Leitsätze:
1. Der Vermieter hat einen Anspruch gegen den Mieter auf Unterlassung der Nutzung von Propangas in der Mietwohnung und auf Entfernung der dort gelagerten Propangasflaschen, wenn die Mietvertragsparteien im Wohnungsübergabeprotokoll (welches laut Mietvertrag Bestandteil desselben ist) bei der Art der Kochstelle „Elektro“ angekreuzt haben, obwohl in dem Formular auch die Möglichkeit bestanden hätte, „Gas“ anzukreuzen.
2. Der Anspruch des Vermieters ergibt sich darüber hinaus auch aus der Hausordnung, wenn dieser zu entnehmen ist, dass leicht entzündliche bzw. feuergefährliche Stoffe weder in den Wohnräumen und im Hausflur noch im Keller gelagert werden dürfen.
AG Fürstenwalde vom 19.3.2009 – 12 C 379/08 –
Mitgeteilt von RA Steffen Siewert
Anmerkungen des Berliner Mietervereins
Tatbestand:
Die Klägerin ist aufgrund Vertrages vom 10.04./15.04.2008 Vermieterin, der Beklagte ist Mieter der im Tenor bezeichneten Wohnung. Gem. § 7 Abs. 2 des Mietvertrages sind (unter anderem) die Hausordnung und das Übergabeprotokoll Bestandteile des Vertrages. Unter Buchstabe C der Hausordnung heißt es, der Mieter sei verpflichtet, in den Miet- und Keller räumen sowie im Hausflur nicht mit feuergefährlichen Mitteln zu hantieren, das Lagern und Aufbewahren feuergefährlicher und leicht entzündlicher Stoffe im Keller zu unterlassen und alle allgemeinen technischen und behördlichen Vorschriften, insbesondere auch die bau- und feuerpolizeilichen Bestimmungen, unter anderem über die Lagerung von feuergefährlichen bzw. brennbaren Stoffen, zu beachten und ein zuhalten. Im Wohnungsübergabeprotokoll ist in Ziff. 3. die Art der Kochstelle mit „Elektro“ angekreuzt, wobei das Formular auch ein Ankreuzen von „Gas“ ermöglicht hätte …
Die Küche der Wohnung enthält eine Anschlussmöglichkeit für einen Elektroherd. Der Beklagte stellte einen Gasherd in der Wohnung auf, welcher mit in Flaschen enthaltenem Propangas betrieben wird. Er betreibt diesen Herd dort regelmäßig und lagert 2 Propangasflaschen in der Wohnung.
Nachdem die Klägerin im August 2008 hiervon erfahren hatte, forderte sie den Beklagten am 20.08.2008 sowie durch Schreiben vom 25.08.2008 – erfolglos – auf, die Nutzung von Propangas in den Wohnräumen zu unterlassen und die Propangasflaschen aus der Wohnung zu entfernen. …
Aus den Entscheidungsgründen:
Die Klage ist begründet.
Die Klägerin hat gegen den Beklagten gem. § 7 Abs. 2 des Mietvertrages in Verbindung mit dem Wohnungsübergabeprotokoll und Buchstabe B und C der Hausordnung, welche jeweils Vertragsbestandteil geworden sind, einen Anspruch auf Unterlassung der Nutzung von Propangas in der Mietsache und auf Entfernung der dort gelagerten Propangasflaschen.
Grundsätzlich steht es den Parteien eines (Wohnungs-)Mietvertrages frei, bei Vertragsschluss Vereinbarungen darüber zu treffen, welche Haushaltsgeräte in der Wohnung betrieben oder nicht betrieben werden dürfen und auf welche Art in der Wohnung gekocht (oder eben nicht gekocht) werden darf. Selbst ein im Mietvertrag enthaltenes Verbot, eine Waschmaschine aufzustellen, ist zulässig und verbindlich, entsprechendes gilt für Geschirrspülmaschinen, vgl. Palandt/Weidenkaff, BGB, 68. Aufl., § 535, Rn. 22.
Eine damit vergleichbare Bestimmung haben die Parteien im Mietvertrag, nämlich im Wohnungsübergabeprotokoll, welches gem. § 7 Abs. 2 des Vertrages dessen Bestandteil ist, getroffen, indem sie dort bei der Art der Kochstelle „Elektro“ angekreuzt haben, obwohl in dem Formular auch die Möglichkeit bestanden hätte, „Gas“ anzukreuzen.
