Leitsatz:
Bei der Bestimmung des Erstattungsanspruchs nach § 555 a Absatz 3 BGB gelten die Grundsätze der Schadensminderungspflicht und der Vorteilsausgleichung. Der Mieter darf jedoch grundsätzlich seinen gewohnten Lebensstandard beibehalten und ist nicht verpflichtet, den billigsten Weg zu wählen. Hotelkosten von 60 Euro pro Nacht sind in jedem Fall angemessen. Die infolge einer Mietminderung auf Null wegen Unbenutzbarkeit der Wohnung ersparten Mietzahlungen sind vom Erstattungsanspruch für anderweitige Unterbringung in Abzug zu bringen.
AG Hamburg vom 27.8.2014 – 41 C 14/14 –
Anmerkungen des Berliner Mietervereins
§ 555 Absatz 3 BGB lautet: „Aufwendungen, die der Mieter infolge einer Erhaltungsmaßnahme machen muss, hat der Vermieter in angemessenem Umfang zu ersetzen. Auf Verlangen hat er Vorschuss zu leisten.“ Gemäß § 555 d Absatz 6 BGB gilt dieser Aufwendungsersatzanspruch auch bei Modernisierungamaßnahmen.
Urteilstext
Tatbestand
Mit der am 11.04.2014 zugestellten Klage macht die Klägerin Aufwendungsersatzansprüche aus dem zwischen den Parteien bestehenden Mietverhältnis über die Erdgeschosswohnung, …, Hamburg geltend.
Die Klägerin ist Mieterin, die Beklagte Vermieterin der genannten 57 qm großen Wohnung. Die monatliche Nettokaltmiete beträgt 460,00 € zzgl. Betriebs- und Heizkostenvorauszahlungen von 90,00 € bzw. 50,00 € monatlich = insgesamt 600,00 € monatlich.
Das über insgesamt 40 Wohnungen verfügende Wohngebäude … wurde Ende 2003 mit Wohnungswasserzählern ausgestattet. Bei einigen Wohnungen, wie auch der streitgegenständlichen, befindet sich direkt neben dem Badezimmer ein Abstellraum, in dem die Hauptwasserleitung verlegt ist. Zudem befindet sich in dem Abstellraum ein vorinstallierter Waschmaschinenanschluss. Auch die Klägerin nutzte den Raum zum Aufstellen ihrer Waschmaschine. Um den individuellen Wasserverbrauch der Mieter erfassen zu können, wurden in diesen Räumen sogenannte Zählertraversen auf Putz installiert. Die Traversen sind auf die Wand geschraubt und mit einem Wasserzähler ausgestattet (siehe Anlage B3). Im Dezember 2011 und Mai 2012 kam es bereits in anderen als der streitgegenständlichen Wohnung … zu Rohrbrüchen der eingebauten Wassertraversen.
Am Abend des 11.01.2014 brach die Wassertraverse auch in der streitgegenständlichen Wohnung. Bis zum Absperren des Hauptwasserhahns trat so viel Wasser aus dem Rohr, dass die gesamte Wohnung der Klägerin bis etwa 5 cm hoch unter Wasser stand. In der Zeit vom 11.01.2014 bis zum 10.03.2014 sanierte die Beklagte die Wohnung. Diese war in der Zeit für die Klägerin unbewohnbar. Miete zahlte die Klägerin in diesem Zeitraum nicht.
Die Klägerin übernachtete vom 11. bis zum 13.01.2014 in der Wohnung ihrer Tochter, …. Dabei teilte sie sich das Zimmer mit ihrem Enkel. Danach nahm sie sich in der Zeit vom 13.01. bis zum 30.01.2014 ein Zimmer in dem Hotel A. für 60,00 € die Nacht. Ausweislich der Anlage K2 entstanden hierdurch Hotelkosten in Höhe von 1.140,00 €. Die diesbezüglichen Rechnungen, die an … adressiert sind, das Zimmer jedoch für die Klägerin ausweisen, wurden zunächst von der Tochter der Klägerin beglichen.
