Leitsatz:
Die Schonfristzahlung nach § 569 Absatz 3 Ziffer 2 BGB kann das für eine ordentliche Kündigung nach § 573 Absatz 2 Ziffer 1 BGB erforderliche Verschulden ausschließen. Ob dem so ist, ist immer eine Frage der Abwägung im Einzelfall. In der Regel überwiegt aber die Schwere der mieterseitigen im Zahlungsverzug zum Ausdruck kommenden Pflichtverletzung. [nicht amtlicher Leitsatz]
BGH v. 15.8.2012 – VIII ZR 238/12 –
Langfassung: www.bundesgerichtshof.de [PDF, 5 Seiten]
Anmerkungen des Berliner Mietervereins
Der Mieter hatte nach einem mehrjährigen Rechtsstreit über eine Mieterhöhung die aus der Mieterhöhung resultierenden Rückstände nach der rechtskräftigen Verurteilung nicht ausgeglichen. Nach der gesetzlichen Regelung in § 569 Absatz 3 Ziffer 3 BGB sind dem Mieter höchstens zwei Monate für den Ausgleich eingeräumt. Diese Frist hatte der Vermieter abgewartet und erst ordentlich – also fristgemäß – gekündigt, als nach Ablauf von drei Monaten keine Zahlung eingegangen war und auch sonst keine Nachricht vom Mieter vorlag. Unmittelbar nach Zustellung der Räumungsklage hatte der Mieter dann zwar das ausstehende Geld überwiesen. Jedoch konnte ihn diese Zahlung innerhalb der Schonfrist des § 569 Absatz 3 Ziffer 2 BGB nicht mehr retten. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs lässt die Schonfristzahlung die fristgemäße Kündigung – anders als die fristlose Kündigung – nicht per se entfallen.
Allerdings könne diese Zahlung das für die ordentliche Kündigung nach § 573 Absatz 2 Ziffer 1 BGB erforderliche Verschulden des Mieters in einem milderen Licht erscheinen lassen. Ob dem so sei, sei immer eine Frage der Abwägung im Einzelfall.
Im vorliegenden Fall überwiege aber trotz des erfolgten Zahlungsausgleichs das Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses. Bei den vom Mieter angeführten finanziellen Schwierigkeiten sei nicht ersichtlich, dass es sich um unerwartet aufgetretene oder unverschuldete Schwierigkeiten gehandelt habe; hinzu komme, dass die Mieter die Vermieter nicht informiert und um Ratenzahlung nachgesucht hätten. Der vom Mieter angeführte Suizid des Bruders sei bereits im Februar 2010 erfolgt und könne nicht entschuldigen, dass der Mieter auf das abschließende Urteil vom 16. September 2010 im Mieterhöhungsverfahren nicht reagiert hätte. Auch in Anbetracht der langjährigen Dauer des bisher offenbar unbelasteten Mietverhältnisses überwiege das aufgrund der Pflichtverletzung entstandene Interesse des Vermieters an der Beendigung des Vertragsverhältnisses. Ebenso wenig rechtfertige der Ausbau der Wohnung durch den Mieter eine andere Würdigung.
13.01.2013