Wenn der Beklagte bereits bei Vertragsschluss die Absicht gehabt hat, elektrisch gerade nicht und stattdessen mit Gas zu kochen, hätte es ihm oblegen, mit der Klägerin entweder zu vereinbaren, dass er mit Gas kochen dürfe, oder aber jedenfalls nicht mit Gas in der Wohnung zu kochen. Mindestens hätte dem Beklagten oblegen, sich angesichts des Umstandes, dass das Kreuz unter Ziff. 3. des Wohnungsübergabeprotokolls bei der Rubrik „Elektro“ angebracht worden ist, bei der Klägerin zu erkundigen, ob er gleichwohl mit Gas kochen dürfe – etwa deshalb, weil das Wohnungsübergabeprotokoll gegebenenfalls lediglich eine Beschreibung darstelle, aber keine Pflichten statuiere – oder ob dadurch das Kochen mit Gas ausgeschlossen sei. Es ist in einer derartigen Lage aber treuwidrig, den Mietvertrag mitsamt dem Kreuz bei „Elektro“ im Wohnungsübergabeprotokoll zu unterschreiben, hierzu zu schweigen und gleichwohl von Beginn an einen Gasherd aufzustellen und zu benutzen, welche Absicht der Beklagte ja ersichtlich von Anfang an gehabt hat, wie seine Äußerung, er koche seit 30 Jahren mit Gas und wolle diese Gewohnheit nicht ändern, zeigt.
Ohne Erfolg beruft sich der Beklagte auf Ziff. 7.2.1 der Verordnung über brennbare Flüssigkeiten, wonach in Wohnungsküchen der Betrieb von Gasherden und Propangasflaschen, deren Gewicht über 11 kg nicht hinausreicht, erlaubt sei. Dies ändert nichts daran, dass die Parteien eines Mietvertrages solches im Vertrag gleichwohl ausschließen können. Dies haben die Parteien hier, wie ausgeführt, getan, nicht nur dadurch, dass sie im Wohnungsübergabeprotokoll „Elektro“ angekreuzt haben, sondern auch dadurch, dass sie dort „Gas“ gerade nicht angekreuzt haben, obwohl auch dies möglich gewesen wäre.
Mit seinem Vorbringen, das Kochen mit elektrischem Strom erfordere erhebliche Mehrkosten gegenüber dem Kochen mit Propangas, vermag der Beklagte ebenfalls nicht durchzudringen. Nach seinem eigenen Vorbringen im Schriftsatz vom 03.02.2009 habe er für das Kochen mit Propangas 25,00 Euro pro Jahr aufzuwenden, also sogar noch weniger als nach seinem Vorbringen in der mündlichen Verhandlung, wo er erklärt hatte, 25 Euro habe er hierfür in 9 Monaten ausgegeben. Wie hoch die Stromkosten eines Elektroherdes tatsächlich wären, hat der Beklagte nicht mitgeteilt; sein Vorbringen, sie lägen „um ein vielfaches“ höher, ist in jeder Hinsicht unsubstantiiert und auch nicht recht glaubhaft. Selbst wenn diese Kosten doppelt oder gar dreifach so hoch wären wie diejenigen des Kochens mit Propangas, handelte es sich um einen zusätzlichen Betrag von 25,00 Euro oder 50,00 Euro im Jahr, mithin um wenige Euro im Monat. Diese aufzuwenden, wäre für den Beklagten nicht unzumutbar, schon gar nicht bei dem von ihm monatlich bezogenen Nettoentgelt, welches das Gericht seinen PKH-Unterlagen entnimmt und nur wegen § 117 Abs. 2, Satz 2 ZPO an dieser Stelle nicht nennt. Nach seinem Vorbringen im Schriftsatz vom 03.02.2009 kocht der Beklagte „in erster Linie“ aus Kostengründen mit Gas, gerade aber mit dem Kostenargument, welches für ihn das Wichtigste zu sein scheint („in erster Linie“) vermag der Beklagte angesichts der vorstehenden Erwägungen nicht durchzudringen.