Über eine Maklerin fand die Klägerin sodann für den Zeitraum vom 01.02.2014 bis 31.03.2014 eine 30qm große 1-Zimmer-Wohnung zur Untermiete für einen Betrag von 600,00 € monatlich im … . Die Maklerkosten für die Vermittlung der Wohnung in Höhe von 285,60 € zahlte die Tochter der Beklagten zunächst ebenso wie die für die angemietete Wohnung fällige Mietsicherheit in Höhe von 600,00 €. Die monatliche Miete für die angemietete Wohnung von 600,00 € monatlich für die Monate Februar und März zahlte die Klägerin hingegen aus eigenen Mitteln. Am 26.05.2014, und somit während des laufenden Prozesses, zahlte die Klägerin die von ihrer Tochter verauslagten Kosten für das Hotel in Höhe von 1.140,00 € und die Courtage in Höhe von 285,60 € an diese zurück (siehe Anlage K7).
Die Klägerin forderte die Beklagte zunächst mit Schreiben des Mietervereins vom 21.01.2014 (Anlage K4) u.a. auf, Zahlungsbereitschaft für die täglichen Hotelkosten von 60,00 € bis zum 24.01.2014 zu erklären. Die Beklagte lehnte dies per E-Mail vom 27.01.2014 unter Hinweis auf § 536a Abs. 1 BGB ab (K4). Daraufhin schaltete die Klägerin ihre jetzige Prozessbevollmächtigte ein. Diese forderte die Beklagte unter Erläuterung der aus ihrer Sicht gegebenen Rechtslage mit Schreiben vom 28.01.2014 zur Zahlung eines Betrages in Höhe von 2.760,00 € für Courtage- und Maklerkosten auf.
Die Klägerin ist der Ansicht, die Beklagte habe ihr die Kosten der Ersatzunterkunft im Hotel (1140 €) und in der Wohnung (1.200 €) ebenso zu erstatten wie die für die Anmietung der Wohnung aufgewandten Courtagekosten von 285,60 €. Zudem sei die Beklagte für die fällige Kautionszahlung von 600 € vorschusspflichtig, wobei eine Abrechnung hierüber nach Beendigung des Untermietverhältnisses erfolgt wäre.
Die Klägerin müsse sich auch nicht die ersparten Mieten von 1.200 € auf den Aufwendungsanspruch anrechnen lassen. Die Miete sei wegen der Unbenutzbarkeit der Wohnung auf null gemindert worden und nicht erspart. Der Gedanke der Vorteilsausgleichung folge aus dem Schadensersatzrecht. Die Klage verfolge aber keinen Schadensersatz, sondern einen Aufwendungsersatzanspruch. Die Anrechnung eines Vorteils müsse dem Zweck des Schadensersatzes entsprechen und dürfe den Schädiger nicht unbillig begünstigen und den Geschädigten nicht unzumutbar belasten. Es müsse zudem ein adäquater Kausalzusammenhang zwischen Schaden und Vorteil bestehen. Diese Voraussetzungen lägen nicht vor. Die Vorteilsausgleichung passe nicht auf den Aufwendungsersatzanspruch, der auf die Realisierung des Erfüllungsanspruches abziele, wie die Beseitigung von Renovierungsschäden durch Erhaltungsmaßnahmen des Vermieters (Lützenkirchen, Mietrecht Kommentar, Köln 2013, § 555a BGB, RZ65). Vorliegend sei die Mietminderung zudem nicht adäquat kausal durch die Aufwendungen eingetreten, sondern kraft Gesetzes wegen des Mangels, der dazu führte, dass der Beklagte die Wohnung nicht im vertragsgemäßen Gebrauch zur Verfügung habe stellen können.
Mit Klage vom 17.02.2014 beantragte die Klägerin zunächst, die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.200,00 € Aufwendungsvorschuss für die Miete sowie weitere 2.025,60 € (1.140 € für Hotelkosten, 285,60 € Courtage, 600 € Kaution) nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen. Mit Schreiben vom 07.05.2014 erklärte die Klägerin den Rechtsstreit unter Protest gegen die Kostenlast in Höhe von 600,00 € für erledigt, nachdem ihr die Kaution für die angemietete Wohnung von 600,00 € zurückerstattet worden war. Die Beklagte stimmte der Erledigungserklärung unter Protest gegen die Kostenlast zu.
