,2 WqmK gefordert, der mit dem Einbau der Kunststofffenster erreicht wird,“ [wörtlich so im Urteil] ergibt sich aus dem Zusammenhang beider Sätze, dass – wie vom Prozessbevollmächtigten des Klägers im Termin zur mündlichen Verhandlung erläutert – die schlechteren Wärmedurchgangskoeffizienten den Zustand der vorher vorhandenen Verbundfenster meinen, während der bessere – im zweiten Satz genannte – Wärmedurchgangskoeffizient den nach erfolgter Modernisierung betrifft.
Wenn die Beklagte in der Berufungsinstanz erstmals bestreitet, dass das Schreiben vom 25.06.2007 der Mieterhöhungserklärung vom 27.08.2007 beigefügt gewesen sei, kommt es hierauf – auch in Ansehung der Textform für die Modernisierungserhöhung gemäß §§ 559b Abs. 1, 126b BGB nicht an. Denn ersichtlich war das vorgenannte Schreiben der Firma … der Modernisierungsankündigung vom 06.07.2007 beigefügt, was sich daraus ergibt, dass in der dortigen Ankündigung auf das Schreiben ausdrücklich Bezug genommen wird. Da indes – wie bereits oben dargestellt – die Erläuterung entweder in der Modernisierungsankündigung oder in der Modernisierungsmieterhöhung enthalten sein muss, war die Beklagte zum Zeitpunkt des Zugangs der Modernisierungsmieterhöhung ausreichend informiert. Es ist nicht erforderlich, dass die nach dem Einbau der Fenster sich ergebenden Wärmedurchgangskoeffizienten auch erst nach dem Einbau der Fenster mitzuteilen sind. Hierfür besteht bereits deshalb keine Notwendigkeit, weil die Wärmedämmwerte von Isolierglasfenstern abstrakt zu bestimmen sind und nicht vom erfolgten Einbau abhängen. Im Hinblick auf die an der Fassade aufgebrachte Wärmedämmung liegt gleichfalls eine ausreichende Erläuterung vor. Denn sowohl aus dem diesbezüglichen Ankündigungsschreiben vom 27.04.2007 als auch aus dem Mieterhöhungsschreiben vom 27.12.2007 ergibt sich die Dicke der aufgebrachten Wärmedämmplatten von 12 cm.
Soweit die Beklagte hier einwendet, angesichts der ausschließlich an der Vorderseite des Hauses erfolgten Wärmedämmung sei die Energieeinsparung deshalb nicht nachhaltig, weil ein Zimmer ihrer Wohnung zur hinteren Hofseite gelegen sei und dort ein Teil der Wand nicht wärmegedämmt, führt dies nicht zum Wegfall der Energieeinsparung.
Denn kleinere Lücken in der Wärmedämmung führen nicht bereits zum vollständigen Wegfall der Energieeinsparung.
Soweit die Beklagte ferner hilfsweise die Aufrechnung mit vermeintlichen Minderungsansprüchen in Höhe von 20 % für den Zeitraum Oktober bis November 2007 die Aufrechnung erklärt, stehen ihr Gegenansprüche nicht zu.
Unabhängig davon, dass sich allenfalls – unter Berücksichtigung der relativ geringfügigen Belästigungen durch die Fassadeneinrüstung an der Front des Hauses, an der sich der Balkon der Beklagten nicht befindet und der Einrüstung in den Wintermonaten – eine Mietminderung ergibt, hat die Beklagte ausweislich des Schreibens des Berliner Mieterschutzbundes vom 10.10.2007 eine diese Quote rechtfertigende Summe bereits im November 2007 in Abzug gebracht.
Der ihr darüber hinausgehende Minderungsansprüche nicht zustehen, geht somit die Hilfsaufrechnung ins Leere.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708, 711 Nr. 10, 713 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe gemäß § 543 ZPO hier für nicht vorliegen; es handelt sich hier ersichtlich um eine von den Umständen des Einzelfalls beprägte Entscheidung, der abstrakte Rechtsfragen die höchstrichterlich nicht bereits entschieden wären, nicht zum Gegenstand hat.
02.01.2018