Schließlich kann die Klägerin auch aufgrund Buchstabe B und C der Hausordnung – auch sie ist gem. § 7 Abs. 2 des Mietvertrages dessen Bestandteil geworden – die Unterlassung der Nutzung von Propangas in der Wohnung verlangen. Gemäß Buchstabe B Abs. 1 dürfen leicht entzündliche bzw. feuergefährliche Stoffe weder in den Wohnräumen und im Hausflur noch im Keller gelagert werden. Propangas ist ein leicht entzündlicher bzw. feuergefährlicher Stoff. Gemäß Buchstabe C der Hausordnung ist der Mieter verpflichtet, in den Miet- und Kellerräumen sowie im Hausflur nicht mit feuergefährlichen Mitteln zu hantieren. Da Propangas, wie aus geführt, ein feuergefährlicher Stoff ist, ergibt sich der Unterlassungsanspruch der Klägerin auch aus Buchstabe C der Hausordnung.
Die vorbezeichneten Bestimmungen der Hausordnung sind weder wegen eines Verstoßes gegen höherrangiges Recht noch aus sonstigen Gründen zu beanstanden. Sie dienen ersichtlich der Sicherheit aller Mieter des Mehrfamilienhauses. Hierbei ist unerheblich, ob die Wahrscheinlichkeit einer Explosion der von den Beklagten benutzten Propangasflaschen groß oder klein ist. Der Klägerin ist es unbenommen, durch geeignete Bestimmungen in der Hausordnung Vorsorge auch gegen solche Ereignisse zu treffen, welche möglicherweise nur mit einer geringen Wahrscheinlichkeit tatsächlich eintreten.
Dessen ungeachtet ist aber gerichtsbekannt, dass Explosionen von Propangasflaschen jedenfalls immer wieder einmal vorkommen. Dies zeigt nicht nur das Ergebnis der Internet-Recherche, welches die Klägerin als Anlage zu ihrem Schriftsatz vom 25.02.2009 vorgelegt hat, sondern auch das Gericht selbst hat schon einmal von einem konkreten Fall einer solchen Explosion Kenntnis erlangt und nicht zuletzt in Presse und Rundfunk liest und hört man immer wieder einmal von derartigen Explosionen in Wohnhäusern.
Hiergegen kann der Beklagte auch nicht einwenden, er unterhalte eine Versicherung, welche für etwaige bei einer solchen Explosion entstandenen Schäden hafte. Abgesehen davon, dass durchaus unklar geblieben ist, ob die vom Beklagten unterhaltenen Versicherungen – Privathaftpflicht und Hausrat – für einen etwaigen Schaden aufkämen, könnten etwaige Zahlungen der Versicherung die Toten, welche bei einer Gasexplosion zu beklagen sein könnten, nicht wieder lebendig und das körperliche Leid der Schwerverletzten nicht ungeschehen machen. Auch unter diesem Gesichtspunkt ist es nicht zu beanstanden, wenn die Klägerin versucht, durch die Bestimmungen ihrer Hausordnung solchen Schäden möglichst vorzubeugen.
Jedenfalls ist, ganz unabhängig von allen anderen hierbei zu diskutierenden Gesichtspunkten, bei der Entscheidung des vorliegenden Falles und der Frage, ob der Beklagte in der von ihm gemieteten Wohnung mit Gas kochen darf oder nicht, auch eine Abwägung vorzunehmen zwischen den möglichen Schäden, welche im Falle einer Explosion entstehen können, und dem Interesse, welches der Beklagte an dem Kochen mit Propangas haben kann. Hier stehen sich einerseits die möglichen Toten und Schwerverletzten und andererseits eine Energiekostenersparnis des Beklagten von vielleicht 25,00 Euro bis 50,00 Euro im Jahr und sein Bedürfnis, „a la minute“ zu kochen, gegenüber. Das Ergebnis dieser Abwägung ist eindeutig, einer weiteren Begründung bedarf es insoweit nicht.
Nach alledem muss die Klage in vollem Umfang erfolgreich sein.
… Streitwert: 4.000,00 Euro (gem. § 3 ZPO geschätzt nach den Angaben der Klägerin, welche in der mündlichen Verhandlung erörtert worden sind und welchen der Beklagte auch nicht entgegengetreten ist, und weil bei der Bemessung des Streitwertes auch das Interesse der Klägerin an der Vermeidung einer Gasexplosion mit zu berücksichtigen ist.
25.11.2015