Mit selbem Schriftsatz erweiterte die Klägerin die Klage um einen Freihalteanspruch bezüglich vorgerichtlich entstandener Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 334,75 €. Für das Schreiben vom 28.01.2014 seien bei einem Gegenstandswert von 2.760 € unter Zugrundelegung einer 1,3 Geschäftsgebühr nebst Auslagenpauschale und Umsatzsteuer Anwaltsgebühren in Höhe von 334,75 € angefallen, deren Ausgleich durch die Klägerin bislang noch nicht erfolgt sei (unstreitig). Eine 1,3 Gebühr sei hierfür angemessen.
Die Klägerin beantragt zuletzt, die Beklagte zu verurteilen, an sie € 2.625,60 nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen sowie die Klägerin von der Honorarforderung der Rechtsanwältin … in Höhe von 334,75 € freizuhalten.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Er ist der Ansicht, ein Anspruch stünde der Klägerin bereits dem Grunde nach nicht zu. § 555a Abs. 3 BGB sei auf die vorliegende Konstellation nicht anwendbar. § 555a Abs. 3 BGB regele ausschließlich den Aufwendungsersatz in Folge von Maßnahmen zur Erhaltung der Mietsache als auch in Folge einer Modernisierung. Unter Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen seien indes nicht Schadensbeseitigungsarbeiten zu verstehen, die aufgrund eines plötzlichen, unerwarteten Ereignisses erforderlich werden. Dies folge aus der Erstehungsgeschichte des § 555a BGB und seiner Einordnung die mietrechtliche Systematik. Schwerpunkt sei, das Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen vom Mieter geduldet werden müssten. Der Vermieter habe die Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen rechtzeitig vorher anzukündigen und der Mieter habe sie wie ausgeführt zu dulden, weswegen ihm ein Aufwendungsersatzanspruch zustehe. Bei einem plötzlich auftretenden Mangel sei eine vorherige Ankündigung seitens des Vermieters jedoch denklogisch nicht möglich und von einer Duldungsverpflichtung des Mieters könne nicht gesprochen werden, weil der Mieter keine Arbeiten dulde, sondern ein Tätigwerden des Vermieters wie hier ausdrücklich verlange. Unter welchen Voraussetzungen in einem solchen Fall Aufwendungsersatz zu zahlen sei, richte sich nicht nach § 555a Abs. 3 BGB, sondern nach § 536a BGB. Dessen Voraussetzungen lägen nicht vor, insbesondere sei der Mangel nicht aufgrund eines Umstandes entstanden, den der Vermieter zu vertreten habe.
Die Beklagte habe den Bruch der Wassertraverse nicht zu vertreten. Vielmehr sei zu vermuten, dass die vollbeladene und von der Klägerin zu eng an der Traverse platzierte Waschmaschine durch Erschütterungen an die Traverse gerutscht sei und dadurch den Rohrschaden verursacht habe. Sofern es Dezember 2011 und Mai 2012 zu ähnlichen Rohrbrüchen gekommen sei, sei auch dort jeweils eine Waschmaschine in unmittelbarere Nähe zur Traverse befindlich gewesen. Die Traversen selber seien in keinem der genannten Fälle mangelhaft gewesen (Beweis Zeugnis des zuständigen Sachbearbeiters der Firma … noch namentlich zu benennen).
