Leitsatz:
Die formularvertragliche Verlängerung der Verjährungsfrist von sechs Monaten auf ein Jahr für Ersatzansprüche des Vermieters ist unwirksam.
LG Frankfurt vom 24.2.2011- 2/11 S 309/10 –
Anmerkungen des Berliner Mietervereins
Im Mietvertrag hieß es: „§ 14 (4) Die Verjährungsfrist für Ersatzansprüche der Genossenschaft wird abweichend von § 548 BGB auf ein Jahr nach Rückgabe der Mietsache verlängert.“
Die Genossenschaft schaffte es nicht, ihre Ansprüche wegen unterlassener Schönheitsreparaturen innerhalb von sechs Monaten klageweise geltend zu machen. Das Landgericht hielt die Ansprüche der Genossenschaft deshalb für verjährt, da die entsprechende Mietvertragsklausel gegen § 307 BGB verstoße. Die den Mieter entgegen den Geboten von Treu und Glauben treffende unangemessene Benachteiligung liege nicht in dem bloßen Umstand einer Verlängerung der Verjährungsfristen, sondern vielmehr darin, dass die Vermieterin durch die Verwendung Allgemeiner Geschäftsbedingungen von der nach dem erkennbaren wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung für Vermieter und Mieter einheitlich kurzen Verjährungsfrist einseitig zu ihren Gunsten abweichen und nur die Frist gemäß § 548 Abs. 1 BGB verlängern wolle, während es für den Mieter bei der kurzen Frist gemäß § 548 Abs. 2 BGB verbleiben solle. Das Gericht weist abschließend darauf hin, dass eine Verlängerung der Verjährungsfrist im Wege einer Individualvereinbarung gemäß § 202 BGB durchaus zulässig sei.
Urteilstext
Zum Sachverhalt:
Das AG Frankfurt a.M. (Urteil v. 14.10.2010 – 33 C 2617/10) hat seiner hier angefochtenen Entscheidung folgenden Tatbestand zu Grunde gelegt: Zwischen der Vermieterin und dem beklagten Mieter bestand bis 30.6.2009 ein Mietverhältnis über eine Wohnung. Im Mietvertrag heißt es:
§ 14. (4) Die Verjährungsfrist für Ersatzansprüche der Genossenschaft wird abweichend von § 548 BGB auf ein Jahr nach Rückgabe der Mietsache verlängert.
Die Rückgabe der Wohnung erfolgte am 29.6.2009. Der Beklagte teilte mit, dass er die Schönheitsreparaturen aus zeitlichen Gründen nicht selbst ausführen könne und der Klägerin daher die Freigabe erteile, die Arbeiten durch Dritte durchführen zu lassen. Des Weiteren bat er um späteren Nachweis der Kosten. Mit der Klage hat die Klägerin u.a. den Ersatz der ihrer Auffassung nach für die Durchführung der Arbeiten notwendigen Kosten von insgesamt 3056,85 Euro abzüglich einer seitens des Beklagten geltend gemachten Forderung wegen vorgerichtlicher Kosten von 120,67 Euro verlangt.
Das AG hat die Klage abgewiesen. Auf den Hinweis der Kammer vom 27.1.2011 hin hat sie die Berufung gemäß § 522 II 1 ZPO zurückgewiesen.
Aus den Gründen:
Soweit die Klägerin die Meinung vertritt, § 307 BGB greife mangels Abweichung von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung nicht ein, da die Verlängerung der Verjährung keine „wesentlichen Rechte und Pflichten aus einem Mietvertrag“ betreffe, geht dies schon deshalb fehl, weil mit der „gesetzlichen Regelung“ i.S. des § 307 II Nr. 1 BGB nicht etwa der Mietvertrag als solcher oder lediglich dessen im Synallagma stehende Pflichten, sondern der Inhalt der konkreten Regelung des § 548 BGB angesprochen wird. In Abs. 1 und 2 dieser Norm werden sowohl bestimmte Ansprüche des Vermieters als auch des Mieters einer kurzen sechsmonatigen Verjährungsfrist unterworfen. Die den Mieter entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessene Benachteiligung liegt im Hinblick hierauf nicht in dem bloßen Umstand einer Verlängerung der Verjährungsfristen, sondern vielmehr darin, dass die Klägerin durch die Verwendung Allgemeiner Geschäftsbedingungen von der nach dem erkennbaren wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung für Vermieter und Mieter einheitlich kurzen Verjährungsfrist einseitig zu ihren Gunsten abweichen und nur die Frist gemäß § 548 I BGB verlängern will, während es für den Beklagten bei der kurzen Frist gemäß § 548 II BGB verbleiben soll.
Unerheblich ist ferner der Hinweis der Klägerin auf § 202 BGB. Wie die Kammer bereits in ihrem Beschluss vom 27.1.2011 ausgeführt hatte, gelten die weiten Grenzen des § 202 BGB nur für individualvertragliche Verjährungsvereinbarungen (vgl. Streyl, in: Schmidt-Futterer, MietR, 10. Aufl., § 548 Rdnr. 61). Die Prüfung der Wirksamkeit Allgemeiner Geschäftsbedingungen nach §§ 305 ff. BGB, insbesondere nach den strengeren Maßstäben des § 307 BGB, bleibt hiervon unberührt.
Soweit die Klägerin schließlich die Meinung vertritt, die sechsmonatige Verjährungsfrist des § 548 BGB könne nicht für ein „Schuldanerkenntnis“ gelten, ist zunächst nochmals klarzustellen, wie bereits vom AG im Urteil vom 14.10.2010 und auch von der Kammer im Beschluss vom 27.1.2011 ausgeführt, dass dem Schreiben des Beklagten vom 2.7.2009 in keiner Weise entnommen werden kann, er habe eine vom ursprünglichen Schuldgrund losgelöste Verpflichtung statuieren wollen. Somit liegt lediglich ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis vor, das regelmäßig nur zum Neubeginn der Verjährung des zu Grunde liegenden Anspruchs führt, so dass es bei der Frist des § 548 I BGB bleibt.
Die von der Klägerin angesprochene Fallgestaltung einer bewussten Parteivereinbarung über den Verzicht auf die Verjährungseinrede hat mit der vorliegenden Fallgestaltung ersichtlich nichts zu tun.
31.12.2017