Leitsatz:
Bei einer Klage auf Feststellung, dass der Mietzins um einen bestimmten Prozentbetrag gemindert ist, bemisst sich der Gebührenstreitwert nach dem 42fachen Betrag der monatlichen Minderung.
LG Berlin vom 20.6.2011 – 65 T 83/11 –
Mitgeteilt von RA Johann Heinrich Lüth
Urteilstext
Gründe:
I.
Die Miete für die von den Klägern bewohnte Wohnung beträgt unstreitig 1091,72 Euro. Die Kläger nehmen den Beklagten auf Beseitigung von Mängeln in Anspruch, die im Klageantrag zu 1) im Einzelnen bezeichnet sind. Im Klageantrag zu 2) begehren sie die Feststellung, dass die Bruttowarmmiete um 12,5 Prozent gemindert ist.
Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 5. Oktober 2010 den Streitwert für den Klageantrag zu 2) auf 1337,58 Euro festgesetzt. Der Beschwerde des Klägervertreters und Beschwerdeführers vom 1. April 2011, bei Gericht eingegangen am 5. April 2011, hat das Amtsgericht nicht abgeholfen und die Sache dem Beschwerdegericht vorgelegt.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere nach § 68 GKG, §§ 32 Abs. 2, 2 RVG statthaft sowie form- und noch fristgerecht eingelegt worden. Sie ist begründet.
Der Streitwert für die Feststellungsklage ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (12. Zivilsenat) gemäß §§ 3, 9 ZPO anhand des 3,5-fachen Jahresbetrags des mit der begehrten Feststellung bestrittenen Betrags zu ermitteln. In seinem Beschluss vom 20. April 2005 (XII ZR 248/04, NJW-RR 2005,938 f. = NZM 2005, 519 f. = MDR 2005, 501 f., zitiert nach juris) hat der 12. Zivilsenat zu dieser Frage ausgeführt:
„§ 41 Abs. 1 GKG kommt bei Streitigkeiten über Zahlungsverpflichtungen aus einem Mietvertrag grundsätzlich nicht in Betracht, auch wenn die Parteien – wie hier – letztlich über den Fortbestand des zu Grunde liegenden Mietverhältnisses streiten. Denn der für die Wertfestsetzung maßgebliche Streitgegenstand ist nicht durch den Streit über Bestehen oder Dauer des Mietverhältnisses bestimmt, sondern durch einen Einzelanspruch aus dem Mietverhältnis, nämlich die künftige Geldforderung des Vermieters. Aus diesem Grunde fällt die Leistungsklage des Vermieters auf Zahlung zukünftigen Mietzinses nicht in den Anwendungsbereich des §41 Abs. 1 GKG (vgl. bereits BGH JurBüro 1966, 309; BGH KostRsp. § 16 GKG. Nr. 39). Die negative Feststellungsklage eines Mieters, mit der er seine auf dem Mietvertrag beruhende Verpflichtung zur künftigen Entrichtung des Mietzinses leugnet, stellt in der Sache das Spiegelbild einer Leistungsklage des Vermieters auf Zahlung künftigen Mietzinses dar, so dass für die Bestimmung des Streitwertes keine anderen Grundsätze gelten können. Auch der Normzweck des § 41 Abs. 1 GKG, der im Schutz des Mieters vor überhöhten Werten bei Streitigkeiten um Bestand und Dauer des Mietverhältnisses besteht, gebietet keine andere Beurteilung, zumal es der Mieter bei vergleichbaren Sachverhaltsgestaltungen in der Hand hat, durch Beschränkung seines Antrages auf die Feststellung der Unwirksamkeit des Mietvertrages die Gebührenprivilegierung des § 41 Abs. 1 GKG herbeizuführen.“
An dieser Rechtsprechung hat der 12. Zivilsenat in seiner Entscheidung vom 20. September 2005 (XII ZB 256/03, NJW-RR 2006, 16 ff. = NZM 2005, 944 ff. = Grundeigentum 2006, 320 ff., zitiert nach juris) ausdrücklich angeknüpft und befunden, dass der „Gebührenstreitwert für einen negativen Feststellungsantrag, mit dem der Mieter gegenüber dem Vermieter seine Verpflichtung zur Entrichtung künftigen Mietzinses – gleich aus welchem Rechtsgrund – leugnet, nach § 48 Abs. 1 GKG, § 9 ZPO zu beurteilen ist (Senatsbeschluss vom 20. April 2005 – XII ZR 248/05 – NJW-RR 2005, 938).“
Diese Entscheidungen sind Anlass für die Kammern des Landgerichts Berlin gewesen, ihre bis dahin teilweise abweichende Rechtsauffassung im Interesse einer einheitlichen Rechtsanwendung aufzugeben und sich dem Bundesgerichtshof anzuschließen (vgl. LG Berlin Beschluss vom 20.7.2010 – 63 T 148/10; Beschluss vom 17.6.2010 – 65 T 159/09; Beschluss v0m 17.11.2008 – 67 S 258/08).
Aus der Revisionsrechtsprechung des 8. Zivilsenats ist der Kammer zudem bekannt, dass dieser den Streitwert in vergleichbarer Weise ermittelt. Der 8. Zivilsenat hat in einem Revisionsverfahren (VIII ZR 235/09) im Jahr 2010 auf eine Streitwertbeschwerde wegen des Klageantrags auf Feststellung einer bestimmten Miethöhe, den Streitwert auf den 42-fachen Betrag (3,5-facher Jahresbetrag) – wenngleich ohne nähere Begründung – festgesetzt, nachdem er zunächst den Streitwert anhand des Jahresbetrags des streitigen Betrags festgesetzt hatte. Vor diesem Hintergrund vermag die Kammer – auch nach Auseinandersetzung mit dem Beschluss des Kammergerichts vom 26.8.2010 – 8 W 38/10 (JurBüro 2010, 593 ff. = MDR 2010, 1493 f. = NZM 2011, 92f., zitiert nach juris) – zu keinem anderen Ergebnis zu kommen. Der Argumentation des Kammergerichts, von einer planwidrigen Regelungslücke ausgehend, die Regelung von § 41 Abs. 5 S. 1 Var. 2 GKG analog anzuwenden, steht offenbar die Rechtsauffassung des Bundesgerichtshofs entgegen. Dieser hat die negative Feststellungsklage als Spiegelbild der Leistungsklage des Vermieters gesehen, die nach allgemeiner und offensichtlich auch vom Kammergericht nicht angezweifelter Ansicht, nicht gemäß § 41 Abs. 1 oder Abs. 5 GKG im Streitwert auf den Jahresbetrag der Miete beschränkt sein soll.
Wenn es aber der Mieter durch die Formulierung seines Feststellungsklageantrags selbst in der Hand hat, den Streitwert geringer zu halten, bedarf es keines weitergehenden Schutzes des Mieters durch eine analoge Anwendung von § 41 Abs. 1 oder Abs. 5 GKG. Vergleichbare Möglichkeiten hatte der Mieter, der vor Schaffung von § 41 Abs. 5 S. 1 Var. 2 GKG einen Instandsetzungsanspruch einklagte, nicht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 68 Abs. 3 GKG.
Die weitere Beschwerde wird vor dem Hintergrund der weiterhin einheitlichen Rechtsprechung der Kammer des Berliner Landgerichts, die mit der des Bundesgerichtshofes übereinstimmt, nicht zugelassen.
29.05.2018