Vorsorglich wendet der Beklagte zur Höhe des geltend gemachten Aufwendungsersatzanspruchs ein, dass die Anmietung des Hotels und der Wohnung nicht erforderlich gewesen seien. Vielmehr hätte die alleinstehende Klägerin auch mehr als zwei Tage oder Nächte in der Wohnung ihrer Tochter … untergebracht werden können. Da zu dem abzusehen gewesen sei, dass die Schadensbeseitigung längere Zeit in Anspruch nehmen würde, hätte die Klägerin unmittelbar während der ersten zwei Tage und nicht erst am 30.01.2014 eine 1-Zimmer-Wohnung zur Untermiete anmieten können. Die teurere Hotelunterbringung hätte dann vermieden werden können. Auch insoweit habe die Klägerin gegen ihre Schadensminderungspflicht verstoßen. Schließlich sei bei der Schadensberechnung zu berücksichtigen, dass die Beklagte im Zeitraum vom 11.01.2014 (Schadentag) bis zum 10.03.2014 (Ende der Reparaturen), von der Zahlung der Miete in voller Höhe befreit gewesen sei. Bei einem Zeitraum von zwei Monaten habe sich dies auf 1.200,00 € belaufen. Dieser Betrag sei von dem geltend gemachten Schadensersatz in Abzug zu bringen.
Auch sei die Beklagte nicht verpflichtet, die Klägerin von der Vergütungsforderung ihrer Rechtsanwältin freizuhalten. Die Klägerin habe bereits durch das Schreiben vom Mieterverein ihren Rechtsstandpunkt hinreichend deutlich gemacht. Einer erneuten Aufforderung der Rechtsanwältin hätte es daher nicht bedurft. Zudem stehe diese in einer gewissen Nähe zum Mieterverein. Angesichts der Vorarbeit des Mietervereins sei zudem der Ansatz einer 1,3 Geschäfts gebühr überhöht.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist in Teilen begründet.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von 1.425,60 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.04.2014 aus §§ 555a Abs. 3, 291 BGB. Die Klägerin hat gegen die Beklagte zudem einen Anspruch auf Freistellung von den vorgerichtlich entstandenen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 334,75 € aus §§ 535, 241, 280 Abs. 1 BGB. Soweit die Klägerin Zahlung weiterer 1.200 € begehrt ist die Klage abzuweisen.
1) Der Klägerin steht ein Anspruch auf Aufwendungsersatz in Höhe von 1.425,60 € aus § 555a Abs. 3 BGB zu. Danach hat der Vermieter, Aufwendungen, die der Mieter in Folge einer Erhaltungsmaßnahme machen muss, in angemessenen Umfang zu ersetzen.
a) § 555a BGB ist anwendbar. Die diesbezüglichen Einwände der Beklagten tragen nicht.
aa) § 555a BGB wurde durch das Gesetz über die energetische Modernisierung von vermietetem Wohnraum und über die vereinfachte Durchsetzung von Räumungstiteln (Mietrechtsänderungsgesetz vom 13.12.2012) eingeführt. In Abweichung zu § 554 alte Fassung, regelt § 555a BGB nunmehr neben der Duldungspflicht des Mieters bei Instandsetzungs- und Instandhaltungsmaßnahmen (Erhaltungsmaßnahmen) auch die Duldungspflicht des Mieters bei der Durchführung von Modernisierungsmaßnahmen. Hinsichtlich der Erhaltungsmaßnahmen entspricht die Regelung des § 555a BGB weitgehend der Regelung des § 554 BGB alte Fassung. Dies gilt insbesondere hinsichtlich des dem Beklagten zustehenden Aufwendungsersatzes (ehemals § 554 Abs. 4 BGB, nunmehr § 555a Abs. 3 BGB). Dass Aufwendungsersatzansprüche bei Erhaltungsmaßnahmen, die aufgrund plötzlich auftretender Mängel erforderlich seien, nicht von § 555a Abs. 3 BGB umfasst sein sollen, erschließt sich dem Gericht nicht. Insbesondere kann die Beklagte hierzu nicht auf § 555a Abs. 2 BGB verweisen. Zwar ist der Beklagten zuzustimmen, dass bei einem plötzlich auftretenden Schaden eine rechtzeitige Ankündigung der Beseitigungsmaßnahme denklogisch nicht möglich ist, jedoch regelt der zweite Halbsatz von § 555a Abs. 2 BGB ausdrücklich, dass die rechtzeitige Ankündigung unter anderem dann entbehrlich ist, wenn die sofortige Durchführung der Erhaltungsmaßnahme zwingend erforderlich ist. Dass dies der Fall ist, wenn eine Wohnung bis zu 5 cm unter Wasser steht, liegt auf der Hand.
bb) Die Anwendbarkeit von § 555a Abs. 2 BGB wird auch nicht durch § 536a BGB verdrängt. § 536a Abs. 1 BGB gewährt dem Mieter einen Schadensersatzanspruch, sofern ein Mangel der Mietsache bei Vertragsschluss vorhanden ist oder wegen eines vom Vermieter zu vertretenden Umstandes entsteht, oder aber, sofern der Vermieter mit der Beseitigung eines Mangels in Verzug gelangt. Im Unterschied zu einem Schaden, handelt es sich bei Aufwendungen um freiwillige Vermögensopfer, die der Betroffene erbringt. Aufwendungsersatz nach § 536a Abs. 2 BGB kann der Mieter nur dann verlangen, wenn er den Mangel selbst beseitigt hat und hierfür Aufwendungen getätigt hat. Dies ist vorliegend nicht der Fall, vielmehr dienen die Aufwendungen, die die Klägerin geleistet hat nicht unmittelbar der Schadensbeseitigung. Ebenso wenig handelt es sich bei den getätigten Aufwendungen um Aufwendungen auf die Mietsache, so dass auch § 539 BGB der Anwendbarkeit des § 555a Abs. 3 BGB nicht im Wege steht.
b) Die Voraussetzungen des § 555a Abs. 3 BGB liegen vor. Die Beklagte hat in Folge einer Erhaltungsmaßnahme Aufwendungen getätigt.
aa) Zu den Aufwendungen im Sinne des § 555a Abs. 3 BGB gehören klassischerweise die Kosten einer Hotelunterkunft oder anderweitigen Unterbringung, die der Mieter infolge der Unbewohnbarkeit der Wohnung während deren Instandsetzung übergangsweise aufbringt (vgl. Schmidt-Futterer, Mietrecht, 11. Auflage 2013, § 555a BGB, Rn 44). Die klägerseits begehrten Kosten für die Hotelunterbringung, Ersatzmiete und Courtage sind daher Aufwendungen im Sinne des § 555a BGB.
bb) Die Klägerin ist zur Geltendmachung der Aufwendungserstattungsansprüche auch aktiv legitimiert. Dass die Tochter der Klägerin die Kosten zunächst für diese verauslagt hatte, so dass es an einem freiwilligen Vermögensopfer der Klägerin selbst fehlte, ist unschädlich. Etwaige Zweifel an der Aktivlegitimation der Klägerin sind dadurch beseitigt worden, dass die Klägerin ihrer Tochter die Auslagen noch vor Schluss der mündlichen Verhandlung erstattet hat. Sofern die Beklagte den klägerischen Vortrag insofern als widersprüchlich bezeichnet, wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Verfügung vom 17.07.2014 Bezug genommen.
c) Der Klägerin sind die getätigten Aufwendungen in angemessenen Umfang zu ersetzen. Angemessen ist vorliegend der Ersatz der für die Hotelunterkunft, Miete und Courtage für die Ersatzwohnung von der Klägerin aufgewandten Kosten von insgesamt 2625,60 € abzüglich der 1.200 €, die die Klägerin für die Miete der streitgegenständlichen Wohnung vom 11.01.2014 bis zum 10.03.2014 erspart hat. Im Einzelnen gilt insofern das Folgende.
aa) Im Rahmen des § 555a Abs. 3 BGB gilt, dass der Mieter einerseits keinen unvernünftigen Aufwand zu Lasten des Vermieters betreiben darf, andererseits aber auch nicht verpflichtet ist, den billigsten Weg zu wählen. Vielmehr kann er grundsätzlich seinen gewohnten Lebensstandard beibehalten. Soweit die verauslagten Kosten hierzu objektiv erforderlich gewesen sind, hat der Vermieter diese zu ersetzen, auch wenn es für ihn teuer wird (vgl. Schmidt/Futterer aaO, Rz 55 m.w.N.). Anders als von der Beklagten angenommen, war die Klägerin daher nicht verpflichtet, für die Dauer der zweimonatigen Erhaltungsmaßnahmen bei ihrer Tochter unterzukommen. Vielmehr ist ihr zu gestatten gewesen, ihren üblichen Lebensstandard aufrechtzuerhalten. Hierzu gehört es auch, dass die Klägerin alleine und selbstständig wohnt. Die Unterbringung in dem Hotel zu einem Übernachtungspreis von 60,00 € ist keineswegs als luxuriös zu bezeichnen. Auch die Anmietung der 1-Zimmer-Wohnung, die mit 30 m2 deutlich unterhalb der Größe der angemieteten Wohnung von 57 m2 liegt, ist nicht zu beanstanden. Dass der Umzug in die 1-Zimmer-Wohnung erst nach 19 Tagen erfolgt ist, ist nachvollziehbar. Angesichts der angespannten Lage auf dem Wohnungsmarkt ist die Anmietung einer Wohnung von einem auf den anderen Tag nahezu unmöglich. Auch die aufgewandten Courtagekosten von 285,60 € entsprechen der Üblichkeit. Dass die Klägerin in der Lage gewesen wäre, ohne einen Makler eine Wohnung zu finden, ist nicht anzunehmen.
bb) Zu Lasten der Klägerin ist jedoch die ersparte Mietzahlung von insgesamt 1.200,00 € von dem klägerseits aufgewandten Betrag in Abzug zu bringen. Demnach reduziert sich der in der Hauptsache geltend gemachte Betrag von 2.625,60 € auf 1425, 60 €.
(1) Das Gericht teilt die in der Rechtsprechung und Literatur vertretene Ansicht, wonach bei der Bewertung der Angemessenheit des Erstattungsanspruchs nach § 555a Abs. 3 BGB die aus dem Schadensrecht bekannten Grundsätze der Schadensminderungspflicht und der Vorteilsausgleichung grundsätzlich zu berücksichtigen sind (vgl. AG Hamburg-Harburg ZMR 2011, 300 LG Hamburg, ZMR 2011, 638; Blank/Börstinghaus Miete/Blank BGB § 555a Rn. 26; Hannemann/Wiegner, Münchener Anwaltshandbuch Mietrecht, 4. Auflage 2014, § 20, Rz. 187, zu § 555d Abs. 6 BGB). Der von der Klägerin zitierten gegenteiligen Auffassung von Lützenkirchen, wonach die Vorteilsausgleichung deshalb nicht auf den Aufwendungsersatzanspruch passe, da dieser auf die Realisierung des Erfüllungsanspruches abziele (Lützenkirchen, Mietrecht Kommentar, Köln 2013, § 555a BGB, Rz 65), kann sich das erkennende Gericht schon deshalb nicht anschließen, da die Aufwendungen für eine Ersatzunterkunft – anders als etwaige andere im Rahmen des § 555a Abs. 3 BGB zu erstattende Aufwendungen – gerade nicht der Realisierung des Erfüllungsanspruchs dienen. Zudem entspricht es gerade nicht dem Sinn und Zweck des § 555a BGB, dass Mieter von ihrer Umquartierung in finanzieller Hinsicht profitieren (LG HH, a.a.O.). Dies wäre jedoch der Fall, wenn die Mieter – wozu sie berechtigt sind – eine gleichwertige Unterkunft anmieten würden, und dennoch vollumfänglich von jedweder Mietzahlung befreit wären. Für die Anwendbarkeit der Gedanken der Vorteilsausgleichung auf den Aufwendungsersatzanspruch spricht zudem, dass die Verpflichtung zur Zahlung des Aufwendungsersatzes verschuldensunabhängig ist. Würde man die Vorteilsausgleichung im Rahmen des Aufwendungsersatzansprüche nicht zuerkennen, wäre demnach der schuldhaft handelnde Schädiger besser gestellt als derjenige der aufgrund eines unverschuldeten Umstands (etwa nach § 555a Abs. 3 BGB) Aufwendungsersatz schuldet.
(2) Für die Vorteilsausgleichung gilt, dass zwischen dem schädigenden Ereignis (im Rahmen des § 555a BGB: der Erhaltungsmaßnahme) und dem Vorteil ein adäquater Kausalzusammenhang bestehen muss. Zudem darf die Anrechnung des Vorteils den Geschädigten (bei § 555a BGB „den Mieter“) nicht unzumutbar belasten und den Schädiger („den Vermieter“) nicht unbillig begünstigen. Diese Voraussetzungen liegen vor.
Die mietvertraglich von der Klägerin der Beklagten geschuldete Miete ist deshalb auf „Null“ gemindert, und befreit somit die Klägerin von ihrer Verpflichtung zur Mietzahlung aus § 535 Abs. 2 BGB, da die Wohnung aufgrund der durch den Wasserschaden erforderlichen Erhaltungsmaßnahmen zeitweise unbewohnbar gewesen ist. Dieser Kausalzusammenhang ist hinreichend adäquat. Dass die Minderung gemäß § 537 Abs. 1 BGB qua Gesetzes eintritt ändert hieran nichts. Sofern die Klägerin behauptet, dass die getätigten Aufwendungen, folglich die für die Anmietung der Ersatzunterkunft erforderlichen Kosten, unmittelbar ursächlich für die Mietminderung sein müssten, kann sich das Gericht dieser Auffassung nicht anschließen.
Nach dem oben Gesagten stellt die Anrechnung der ersparten Aufwendungen zudem weder eine unzumutbare Belastung der Klägerin noch eine unbillige Begünstigung der Beklagten dar. Dabei verkennt das Gericht nicht, dass die Klägerin vorliegend aufgrund der kurzzeitigen Unterbringung in der Ersatzwohnung nicht unerhebliche Komforteinbußen hinnehmen musste. Das Gericht kann nachvollziehen, dass alleine der unfreiwillige Verzicht auf die gewohnte Umgebung und die vertrauten Möbel eine erhebliche Beeinträchtigung für die Beklagte dargestellt hat. Anders als etwa Aufwendungen für Restaurantbesuche wegen fehlender Kochmöglichkeit oder zusätzliche Ausgaben für Fahrtkosten wegen entfernter(er) Lage der Ersatzunterkunft etc., ist der durch den Komfortverlust eingetretene Minderwert jedoch nicht finanziell kompensierbar. Denn einen Anspruch auf Zahlung eines Ausgleichsbetrags dafür, dass die gewählte Ersatzwohnung weniger komfortabel ist als die Mietwohnung hat der Mieter nicht (AG Hamburg-Harburg ZMR 2011, 300 Blank/Börstinghaus Miete/Blank BGB § 555a Rn. 26). Die etwaigen Wohnwert- oder anderen Komforteinbußen sind vielmehr hinzunehmende Folge der aus § 555a Abs. 1 BGB folgenden Duldungspflicht.
Die Anrechnung der ersparten Miete auf den Aufwendungsersatzanspruch begünstigt die Beklagte auch nicht in unbilliger Weise. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Beklagte neben den Kosten der Instandsetzung der Mietsache die Mehrkosten zu tragen hat, die der Klägerin durch die Anmietung der Ersatzunterkunft entstehen.
Nicht zuletzt vor dem Hintergrund, dass diese Verpflichtung der Beklagten besteht, ohne dass es auf ein Verschulden ihrerseits ankommen würde, erschiene es im Gegenteil unbillig, der Beklagten zusätzlich die Anrechnung der ersparten Aufwendungen auf den Aufwendungsersatzanspruch zu versagen.
2) Der Anspruch der Klägerin ist auch nicht nach § 242 BGB gehemmt. Der Klägerin wäre es unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben versagt, den Aufwendungsersatzanspruch durchzusetzen, wenn sie selber den Wasserschaden in der Wohnung schuldhaft verursacht hätte und somit für dessen Schadensfolgen nach §§ 535, 280 Abs 1 BGB einstandspflichtig wäre. Hierzu fehlt es – worauf bereits mit Verfügung vom 17.07.2014 hingewiesen wurde – jedoch an hinreichend substantiierten Vortrag der Beklagten. Sofern diese vermutet, dass es zu einem Bruch der Traversen gekommen sei, da die Waschmaschine der Klägerin zu dicht an der Traverse gestanden habe, handelt es sich um eine Vermutung ins Blaue hinein. Eine Pflichtverletzung der Klägerin ist nicht ersichtlich. Der Abstellraum war mit einem Waschmaschinenanschluss ausgestattet und somit offensichtlich für das Aufstellen der Waschmaschine vorgesehen. Dass besondere Vorsicht beim Aufstellen der Waschmaschine geboten wäre, war für die Klägerin nicht ersichtlich.
3) Die Klägerin hat zudem einen Anspruch gegen die Beklagte, von den vorgerichtlich entstandenen Anwaltskosten ihrer Prozess bevollmächtigten in Höhe von 334,75 € freigehalten zu werden.
a) Der Anspruch folgt dem Grunde nach aus §§ 535, 241, 280 Abs. 1 BGB. Die Beklagte hat eine vertragliche Nebenpflicht verletzt, indem sie einen berechtigten Anspruch der Klägerin negiert hat. Nachdem die Beklagten auf das Schreiben des Mietervereins vom 21.01.2014 hin, einen Anspruch der Klägerin auf Erstattung von Unterbringungskosten bereits dem Grunde nach in Abrede gestellt hat, war die Klägerin berechtigt, einen Rechtsanwalt mit der Durchsetzung ihrer Rechtsansprüche zu beauftragen. Davon, dass ein weiteres Schreiben des Mietervereins oder gar eine eigenhändige Aufforderung der Klägerin zur Erstattung der Unterbringungskosten Erfolg hätte, konnte die Klägerin vor diesem Hintergrund nicht ausgehen. Andererseits bestand die begründete Hoffnung, dass die Beklagte auf ein anwaltliches Schreiben, in dem die Rechtslage erläutert wird, von ihrer zunächst geäußerten Ansicht Abstand nehmen und auch ohne Prozess Zahlungen leisten würde.
b) Auch der Höhe nach ist der geltend gemachte Freihaltungsanspruch nicht zu beanstanden. Dass der Mieterverein Vorarbeiten für die Prozessbevollmächtigte der Klägerin geleistet hätte, ist nicht ersichtlich. Zwar war der Anlass für das Schreiben des Mietervereins vom 21.01.2014 und das Schreiben der Rechtsanwältin derselbe. Inhaltlich werden mit den Schreiben teils verschiedene Ansprüche geltend gemacht. Ausführungen zur Rechtslage enthält das Schreiben des Mietervereins zudem nicht. Sofern die Prozessbevollmächtigte der Klägerin für ihre Tätigkeit die Regelgebühr von 1,3 in Ansatz bringt, ist dies nicht zu beanstanden. Bei Zugrundelegung eines Streitwerts von 2.760 € ergibt dies nebst Auslagenpauschale und Mehrwertsteuer den Betrag von 334,75 €.
4.) Die Zinsentscheidung folgt § 291 BGB.
Die Entscheidung zu den Kosten beruht auf §§ 91a, 92 Abs. 1 ZPO.
Bei der Berechnung der Kostenquote war zu berücksichtigen, dass die Beklagte die Kosten des Verfahrens auch hinsichtlich des übereinstimmend für erledigt erklärten Teilbetrages von 600 € zu tragen hat. Die Klage auf Vorschusszahlung für die von der Klägerin zu leistende Kaution von 600 € war ursprünglich zulässig und nach § 555a Abs. 3 BGB begründet. Lediglich durch die Rückzahlung der Kaution an die Klägerin hat sich die Klage insoweit erledigt.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt § 709 S. 1 ZPO.
03.01.2018